Malen mit Lichtern
Man nehme verschiedene Leuchtquellen und viel Kreativität. Das Ergebnis: zum Teil recht imposante Kunstwerke. Der Fachbegriff: Lightpainting. Mit diesem Artikel laden wir Sie zu einem Jahrmarktbesuch ein und zeigen Ihnen, wie Sie schon mit wenig Aufwand den Einstieg in die spannende Welt der Lichtermalerei finden.
Wolfgang Baus
Auf dem Jahrmarkt der unendlichen Möglichkeiten
Auch wenn viele Veranstaltungen im Moment nur mit Beschränkungen durchgeführt können und unter Umständen auch kurzfristig abgesagt werden müssen, nimmt das gewohnte Leben so langsam wieder an Fahrt auf. Auch Volksfeste und Jahrmärkte finden mittlerweile wieder statt. Für Fotografen gibt es dort eine Menge zu sehen, zu entdecken und zu fotografieren. Sie können hier viele verschiedene Aufnahmetechniken anwenden und unterschiedliche Genres bedienen. Betreten Sie doch mal Neuland und erproben Mitzieher bei den Karussells oder entdecken die Welt der Streetphotography – Motive dafür gibt es hier genug. Wir laden Sie mit diesem Artikel zu einem Besuch auf dem Hamburger Dom ein.
Mehr als eineinhalb Jahre mussten die Fahrgeschäfte geschlossen bleiben und die vielen Rummelplatzfreunde auf den Nervenkitzel von Achterbahn und Co. verzichten. Jetzt geht es wieder los. Und nicht nur auf dem Dom, auch in vielen kleineren Orten gibt es Gelegenheit, unser heutiges Thema einmal direkt vor Ort umzusetzen.
Wenn das Tageslicht geht und die Dämmerung beginnt, wird die Beleuchtung deutlich sichtbarer. Auch wenn die Lampen der vielen Jahrmarktsbuden den ganzen Tag über leuchten, benötigen sie die Dunkelheit, um richtig zur Geltung zu kommen und uns als interessante Motive zu dienen.
Optimale Voraussetzungen
Eigentlich erfordert unser Thema „Lightpainting“ immer ein Set-up mit zum Teil großem Aufwand für die Fotografinnen oder Fotografen: Es müssen Lichter eingerichtet und entsprechend bewegt werden. Selbst wenn wir die einfachste Technik nehmen, wie beispielsweise beim Malen von Worten oder Zahlen mit Wunderkerzen oder Taschenlampen, müssen wir aktiv vor der Kamera agieren. Daher können wir dankbar sein, wenn wir Motive finden, bei denen sich die Lichter ohne unser Zutun bewegen. Optimale Bedingungen für die Lichtermalerei finden wir auf dem Jahrmarkt. Hier konkurrieren die verschiedenen Karussells und Attraktionen durch aufwendige Beleuchtung um die Gunst der Besucher. Für uns als Fotografierende sind diejenigen Fahrgeschäfte besonders interessant, die sich bewegen und durch die montierten Lampen in der Lage sind, Lichtspuren zu hinterlassen. Unsere Augen sind so schnell, dass sie nur Punktlichter sehen, aber je länger eine Belichtung der Kamera dauert, desto stärker sind die Formen der Lichter auf einem Foto zu erkennen.
Auch wenn ich immer ein begeisterter Fotograf mit analogen Kameras war, so hat sich mir durch Digitalkameras eine völlig neue Welt eröffnet. Ich kann damit Einstellungen vornehmen und sofort nach der Aufnahme erkennen, wie sich diese auswirken. Und genau das ist auch das Geheimnis dieser Art von Fotografie – probieren, fotografieren, kontrollieren und korrigieren. Es gibt kein Rezept für die perfekte Aufnahme und „ausprobieren“ ist das Mittel der Wahl. Aber es gibt ein paar Dinge, die durchaus dabei helfen, zum gewünschten Ergebnis zu kommen:
Faktor Umgebungslicht
So spielt zunächst das Umgebungslicht eine wichtige Rolle. Auch wenn die blaue Stunde schon gut geeignet ist für ausgewogene Belichtungen, so kann die Dunkelheit die Bildwirkung unterstützen. Dinge, die bei Restlicht noch sichtbar sind, werden dann durch die Dunkelheit absorbiert und es bleiben die leuchtenden Farbeffekte.
Inzwischen haben viele Kameras eine recht beachtliche Technik, um Verwacklungen bei längeren Belichtungszeiten zu vermeiden. Ich bevorzuge für solche Bilder aber ein stabiles und festes Stativ. Bei fixierter Grundeinstellung lässt sich besser experimentieren und die Bilder sind einfacher reproduzierbar. Aber auch wenn wir kreativ unterwegs sind, sind Verwacklungen durchaus sichtbar. Ungewollt sind sie störend und machen Ihre Aufnahmeidee zunichte.
Die beste Belichtungszeit
Die Frage nach der optimalen Belichtungszeit ist nicht so einfach zu beantworten. Die Antwort ist abhängig davon, was man erreichen will. Soll es eher ein abstraktes Bild werden, bei dem die Lichtermalerei im Mittelpunkt steht oder soll das Karussell als solches noch erkennbar sein? Je mehr Bewegung in der Aufnahme durch eine längere Belichtung abgebildet wird, desto verwischter und weniger erkennbar ist das eigentliche Motiv. Je kürzer die Aufnahmezeit ist, desto mehr scheint das Hauptmotiv durch.
Es ist eher schwierig, beide Parameter abzubilden, also scharfe Elemente in der Unschärfe. Sicherlich kann uns hierbei ein Bildbearbeitungsprogramm behilflich sein. So bietet beispielsweise Photoshop die Möglichkeit an, mehrere Bilder miteinander zu verrechnen. Da ich es jedoch vorziehe, meine Bilder mit der Kamera zu gestalten, nutze ich hier gern die Mehrfachbelichtung. Die erste Aufnahme entsteht durch eine Langzeitbelichtung. Als zweites kommt deckungsgleich eine scharfe Aufnahme mit kurzer Belichtungszeit hinzu. Aus beiden Bildern errechnet die Kamera im besten Fall ein perfektes Bild. Egal bei welcher Art von Fotografie die Unschärfe Bestandteil des Motivs ist – ich versuche immer ein scharfes Element zu integrieren, denn es unterstreicht die Dynamik des Bildes.
Wenn ich schreibe, dass es schwierig ist, die optimale Belichtungszeit für das Foto zu ermitteln, muss ich unbedingt eine Funktion erwähnen, wie sie verschiedene Modelle von Olympus anbieten. Hinter den einzigartigen Funktionen „Live Bulb“ und „Live Time“ zeigt die Kamera während der Belichtung auf dem Display den Fortschritt der Aufnahme an. Live und in Farbe können Fotografierende die Bildentstehung kontrollieren und bei Erreichen des Wunschergebnisses die Aufnahme beenden. Komfortabler geht es kaum.
Nützliche Werkzeuge
Wie wir inzwischen erfahren haben, ist die Variabilität der Belichtungszeiten ein wichtiger Faktor. Oft muss für längere Zeiten das vorhandene Licht reduziert werden. Aufgrund immer empfindlicherer Sensoren kann die gewünschte lange Belichtungszeit oft nicht erreicht werden, selbst wenn die geringste ISO-Empfindlichkeit gewählt wird. Sicherlich können wir die Blende nutzen, um den Lichteinfall auf den Sensor zu reduzieren. In der Praxis ist die Blende aber kein optimales Werkzeug um die Belichtung zu steuern. Bei vielen Kameras tritt bei kleinen Blendenwerten das Problem der Beugungsunschärfe auf. Hierbei ergibt sich die Problematik, dass ab einer bestimmten Blende die Schärfeleistung abnimmt und Bilder unscharf werden. Mit Schließen der Blende verändert sich allerdings auch die Schärfentiefe. Diese Änderung muss aber nicht unbedingt gewollt sein, wenn zum Beispiel mit dem Bokeh gearbeitet werden soll. Und schließlich ist da die Sensorverschmutzung, die mehr und mehr sichtbar wird, je weiter wir die Blende schließen – und die wir bei größerer Blende meist gar nicht erkennen können. In diesen Fällen hilft uns ein Neutralgraufilter (siehe Infokasten). In verschiedenen Dichtewerten wird Licht absorbiert und somit eine längere Belichtungszeit ohne negative Auswirkungen erreicht.
Bewegungseffekte
Auch wenn ich eingangs die Nutzung eines Stativs empfohlen habe, kann in der Lichtermalerei auch mal darauf verzichtet werden. Bei statischen Motiven kann die Kamera gern mal wie ein Pinsel geschwungen werden. Dadurch entstehen unterschiedliche Lichterbilder. Speziell bei einzelnen Lichtquellen sind der Fantasie keine Grenzen gesetzt. So können durch Bewegung der Kamera Buchstaben oder Ziffern entstehen. Aber auch bei vielen und beweglichen Lichtquellen können Sie kreativ tätig werden. Gegenläufige Auf- und Ab- oder Wellenbewegungen mit der Kamera lassen abstrakte Lichtermalereien entstehen. Wieder montiert auf einem Stativ, empfehle ich, auch einmal den Zoombereich während der Aufnahme zu verändern. Ein- und Auszoomen ergeben unterschiedlich interessante Motive.
Machen Sie mehr aus Ihren Nachtaufnahmen
Wem das Thema Rummelplatz zu kreativ und abstrakt erscheint, kann die Grundzüge dieser Technik aber auch dazu benutzen, beispielsweise Reise-, Reportage- oder Architekturfotografie aufzupeppen. Für mich gehören auf Reisen auch immer Nachtaufnahmen zu meinen Motiven. Sehenswürdigkeiten sind in der Dunkelheit meist angestrahlt, sodass sich Bauwerke in einem besonders interessanten Licht zeigen. Mich reizen diese Motive. Nur oft fehlt es diesen an Beiwerk und Vordergrund, da beides oft in der Dunkelheit verschwindet. Meist sind keine Menschen oder ähnliche „Zutaten“ vorhanden, die die Bildbestandteile aufpeppen und aus einer oft langweiligen Aufnahme ein interessantes Foto machen würden. Wenn auch Sie solche Nachtaufnahmen von Gebäuden mögen, mein Tipp: Beziehen Sie doch mal Verkehrsmittel mit ihrer Beleuchtung ins Bild ein. Nachts sind immer irgendwelche Fahrzeuge unterwegs. So können die Lichtspuren von Scheinwerfern oder Rückleuchten vom Auots, Bussen oder Straßenbahnen genau die Details sein, die aus einer sonst eher langweiligen Nachtaufnahme, eine sehenswerte Architekturaufnahme macht. Und mit ein wenig Kreativität und Fantasie werden Lichtspuren von einfahrenden Zügen zu interessanten Elementen bei den zurzeit sehr beliebten Streetphotography-Aufnahmen auf Bahnhöfen.
Wenn es partout keine Lichtspuren gibt, die Sie in Ihre Bilder integrieren können? Dann nehmen Sie doch mal eine jener besonders hellen LED-Taschenlampen zur Hilfe, um Lichtakzente auf den Brunnen, die Bank, die Straßenecke oder den banalen Busch im Bildvordergrund zu setzen und Ihr Bild auf diese Weise zu komponieren.
Die dunkle Jahreszeit beginnt und hoffentlich öffnen wieder viele Jahrmärkte. Nutzen Sie die Zeit und begeben sich doch mal auf die Suche nach Lichterspuren…
Vorsicht bei der Wahl von Filtern. Nicht selten werden hohe Summen für Objektive ausgegeben, die mit sehr viel Aufwand konstruiert wurden. Von der Wahl der Glassorten bis hin zur Vergütung ist – für ein perfektes Bildergebnis – alles aufeinander abgestimmt. Durch die Wahl falscher Filtervorsätze kann dieser Aufwand schnell zunichte gemacht werden. Genauso viel Aufmerksamkeit wie der Objektivwahl sollten Sie der Filterwahl schenken.
Ich bevorzuge Plattenfilter. Durch Adapterringe können die dafür notwendigen Filterhalter an den meisten Objektiven verwendet werden. So habe ich eine hohe Flexibilität, wenn ich beispielsweise mehrere Filter verwende.
Wer aber nur mit einem oder zwei Objektiven arbeitet und den Aufwand mit den oft großen und sperrigen Filterhaltern samt Filtern scheut, kann auch Einschraubfilter (unter Umständen mit Reduzierringen) verwenden. Gern wird dann auf einen variablen Graufilter zurückgegriffen. Auch hier sollte man auf die Qualität achten, nicht selten sind solche Filter qualitativ nicht die Besten.
Als Universalfilter empfehle ich gern einen Polarisationsfilter. Ursprünglich soll dieser nichtmetallische Reflexe minimieren und Farben intensiver abbilden. Aber gleichzeitig reduziert er das Licht um ein bis zwei Blendenwerte und ermöglicht eine Verlängerung der Belichtungszeit. Wenn das nicht reicht, können Graufilter in verschiedenen Dichten verwendet werden. Um mehrere Filter ohne Vignettierungen (Randlichtabschattungen) auf den Aufnahmen verwenden zu können, empfiehlt es sich, oben erwähnte Plattenfilter zu verwenden. Es gibt sie in verschiedenen Größen und Qualitäten und auch für fast alle Einsatzbereiche in der Fotografie. Wichtig ist darauf hinzuweisen, dass immense Preisunterschiede durch die verwendeten Materialien gerechtfertigt sein können. Glasfilter haben bei der Abbildung eine wesentlich neutralere Farbwiedergabe als Kunststoffscheiben. Markenhersteller wie zum Beispiel Kase, Lee, Rollei und NiSi haben ein breites Angebot. Ich selber habe ich mich nach Aktualisierung des Filterhalters für das HAIDA M10 System entschieden. Hier kann ich neben den Plattenfiltern noch einen Polfilter als Drop-In Filter verwenden. Auch bei Verwendung von mehreren Filtern treten hiermit keine Vignettierungen auf. Für die Kompaktkameras von Ricoh oder Fuji bietet NiSi ein spezielles System mit kleinen Plattenfiltern an.
Möchten Sie mehr über die Verwendung von Filtersystemen erfahren? Schicken Sie uns doch einfach mal eine E-Mail mit Ihrer Frage. Sie haben auch Erfahrungen mit den verschiedenen Filtersystemen gemacht? Dann schreiben Sie uns Ihre Meinung … E-Mail an redaktion@pictures-magazin.de
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