Grazile Models, elegante Kleider und ein edles Ambiente: Die Fotoreihe von Fotografin und Make-up-Artistin Jennifer Haas im Bayreuther Kino Franz und Gloria oszilliert zwischen Licht und Schatten, Alt und Neu und vermittelt eine ganz besondere Atmosphäre.

von Benjamin Lemm

© Fotos Jennifer Haas

Kennen Sie das? Sie betreten eine Location und haben sofort Tausende von Ideen für ein Foto-Shooting im Kopf. So zumindest ging es Jennifer Haas, als sie vor einigen Monaten im Bayreuther Kino Franz und Gloria war – eigentlich nur, um einen Film zu schauen. Aber das Ambiente, die atmosphärischen Farben und die schicke Bar zogen sie sofort in ihren Bann. So sehr, dass sie schon vor Ort jede Menge Bilder schoss, um sich auf ein mögliches Shooting optimal vorbereiten zu können. Ihre Idee: ein Fashion-Shooting mit umwerfenden Models in edlen und eleganten Kleidern in dieser außergewöhnlichen Location, ein Shooting, das moderne und alte Elemente zusammenbringt und zu etwas Neuem, Einzigartigem verbindet. Nun brauchte sie nur noch die Erlaubnis von den Kinobetreibern. Und die bekam sie dann auch.

Nicht ohne mein Team

Jennifer betont, dass ihre Fotos meist nur in Teamarbeit entstehen können. Neben ihr und den Models ist bei ihren Shootings auch immer ihre Freundin und Kollegin Tessa dabei; sie hilft ihr bei Styling und Make-up, unterstützt die Models beim Posing und kümmert sich mit um die Logistik.

Auch Jennifers Mann Dominic Vogl spielt eine wichtige Rolle: Meist ist er es, der das Licht für die Shootings setzt, weil er ein besonderes Auge für dessen Verlauf hat. Er reagiert immer auf den Punkt, wenn Jennifer eine Veränderung beim Licht braucht. Außerdem dreht er zu den Shootings oft zusätzliches Behind-the-Scenes-Videomaterial, um das Shooting auch im Bewegtbild zu illustrieren.

Auch eine enge Zusammenarbeit mit den Designern der Kleidung ist Jennifer wichtig. In diesem Fall heißt die Designerin Anastasia Liebe. Ihre Kleider sind anmutig, filigran und edel – und passen lange nicht zu jedem Model. Nicht nur der Stil muss stimmen, sondern natürlich auch die Maße, damit die Kleider optimal zur Geltung kommen. Deshalb ist es entscheidend, dass Jennifer vorher mit der Designerin abklärt, welche Models sie für das Shooting ausgewählt hat. Bei diesem Kino-Shooting ist das kein Problem: Denn beide Models haben bereits Kleider der Designerin getragen und damit einen glänzenden Eindruck gemacht. Dennoch müssen sie die Kleider, die für dieses Shooting gewählt wurden, erst „erspüren“: „Wichtig ist, dass die Models sich bewegen können. Für solche Kleider braucht man fließende Bewegungen und teils herausfordernde Posen. Und das haben die beiden wirklich toll gemacht“, betont Jennifer im Rückblick auf das Shooting.

Filmreifes Shooting

Ein (eingespieltes) Team an der Hand zu haben, ist vor allem dann hilfreich, wenn man für ein Shooting nur wenig Zeit hat – so wie auch an diesem Tag. Nur zwei Stunden stehen die Räume des Kinos dem Team zur Verfügung. Es muss also alles wie am Schnürchen klappen. Entsprechend ist der Ablauf auf die Minute genau durchgeplant.

„Ich mag es, wenn alles gut durchgeplant ist und dann perfekt abläuft. Das war auch an diesem Tag wirklich hilfreich. Denn irgendwann breche ich meist aus meinem Zeitplan aus, weil mir spontan noch so viele Ideen kommen, die ich noch schnell umsetzen möchte“, beschreibt sie.

Der Ablauf

Zunächst werden die Models Crystal und Darya in Jennifers Make-up-Studio eingekleidet und gestylt. Das Make-up halten Jennifer und Tessa so natürlich wie möglich, um nicht von den aufwendigen Kleidern abzulenken. Dann geht es Richtung Kino. Model Darya hat die Lockenwickler, die auf den Fotos für sogenannte Glamour Waves sorgen sollen, noch bis zur Location im Haar, damit die Frisur beim Shooting optimal sitzt. Im Kino angekommen, werden die Frauen noch schnell fertig gestylt, abgestimmt auf die Lichtverhältnisse vor Ort, dann kann das Shooting beginnen.

Jennifer hatte schon im Vorfeld genau festgelegt, wo und wie sie die Models platzieren möchte. Die drei Locations: eine edle Couch, bezogen mit dunkelblauem, samtig anmutendem Stoff, die große, zyan-farbene Kino-Lounge sowie die stylische, hauseigene Bar.

Ein Moodboard, das sie auf ihrem iPad zusammengestellt hat, und die passende Musik helfen den Models, sich in die richtige Stimmung zu versetzen und zu verstehen, was Jennifer von ihnen sehen möchte.

Das Licht setzt Jennifers Mann Dominic verstärkt von links, um Schatten in einer Gesichtshälfte der Models zu erzeugen. Die Models selbst heben sich stark von der Location ab, die eher dunkelt gehalten wird und den Aufnahmen so einen etwas düstereren, filmreifen Look verleiht.

Für den ersten Teil des Shootings auf der Couch bittet Jennifer zunächst Model Crystal vor die Kamera. Als danach Darya an der Reihe ist, dreht Crystal mit Jennifers Mann das erste Behind-the-Scenes-Video. So nutzt das Team jede Minute perfekt aus. Anschließend wechseln sie zur Lounge und später an die Bar, wo sich das Ganze wiederholt.

Mit Konventionen brechen

Aus fotografischer Sicht geht es Jennifer auch ein wenig darum, Gewohnheiten zu überwinden und nicht nur Bilder nach Schema F zu produzieren. Sie bricht gezielt ein bisschen mit den Regeln der Bildkomposition, arbeitet teils gegen den goldenen Schnitt und sucht sich Perspektiven, die man bei einem normalen Fashion-Shooting wahrscheinlich eher vermeiden würde. Das führt dazu, dass einige sehr außergewöhnliche Bilder entstehen, die jede Menge Spannung in sich tragen. Unterstützt werden diese Eigenheiten in Jennifers Gestaltung durch die Posen der Models: So fotografiert sie Crystal zum Beispiel gezielt in einer eher „männlichen“ Pose, indem sie sie breitbeinig und gezielt lässig auf der Couch sitzen lässt. Darya lässt sie sich extrem entspannt mit weit ausgestreckten Armen in die Couch lümmeln – eine Pose, die im starken Kontrast zu dem edlen Kleid und dem schicken Ambiente steht. Dennoch schaffen es die Models, dem High Fashion-Anspruch der Kleider gerecht zu werden und strahlen Selbstsicherheit und Eleganz aus, ohne arrogant zu wirken.

Da Make-up und Licht beim Shooting bereits perfekt passten, hat sich Jennifer mit der Bildbearbeitung zurückgehalten. Neben der Grundhautretusche hat sie lediglich ein wenig an der Farbbrillanz der Kleider geschraubt und ein paar kleinere Änderungen an den Lichtverhältnissen vorgenommen. Das Ergebnis ist eine wirklich tolle Fotoreihe, bei der sich Models, Kleider und das Ambiente in Einklang befinden und die eine gelungene Referenz für alle Beteiligten sein dürfte.