Eine Reise an die eigenen Grenzen sollte es sein: Der Aufstieg auf den Mönch, hinauf bis auf 4.158 Meter. Zugleich aber auch ein wundervolles Erlebnis mit grandiosen Bildergebnissen. Eine Empfehlung für alle, die hoch hinaus möchten.

von Jamari Lior

© Fotos Harald Kröher

„Bergformationen haben mich schon immer fasziniert. Klar, dass ich irgendwann einmal wirklich hoch hinaus wandern wollte, um die imposante Natur live zu erleben“, erzählt Harald Kröher, Profifotograf aus Pirmasens. Beim Brainstorming mit seinem Freund Christian Eschbar, einem beim Militär ausgebildeten Bergführer und Dozent, gewann die Idee langsam Form: Die beiden stöberten im Netz nach Bergen und Höhenzüge, die trainierte, aber nicht professionelle Bergsteiger bewältigen können, und stießen dabei auf den Mönch, einen Berg in den Berner Alpen, der zusammen mit dem Eiger und der Jungfrau das markante „Dreigestirn“ bildet – die Idee war geboren.

„Ich hätte es nicht für möglich gehalten, aber es wurde ein krasser Kampf mit mir selbst,  minus acht Grad Celsius beim Aufstieg, dazu starker, eisiger Wind, das ist schon anstrengend. Doch die eiskalte Einsamkeit übt auch eine grandiose Faszination aus.“

Aber der Reihe nach: Mit der Jungfraubahn kann man von Grindelwald aus auf 3.454 Meter Höhe zum Jungfraujoch fahren. Der Spaß kostet circa 220 Euro, spart aber viel Zeit und Schweiß und ist definitiv die sicherste Art, in die Höhe zu gelangen. „Wir hatten es eilig und sind sofort hochgefahren, aber beim nächsten Mal werden wir uns erst einmal einen Tag auf 2.000 Meter Höhe gönnen, das ist deutlich angenehmer“, berichtet Harald.

Wer vom Jungfraujoch aus noch weiter in die Höhe möchte, sollte bereits in Grindelwald einen Bergführer buchen. Vom Jungfraujoch geht es über den Gletscher weiter nach oben. Bei Haralds Besuch war der Gletscher leicht angetaut und er und seine Fotofreunde sind knietief eingesackt. „Nie wieder ohne Schneeschuhe“, zieht Harald seine Lehre. Ausgelaugt und müde kamen sie an der Mönchsjoch-Hütte in etwa 3.700 Meter Höhe an. „Hütte, nicht Hotel! Man übernachtet in einem Zehn-Bett-Zimmer“, erklärt Harald, „aber das Essen ist fantastisch und die Betreuung sehr sympathisch und kompetent.“ Nachts kann man nach draußen auf eine Plattform und hat dort schon eine wundervolle Aussicht. Ohne Lichtverschmutzung bietet sich die Gegend hervorragend für die Sternenfotografie an.

Haralds Tipp: Es ist unbedingt notwendig, sich mindestens einen Tag zu akklimatisieren. „Normalerweise bekomme ich nur dann hohen Puls, wenn ich mich richtig aufrege oder wenn ich mich unter schönen Frauen aufhalte – in der ungewohnten Höhe hatte ich schon einen Ruhepuls von 120 und nachts Kopfschmerzen“, berichtet Harald. Die Hütte verfügt über ein Schneemobil – falls jemanden die Höhenkrankheit übel erwischt, kann er sofort zur Bahn zurückgebracht werden.

In einem Radius von circa einem Kilometer um die Hütte finden sich zahlreiche fantastische Fotogelegenheiten. Besonders empfehlenswert findet Harald kleine Eishöhlen, die eine ganz eigene Atmosphäre besitzen. Von der Hütte aus erreicht man auch die Wetterstation Sphinx. Bequem mit dem Aufzug geht es hoch hinauf auf eine Plattform, von der aus sich ein traumhafter Ausblick auf den Sonnenauf- und untergang eröffnet – freier Blick nach Westen und Osten. „Ein zoomstarkes Objektiv um die 400 Millimeter macht sich hier bezahlt. Wer so etwas nicht hat, dem empfehle ich einen Telekonverter – den nutze ich auch“, berichtet Harald.

Rund um die Hütte ergeben sich schon so viele Fotomöglichkeiten, dass man eigentlich gar nicht weiter hinaufzusteigen braucht. Aber Harald wollte ja eine Herausforderung. So ging es dann von der Hütte aus in Richtung Eiger hinab in den Gletscher. Auf dem Weg befindet man sich inmitten von Felslabyrinthen. Nach zwei Tagen kletterte Haralds Crew durch einen „Kamin“ genannten Felsdurchgang, der wie ein durchbrochenes Quadrat wirkte: In der Mitte sind im Laufe der Zeit weichere Steine weggebrochen, die harten Steine an den Seiten sind stehengeblieben. So steigt man wie durch einen Kamin nach oben. Hierfür braucht man eine Kletterausrüstung, also Seil, Haken und Eispikel.

Weiter ging es über das Mönchsjoch hoch zum Gipfel. Harald war mittlerweile zwei Mal dort – im Juli und September – und schwärmt von den Sternenbildern, die er frühmorgens um drei Uhr gesehen hat. Für die Sternenfotografie befestigt Harald seine Kamera am Stativ und nutzt die längstmögliche Belichtungszeit und eine Blende von 1.4, um die ISO möglichst gering zu halten und zugleich Strichspuren zu vermeiden. Hierbei hilft die Faustformel: Belichtungszeit = (420 mm x s) / Objektivbrennweite x Formatfaktor. Der Formatfaktor ist bei Vollformatsensoren gleich eins. Das Fotografieren bei offener Blende führt aber dazu, dass der Vordergrund bei scharfem Sternenhimmel unscharf wird. Daher nimmt er stets zwei bis drei Fotos mit unterschiedlichem Schärfepunkt auf und fügt sie dann in Photoshop zusammen – eine Art Fotostacking.

In den Bergen muss man jederzeit damit rechnen, dass das Wetter umschlägt – dann heißt es „Sofort zurück zur Hütte“. Harald und seine Kollegen hatten Glück: Kurz bevor sie die Hütte erreicht hatten, zog plötzlich Nebel auf und es fing an zu schneien: „Da sieht man keine zwei Meter mehr – man kann kaum vorwärts und kaum zurück“, erinnert sich Harald. „Wären wir nicht schon ganz nah an der Hütte gewesen – wer weiß …“

Die Crew blieb bis zum nächsten Tag, immer noch wütete das Wetter, aber gegen Mittag schafften sie es doch, mit vom Hüttenwirt geliehenen Schneeschuhen zur Bahnstation zu wandern. „Schneeschuhe sind so wichtig! Wir mussten den Weg nämlich neu spuren. Normalerweise sieht man die Spur zur Hütte, manchmal ist sie auch abgeplockt, mit jeder Menge frischem Neuschnee jedoch funktioniert das nicht.“

Nach einer riesigen Anstrengung war es vollbracht und die letzte Bahn noch so gerade erreicht. Harald wollte direkt nach Pirmasens weiter – keine gute Idee: Er war so müde, dass er auf einem Parkplatz bei offener Autotür einschlief.