© Fotos und Text von Maxi Hupp

Der Hochzeitsboom bei der jungen Generation hält weiter an. Immer mehr Paare geben sich das Jawort. Das bedeutet auch einen höheren Bedarf an Dienstleistern wie Fotografen. Doch wie startet man am besten als Hochzeitsfotograf? Wir geben Ihnen ein paar hilfreiche Tipps aus der Praxis.

Corona hat viele Branchen getroffen, unter anderem die Eventbranche. Auch Hochzeitsfeiern mussten abgesagt werden oder wurden gar nicht erst geplant.,  Viele Brautpaare haben ihren „großen Tag“ vom Jahr 2020 in den Sommer 2021 oder sogar auf das kommende Jahr verschoben. Die Folge: Bei vielen Fotografen ist der Kalender mittlerweile wieder ganz gut gefüllt. Und: Junge Fotografen, die in diesem Segment Fuß fassen wollen, haben eine echte Chance.

Hochzeitsfotografie ist eine spezielle, aber unglaublich schöne Sparte der Lichtbildkunst. Es sind die vielen kleinen und großen Momente, die diese Art der Feier prägen. Sie festzuhalten ist eine reizvolle Aufgabe. Viele junge Fotografen träumen deshalb von einer Karriere als Hochzeitsfotograf.

 

Einstieg in die Hochzeitsfotografie

Doch so reizvoll die Aufgabe ist – der Einstieg in dieses Genre stellt für viele junge Fotografen zunächst meist eine Herausforderung dar. Schließlich ist es für das Brautpaar „der eine große Tag“. Da will man nichts falsch machen oder gar schlechte Ergebnisse abliefern.

Aber auch, wenn aller Anfang schwer ist – wichtig ist, dass man überhaupt anfängt. Eine gute und mittlerweile verbreitete Möglichkeit, um Erfahrungen zu sammeln, ist es, die ersten Hochzeiten im Team zu fotografieren. Viele Fotografen arbeiten sogar generell ausschließlich zu zweit. Das ist die Chance für Neulinge. Auf diese Weise kann man sich als Newcomer erst mal einem erfahrenen Profi anschließen, ihm über die Schulter schauen und von ihm lernen, ohne dass die gesamte Verantwortung gleich auf einem lastet.

Eine zweite Möglichkeit für einen Start in dieses Segment ist das Fotografieren der Hochzeit von Freunden und Bekannten. Manche Brautpaare können und wollen nicht so viel investieren und sind dankbar, wenn ein ambitionierter Hobby-Fotograf die Hochzeit begleiten kann. Eine dritte Möglichkeit ist eine Ausbildung als Fotograf, bei der man sich auf das Genre Hochzeit spezialisieren kann.

Egal, für welchen Weg Sie sich entscheiden: In allen Fällen heißt es üben, üben, üben …

Mit einem externen Blitz lässt sich die Location schön und stimmungsvoll ausleuchten.

Equipment

Gerade für Anfänger dürfte vor allem die Antwort auf die Frage nach dem richtigen Equipment sehr interessant sein. Grundsätzlich möchte ich eines vorwegnehmen und einen bekannten Spruch zitieren: „Nicht die Kamera macht das Bild, sondern der Fotograf.“ Das heißt: Besonders junge Fotografen sollten sich nicht davon abhalten lassen, Hochzeiten zu shooten, nur weil sie (noch nicht) das „High-End-Equipment“ besitzen. Auch mit einer Einsteigerkamera lassen sich wunderschöne Bilder machen – wenn man weiß, wie man sie richtig bedient. Aber nichtsdestotrotz muss man sagen, dass eine hochwertige Ausrüstung natürlich auf einer Hochzeit viele Vorteile mit sich bringt.

Beginnen wir zuallererst mit der Kamera: Oft ist Licht einer der begrenzenden Faktoren für die Fotografie – sei es in der düsteren Kirche oder in der Hochzeitslocation mit schönem, indirektem Stimmungslicht. Hier ist eine Kamera mit gutem Rauschverhalten von großem Vorteil. Dass sich die Parameter wie Blende, ISO und Verschlusszeit manuell einstellen lassen sollten, ist dem ambitionierten Hobby-Fotografen wahrscheinlich klar. Nur so kann er gezielt auf die speziellen Lichtsituationen eingehen und richtig reagieren.

Ein nicht zu unterschätzendes Kriterium bei der Wahl der Kamera ist die Handhabung. Man muss bedenken, dass man die Kamera bei einer Hochzeitsfeier gut und gerne mal acht bis zwölf Stunden am Mann beziehungsweise der Frau tragen und – bis auf kleine Pausen – in der Hand halten muss. Daher sollte die ergonomische Form so sein, dass die Kamera gut zu greifen und zu tragen ist.

Besonders bei schwierigen Lichtsituationen von Vorteil: eine Kamera mit gutem Rauschverhalten.

Von der Kamera kommen wir nun zum zweitwichtigsten Punkt: den Objektiven. Entscheidendes Kriterium hierbei ist meiner Meinung nach die Lichtstärke. Da beziehe ich mich wieder auf den oben angesprochenen Lichtmangel. Je größer die Blende eingestellt werden kann, desto mehr Licht kann aufgenommen werden. Das lässt im Umkehrschluss kürzere Verschlusszeiten oder/und niedrigere ISO-Werte zu, was beides von Vorteil ist. Ich empfehle Objektive mit einer Blende von f2.8. Mit einer offenen Blende lassen sich durch die natürliche Freistellung im Übrigen auch sehr schöne Porträts des Brautpaars erstellen. Darüber hinaus kann ich nur zur Verwendung von externen Blitzen raten. Besonders in den Abendstunden und beim Hochzeitstanz lässt sich der Raum damit wunderbar ausleuchten – gerade, wenn es sonst zu dunkel wäre. Auch der Einsatz von externen Speedlights für kreative Bildideen ist sehr interessant, wie zum Beispiel das Bild XY zeigt.

Zu den Brennweiten: In der Praxis nutze ich zwei Kameras: An der einen verwende ich ein 24-70 mm und an der anderen ein 70-200 mm. Somit decke ich alle benötigten Bereiche ab – weitwinklige Situationen mit großem Bildauschnitt sowie weit entfernte Objekte durch das Teleobjektiv. Besonders bei der Feier ist ein Zoom-Objektiv toll, da man die Besucher aus der Distanz beobachten und fotografieren kann, ohne sie zu stören. So erhält man ungestellte und wirklich authentische Bilder. Das größte Lob für mich ist es, wenn die Gäste mir sagen, dass ihnen gar nicht aufgefallen sei, dass ich sie gerade fotografiert habe.

Nicht vergessen darf man an dieser Stelle die Nachbearbeitung: Dafür ist für mich die Kombination aus Adobe Lightroom und Photoshop immer noch das Beste, das es aktuell auf dem Markt gibt. Sichten, Bewerten, Aussortieren, und Bearbeiten der Bilder erfolgt in Lightroom – Retuschieren und aufwendige Ebenen-Korrekturen in Photoshop. Es gibt mittlerweile viele konkurrenzfähige Programme, das ist ganz klar. Wichtig ist in jedem Fall, dass man sich mit seiner Software gut auskennt, um möglichst effizient arbeiten zu können. Bei einer großen Hochzeit entstehen oft sehr viele Bilder, die alle verarbeitet werden müssen. Daher sollte man den Umgang mit der Software üben, dann findet man mit der Zeit auch hier seinen optimalen Workflow.

Durch den schnellen Augenautofokus der EOS R6 lassen sich emotionale und kurzlebige Momente sicher einfangen.

 

Fokus: Die Canon EOS R6

Seit der aktuellen Hochzeitssaison nutze ich neben meiner Canon 5Dmk3 die neue EOS R6. Die spiegellose Vollformatkamera ist Canons „kleine Schwester“ des Flagschiffs EOS R5. Lange Zeit habe ich mich fast schon geweigert, auf eine spiegellose Kamera umzusteigen – zu schön war das Gefühl einer „echten Kamera“ – einer Spiegelreflexkamera. Doch mittlerweile bin ich überzeugt von der neuen EOS R6 und behaupte, dass diese Kamera für mich ein echter Gamechanger ist. Ich möchte hierbei nur auf zwei entscheidende Punkte eingehen: das Rauschverhalten und den Augenautofokus. Canon hat es bei der R6 durch den Vollformatsensor in Kombination mit „nur“ 20 Megapixeln geschafft, ein extrem gutes Rauschverhalten zu erreichen. Gerade in den oben angesprochenen Situationen, in denen das Licht knapp ist, ist das Gold wert. Auch höhere Werte von bis zu 20.000 ISO sind kein Problem und liefern noch recht ordentliche Bilder. Bis ISO 5.000 fällt mit bloßem Auge kaum etwas auf. Das Zusammenspiel mit dem erstmals verwendeten kamerainternen Bildstabilisator bringt ganz neue Möglichkeiten hinsichtlich der Fotografie bei schwierigen Lichtsituationen.

Der zweite Punkt, der mich überzeugt, ist der Augenautofokus (Dual Pixel CMOS AF II Autofokus). Dieses neue Fokus-System nutzt Algorithmen, die durch Deep Learning mithilfe von Künstlicher Intelligenz entwickelt wurden, um Personen eindeutig zu identifizieren. Und das klappt wirklich äußerst zuverlässig. Die Personen werden in schätzungsweise 90 % der Fälle richtig erkannt und die Bilder werden knackscharf. Das ist gerade in der Kirche oder auf der Hochzeitsfeier unglaublich nützlich. Der „eine Moment“ dauert oft nur wenige Sekunden – durch die automatische und schnelle Fokussierung fängt man aber genau solche Momente viel sicherer ein. Lachende Gäste oder lustige Ereignisse gibt es auf einer Hochzeit viele – mit dem schnellen AF kann all das deutlich leichter festgehalten werden als mit einer manuellen Fokussierung über die Wahlpunkte. Auch das ist für einen Anfänger sicherlich eine gute und hilfreiche Unterstützung.

 

Fünf nützliche Quick-Tipps

  1. Ruhe bewahren

Gerade in der Kirche beziehungsweise bei der Trauung sind hektische Bewegungen tabu. Verhalte dich angemessen und möglichst ruhig.

  1. Teleobjektiv nutzen

Positioniere dich – zum Beispiel während der ausgelassenen Feier – im Hintergrund und versuche, authentische Situationen mit dem Teleobjektiv einzufangen.

  1. Kommunikation

Egal, wie gut und ausführlich das Brautpaar dich über die Feier informiert hat – alles wissen die beiden meist nicht. Sprich deswegen zum Beispiel mit den Trauzeugen, um zu erfahren, was noch alles geplant ist oder passieren wird, damit du nichts Wichtiges verpasst.

  1. Nutze die Location

Jede Location ist einzigartig – nutze das unbedingt. Die alten Balken einer Scheune oder das Mauerwerk eines Gewölbekellers: Versuche solche Elemente mit in das Shooting beziehungsweise deine Fotos einzubeziehen.

  1. Denk an die Details

Das Hochzeitspaar beziehungsweise die Betreiber der Location geben sich unglaublich viel Mühe mit der Dekoration. Fotografiere deshalb nicht nur die gesamten Räume, sondern lichte auch kleine Details und Deko-Elemente ab, wie zum Beispiel Tischkärtchen oder Blumen-Arrangements.

Die kleinen Details wie zum Beispiel die Tischdeko gehören zu jeder Hochzeitsfeier mit dazu und sollten dementsprechend auch fotografisch festgehalten werden.

Das Wichtigste: Kreativität

Kreativität und Fotografie gehören einfach zusammen – ohne geht es nicht, schon gar nicht in einem Segment wie der Hochzeitsfotografie. Nur stupide das Geschehen abzuarbeiten und Fließbandfotografie zu betreiben macht für mich gerade in diesem Bereich keinen Sinn. Vielmehr sollte man versuchen, durch spannende Perspektiven, interessante Vorder- und Hintergründe sowie dynamische Bildausschnitte einzigartige Fotos zu kreieren. Bilder, die der Onkel mit seiner Digi-Cam so nicht hinbekommen würde. Es gibt unzählige Möglichkeiten, mit denen man seine Ideen umsetzen kann. Sei es durch „Grün“ im Vordergrund, die rustikale Mauer der Location im Anschnitt oder ein gezielt eingesetztes Blitz-Gegenlicht, das den Raum komplett anders wirken lässt … der Kreativität sind fast keine Grenzen gesetzt.

Abschließend möchte ich die „unerfahreneren“ Fotografen nochmal ermutigen, einfach anzufangen. Wer etwas erreichen will, kann das auch. Und gerade Kreativität ist es doch, die Sie zur Fotografie geführt hat. Also: Fangen Sie ganz einfach an.