Auf Knopfdruck kreativ: Der Plakat-Job
Von Jamari Lior
„Könnt ihr uns mal schnell Fotos für einen Flyer machen? Und habt ihr vielleicht auch noch Ideen, denn wir haben nichts, was fotografierbar wäre.“ Was nach einer völlig verrückten Anfrage klingt, hat sich doch so abgespielt – und dann sogar richtig Spaß gemacht.
“Ihr studiert doch Fotografie”, begann die Modedesign-Dozentin. Sie hatte sich zu einer Gruppe Studierender an der Deutschen POP in Köln gesellt, die ich im Bachelor „Photography“ unterrichtete. Gerade war Pause und wir hatten es uns bequem gemacht. Damit sollte es allerdings gleich vorbei sein. „Ja“, antworteten wir denn auch, „wir sind die Fotografen.“ Wir ahnten schon, was da kommen würde. Und tatsächlich folgte die Frage: „Könnt ihr vielleicht schnell mal ein paar Bilder zum Thema ‚Modedesign‘ für uns machen? Jetzt in der Pause?“
Selbstverständlich nahmen meine Studenten die Herausforderung an. Aber es wurde doch komplexer als zunächst erwartet: Es gab nämlich kein einziges fertiges Kostüm, das wir hätten fotografieren können. Es ging also um Fotos zum Thema „Design“ ganz ohne ein Design im Bild. Und ganz schnell. Und zwischendurch. Denn auf meine Studierenden wartete ja noch der eigene, straffe Lehrplan. Wie sollte das gehen?
Eine perfekte Aufgabe
Nein, ich möchte mich gar nicht beschweren, denn eigentlich sind mir genau solche Aufgaben ganz recht. Warum? Sie bereiten die Studierenden optimal auf das Leben als Fotograf vor, denn manchmal muss es schnell gehen, manchmal muss man mit wenigen Mitteln arbeiten, manchmal muss man auf Knopfdruck kreativ sein. Und noch ein mindestens ebenso wichtiges Argument: Solche Aufgaben machen einfach Spaß. „Kreativität sollte keine Grenzen kennen“, heißt es oft. Man soll groß träumen, sich nicht einschränken lassen. Und es ist selbstverständlich: Kreativität mit einem riesigen Budget, mit ausreichend Zeit zum Planen, mit tollen Kostümen, mit Topmodels und eigener Setassistenz – das ist eine luxuriöse Situation, in der man sich wunderbar austoben kann.
Und doch erfordert genau das Gegenteil mindestens ebenso viel Kreativität – nämlich der Umgang mit der „kleinen“ Realität. In unserem Fall: Was, wenn es gar nichts zu fotografieren gibt?
1. Fragen klären
Bevor wir loslegen konnten, mussten wir noch einige Fragen mit unserem „Auftraggeber“ klären. Wir erfuhren, dass es zwei bis drei Fotos werden sollten, gerne Hoch- und Querformate. Möglichst allgemein sollten sie werden, keine bestimmte Mode zeigen. Außerdem dürften sie ruhig etwas anspruchsvoller sein, durchaus auch zum Nachdenken anregen – also nicht unbedingt nur das Gefühl „feel-good-fashion for sexy and cool people“ vermitteln. „Und es wäre super, wenn die Fotos auch in Schwarz-Weiß funktionieren würden.“ Mit diesen Anweisungen war unsere Aufgabenstellung also konkretisiert. …
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