Adrenalin

von Josephine Helfrich © Foto Oliver Grimm

Der Aufstieg war steinig und schwer. Der Weg führte über unzählige Hügel und Klippen hinauf. Die beiden befreundeten Fotografen brauchten deutlich länger als sie erwartet hatten und sie begannen sich zu sorgen, ob sie es noch rechtzeitig bis Sonnenuntergang auf die Klippe schaffen würden. Oliver Grimm hatte nur noch diese eine Möglichkeit, am letzten Tag seines Aufenthalts in Hongkong. Eine weitere Frage war auch: Was würden die beiden bei ihrer Ankunft sehen? Würde sich die Mühe lohnen oder würden sie enttäuscht wieder heimkehren? Doch als sie schließlich die Klippe erreichten, wurden sie mit einem Ausblick belohnt, der sie alle Bürden des Aufstiegs vergessen ließ.

„Vor Ort habe ich nach spannenden Aussichtspunkten über der Stadt gesucht. Hongkong ist durch die sehr große Hochhaus-Dichte für Fotografen ein Eldorado. Aber es ist ebenso für seine Wanderrouten bekannt. Dadurch bin ich auf den ‘Suicide Cliff‘ gestoßen –  die perfekte Location für ein abendliches Shooting“, erzählt Fotograf Oliver Grimm. Mit von der Partie war ein befreundeter österreichischer Fotograf, den er in Hongkong kennengelernt hatte. Ihn weihte er auch in seinen Plan ein, von der Klippe aus Fotos vom Sonnenuntergang und Nachtaufnahmen der Stadt zu machen. Dies ließen die Wetterumstände allerdings erst am letzten Tag von Oliver Grimms Reise zu.

„Als wir die Klippe endlich erreicht hatten, waren wir wirklich sprachlos – die Sonne stand noch über dem Horizont und blendete uns ein wenig, aber selbst im Gegenlicht war die Aussicht über Hongkong atemberaubend schön. Die Idee, selbst auf dem Cliff zu posieren, hatte ich schon im Vorfeld. Das Bild sollte durch den Größenvergleich mit mir noch eindrucksvoller wirken. Immerhin bin ich 1,90m groß,“ beschreibt er. „Zum Zeitpunkt der Aufnahme und auch kurz danach steckte ich noch voller Adrenalin vom Aufstieg und der gigantischen Aussicht, sodass ich erst im Nachhinein ein Gefühl von Freiheit entwickeln konnte.“ Für einen Adrenalinschub sorgte auch der gefährliche Abstieg in vollkommener Dunkelheit mit Taschen- und Stirnlampe. Immer wieder mussten sich die beiden Fotografen gegenseitig stützen und festhalten, um auf dem steilen Pfad nicht auszurutschen und hinunterzufallen. Nach gut einer Stunde kamen sie schließlich schweißgebadet wieder inmitten der Hochhaus-Schluchten an, als wären sie nie woanders gewesen – ein einmaliges Erlebnis für die beiden, das sie sicher nicht so schnell vergessen werden.

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