Nidolli und Julian Gleitsmann begeben sich gerne auf Schatzsuche – mit dabei sind die Kamera und ein GPS-Gerät sowie viel Vorfreude und ein Faible für Überraschungen.

von Jamari Lior

lles begann mit einem Tanzkurs: 2008 lernten Nidolli und Julian in der Tanzschule ein anderes Pärchen kennen, das im Geocaching aktiv war. Geo- was? Geocaching ist eine Art moderner Schatzsuche, die weltweit betrieben wird. Ein Geocache wird von einem Geocacher an einem ausgewählten, oftmals besonders reizvollen Ort versteckt. Dabei handelt es sich um Behälter beliebiger Größe, in denen sich ein Logbuch befindet, in welches sich die Finder mit ihrem Geocaching-Namen und Datum eintragen können. Schatzsuche – das gefiel Nidolli auf Anhieb. Schließlich ist sie auch ein großer Fan jeglicher Arten von Schnitzeljagd und dem alljährlichen Ostereiersuchen. Damit stand der Entschluss fest, dass Nidolli und Julian es selber ausprobieren wollten. Zusammen mit dem Geocaching-erfahrenen Pärchen sprangen sie direkt ins eiskalte Wasser: Ihr erstes Geocaching war eine große, anstrengende Runde. 35 Kilometer weit ging es zu Fuß bergauf und bergab, eine Tour, die bei Einbruch der Dunkelheit zum „Nachtcache“ wurde, mit Taschenlampe durch den Wald.

Nidolli war begeistert, Julian erschöpft. Aber Nidolli kann sehr überzeugend sein, und so ging es weiter mit dem Geocaching. Etwas später begann Julian, ihre Ausflüge mit der Kamera festzuhalten.

„Fairy Glen, Isle of Skye, Schottland – ein wahrhaft mystischer Ort ... Zuerst waren wir auf dem Felsen, danach haben wir auf dem Rückweg zum Auto noch einen Cache gesucht. Vom Versteck des Caches offenbarte sich uns diese schöne Aussicht auf den Fairy Glen.“

Meistens fuhren die beiden in Regionen, die nicht direkt im eigenen „Revier“ liegen, denn so lernt man andere Gegenden perfekt kennen. Geocacher verstecken die Dosen häufig an Orten, die nicht touristisch sind, die fernab der ausgetretenen Pfade liegen. Sehr beliebt sind Höhlen oder Bäume, die sie vom Versteckspielen in der eigenen Kindheit noch kennen.

Geocache Arten

Traditionelle Caches: Ein traditioneller Cache ist eine Dose, die beispielsweise in einer Höhle versteckt ist oder an einer Straßenlaterne hängt. Auf der Plattform von Geocache erhält man die Koordinaten, meist auf fünf Meter genau, um den Cache zu finden – und dann heißt es: „Augen offenhalten“. Manche Verstecke sind sehr aufwendig gestaltet, etwa in Form eines kleinen, selbstgebastelten Feenschlosses im Wald. Es gibt auch extrem gut getarnte Caches, zum Beispiel an Pfählen oder inmitten dicker Äste. Somit ist es manchmal sehr schwierig, den Cache innerhalb der fünf Quadratmeter zu finden. Im Cache liegt ein Logbuch, in das man seinen Namen und das Datum einträgt. Manchmal handelt es sich auch um Trade Caches, in denen man kleine Geschenke vorfindet. Dann sollte man etwas Gleichwertiges aus dem eigenen Besitz in die Dose legen. Hierfür eignen sich zum Beispiel Figürchen aus Überraschungseiern, Sticker, Spitzer, eine kleine Taschenlampe oder ein Miniradio. Speziell für Bücherwürmer gibt es auch Büchertausch-Caches – übrigens befinden sich manchmal auch in den roten Büchertelefonzellen Logbücher. Bei dieser Form des Cachings nimmt man daher etwas mit, das man einem anderen Cacher zukommen lassen möchte. Essbares darf natürlich nicht in die Caches, da die Gefahr besteht, dass es verdirbt oder dass Tiere es finden und den Cache vernichten. Auch gefährliche Dinge wie Feuerzeuge sind nicht erlaubt.

„Hier sind wir an den Fairy Glen Falls in Schottland. Am Ende einer schönen Wanderung durch ein hübsches Tal erwartete uns ein Cache und dieses beeindruckende Motiv.“

Mehrstationen Caches: Zu diesen Verstecken erhält man online die Startkoordinaten und muss sich dann durch das Beantworten von Fragen jeweils zur nächsten Station vorarbeiten – bis zum Finale mit dem letzten Cache. Dort findet man dann das Logbuch, in das man seinen Namen einträgt.

Mystery Caches: Bevor man online die Koordinaten erhält, gilt es hier, ein Rätsel zu lösen.

Earth Caches: Bei Earth Caches ist keine Dose zu finden, sondern eine geologische Besonderheit, zu der man Fragen beantworten soll. In vielen Fällen stehen an Ort und Stelle auch Hinweistafeln, die bei der Beantwortung helfen. Wenn man nicht aus der Region kommt, hat man so noch mehr Motivation, etwas über die Gegend zu erfahren. Dadurch, dass es hierbei keine Dose mit einem Logbuch gibt, macht man bei Earth Caches für gewöhnlich ein Foto von sich an der Location. So ist sichergestellt,  dass jemand nicht einfach nur die Antworten auf die Fragen von einem Kumpel kopiert hat …

Event Caches: Hier treffen sich Cacher, gerne auch bei einem Bier in einer Kneipe. So lernt man andere Geocacher kennen und tauscht sich über seine Erfahrungen aus – und vielleicht auch über besonders fotogene Caches. Auch bei den Treffen liegt ein Logbuch, in das sich alle eintragen. Übrigens: Geocaching kann sehr kommunikativ sein. Nidolli und Julian haben schon viele Freundschaften mit Cachern geschlossen. Auf dem Weg zum Cache kann man sich bestens unterhalten und gut kennenlernen. Für die meisten Cacher ist das Hobby auch nicht zu kompetitiv – wobei es natürlich wie bei jeder anderen Freizeitbeschäftigung solche und solche gibt und so mancher sogar an Wettbewerben teilnimmt.

„Was für ein wunderschöner Strand in Lovers Key, Florida – ohne Geocaching wäre er uns vorenthalten geblieben.“

 Jeden Punkt, den man beim Geocaching erzielt hat, kann man auf Plattformen wie geocaching.com in sein Profil eintragen. Jeder Geocache besitzt dabei einen Wert – je nach Gelände und Schwierigkeit. Ein einfaches Gelände ist zum Beispiel auch mit dem Rollstuhl zugänglich, während man für ein Gelände des Schwierigkeitsgrads fünf eventuell sogar Kletter- oder Tauchausrüstung benötigt. Die Schwierigkeit besagt also, ob der Cache einfach oder schwer zu finden ist. Mehrstationen Caches, bei denen man verschiedene Rätsel lösen muss, ranken hier besonders hoch. Eine Geocacher-Weisheit besagt allerdings:

„Nicht der Cache ist das Ziel, sondern der Weg dahin.“

Dadurch, dass Caches oft an besonderen Orten versteckt sind, bieten sich dem Suchenden oft auf dem Weg oder an der Location selbst tolle Erfahrungen. Wer einen Cache versteckt, möchte oft auch einen spannenden und fotogenen Ort teilen – auch wenn natürlich nicht jeder Cache eine top Foto-Location garantiert. Aber bisweilen entdeckt man zum Beispiel Lost Places, fantastische Ausblicke, knorrige Bäume, schroffe Felsen oder brachliegende Militärgelände.

„Manchmal würde man sich gar nicht dorthin trauen, aber wenn man weiß, da steckt ein Geocache, heißt das ja, dass bereits Leute dort waren … damit wird man auch etwas mutiger“, erzählt Nidolli.

Geocaching führt Julian und Nidolli manchmal an recht unberührte Orte, sodass tierische Zuschauer keine Seltenheit darstellen.

Besonders begeisterte Cacher sind Nidolli und Julian während ihrer Urlaubsreisen. Oft schauen sie schon im Vorfeld, welche Caches es geben könnte. Auf Hawaii sollte ein besonders anspruchsvoller Cache versteckt sein. Um ihn zu finden, ging es erst durch einen Bambuswald, dann über eine Schlucht, an drei Wasserfällen vorbei, und um zum vierten zu kommen, wo der Cache schließlich versteckt war, musste man sogar ein Stück schwimmen. Bei der Tour eröffnete sich den beiden eine wunderschöne, dschungelartige Landschaft. Auch ein zauberhafter Earth Cache ist Nidolli und Julian bestens in Erinnerung geblieben. Er befand sich auf dem Mauna Kea, dem größten Berg Hawaiis. Die Cacher zogen, um den grandiosen Sternenhimmel zu betrachten, extra erst abends los.

Aber es muss nicht immer die Natur fernab der Zivilisation sein – auch in Städten kann man geocachen: So ist zum Beispiel in der Legogiraffe am Berliner Sony-Center ein Cache versteckt – mehr verraten wir an dieser Stelle jedoch nicht.

Natürlich haben Nidolli und Julian auch Tipps für Anfänger: Wer erste Einblicke ins Caching sucht, sollte am besten erst einmal mit traditionellen Caches anfangen und ein Gebiet aussuchen, in dem eine größere Anzahl an Dosen versteckt ist, damit man gleich mit einem Erfolgserlebnis startet. Wenn man nämlich nur auf ein oder zwei Caches fixiert ist und noch nicht viel Erfahrung mitbringt, könnte man am Ende leer ausgehen und dann womöglich frustriert mit dem Geocaching aufhören. Außerdem hilft es, sich erfahrenen Geocachern anzuschließen, die man beispielsweise in Facebook-Gruppen finden kann. Oder man besucht Event Caches, um Gleichgesinnte kennenzulernen. Wer von Anfang an in erster Linie ans Fotografieren denkt, sollte am besten mit Earth Caches anfangen, da hier die größte Wahrscheinlichkeit für spannende Fotomotive besteht. Auf den Online-Plattformen können Geocacher auch Favoritenpunkte vergeben. Das bietet einen Anhaltspunkt, ob die Caches interessant sein könnten, denn auch die Örtlichkeiten werden nach ihrer Attraktivität bewertet. Übrigens: Geocaching ist eine tolle Corona-Aktivität, gerade auch für Familien. Kinder kommen raus an die frische Luft – und welche Kinder mögen keine Schatzsuche samt Fotoshooting?

„Bride‘s Veil Falls, Isle of Skye, Schottland. Etwas abseits, rechts vom Wasserfall, lag ein traditioneller Cache. Nach unserem Eintrag ins Logbuch hielten wir bei Dämmerung kurz inne. Schnell flüchteten unsere besten Freunde und ich uns aber wieder zum Auto, weil die Mini-Mücken, die Midges, über uns herfielen. Julian wollte aber noch das perfekte Bild in den Kasten kriegen – und ließ sich hierfür zerbeißen.“

Nidolli und Julian Gleitsmann

Julian ist hinter der Kamera aktiv, Nidolli als Model und Make-up-Artistin. Das eingespielte Team hat durch das Geocaching mit der Fotografie begonnen. Professioneller arbeiten die beiden seit 2016 in der Lichtbildkunst mit Schwerpunkt auf inszenierter Menschenfotografie und Landschaftsfotografie.

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