Spiegelungen sind ein sehr beliebtes Stilmittel der Fotografie. Sie verleihen dem Foto (mindestens) eine weitere Dimension und regen den Betrachter zu genauem Hinschauen an.

von Dragana Mimic

Spiegelungen und Reflexionen ergeben in der Fotografie interessante und spannende Effekte. Wenn Sie danach suchen, werden Sie überrascht sein, wo Spiegelungen überall zu entdecken sind: in Seifenblasen, Glasfassaden, Wassertropfen, Pfützen, Motorhauben und, und, und … Dabei haben Spiegelungen noch einen wunderbaren Nebeneffekt. Sie verleihen Fotografien – egal ob auf dem Monitor oder gedruckt auf Papier – eine räumliche Tiefe und durchbrechen somit die Zweidimensionalität. Genau das macht solche Fotos für den Betrachter so spannend. So vielfältig, wie die unterschiedlichen reflektierenden Flächen, kann auch die Umsetzung von Spiegelungen und Reflexionen im Bild sein. Lassen Sie sich zu neuen Fotoprojekten inspirieren und toben Sie sich kreativ aus.

Den Blick schärfen, Perspektive beachten

Spiegelnde Flächen sind überall zu finden. Doch bevor Sie mit den Fotos loslegen, sollten Sie sich zunächst einmal einige Gedanken machen: Besonders wichtig ist es, die richtige Perspektive festzulegen. Möchten Sie jetzt beispielsweise eine Gebäudefassade, die mit Glas verkleidet ist, fotografieren, sollten Sie zunächst einmal beobachten, wie sich der Himmel und die Wolkenformationen oder auch der gegenüberliegende Gebäudekomplex darin spiegeln. Halten Sie Ausschau nach Elementen, die als Blickfang dienen oder aber im Bild stören könnten. Haben Sie die perfekte Perspektive gefunden, müssen Sie den richtigen Bildausschnitt wählen.

Bei der fotografischen Umsetzung kann man den Bildausschnitt derart wählen, dass sowohl das eigentliche Objekt mit seiner Spiegelung gemeinsam auf dem Foto erscheint oder einfach nur die Spiegelung beziehungsweise Teile davon abgebildet werden. Sehr interessante, abstrakte Verzerrungen und auch Farbenspiele ergeben Spiegelungen im leicht bewegten Wasser, sodass die Ausgangsform häufig nur noch zu erahnen ist. Ähnlich begibt es sich auch mit abgerundeten Projektionsflächen wie Glaskugeln, Seifenblasen oder auch einem nach innen gewölbten Trichter eines Blechblasinstrumentes. Hier können Sie Ihrer Kreativität freien Lauf lassen und mit den verzerrten Abstraktionen spielen. Aber auch metallische Objekte oder glänzend polierte Motorhauben entfremden die sich spiegelnden Motive auf interessante Weise. Sie sehen, bei diesem Thema stehen das Suchen und Entdecken von Spiegelungen im Vordergrund und erfordern ein gutes Auge.

Wasseroberflächen

Ein perfekt geeignetes Element für Spiegelungen ist natürlich Wasser. Dabei spielt es keine Rolle, ob es sich um eine Pfütze, einen großen See oder einen Kanal handelt – denn jede Wasseroberfläche spiegelt.
Auch hier sollten Sie sich die Fläche aus verschiedenen Blickwinkeln und Perspektiven ansehen, bevor Sie fotografieren. Für die ersten Versuche sind neben Wasserpfützen auch flache, nicht zu schnell fließende Flussbetten gut geeignet. Ein ruhiger See wirkt bei Windstille wie ein glatter Spiegel, in dem sich die umliegenden Berge, Bäume und Bauwerke auf dem Kopf stehend wiederfinden. Zieht eine leichte Brise auf, so geraten diese Abbilder in Bewegung und werden mehr oder weniger verzerrt und in abstrakte Formen verwandelt. Die Reflexe der Sonne tänzeln unruhig über die Wasseroberfläche und machen sich als markante Spitzlichter oder – außerhalb des Schärfebereichs des Objektivs – als verwaschene Flecken bemerkbar. Auch die abendliche Stimmung am Sandstrand, in dem sich der untergehende glühende Himmelskörper spiegelt, ist ein gefragtes Motiv. Und auch die schon erwähnten Glasfassaden von Bürogebäuden sind im Abendrot ein absoluter Hingucker. Wenn in dem einen oder anderen Büro noch Licht brennt, ist das auch nicht weiter schlimm, denn solche Lichttupfer durchbrechen die Monotonie der ansonsten sehr gleichmäßigen Glasfront.

Nächtliche Spiegelungen

Ganz besonders reizvoll sind nächtliche Aufnahmen einer von Lichtern überfluteten Großstadt. Hier lassen sich beispielsweise an der Flusspromenade entlang Wasserspiegelungen der städtischen Silhouette einfangen. Und auch nach einem kräftigen Regenguss können Sie außergewöhnliche Fotos von sich spiegelnden Autoscheinwerfern und Leuchtreklamen auf den nassen Straßen einer Metropole fotografieren. Um die korrekte Belichtung brauchen Sie sich bei solchen Nachtaufnahmen nicht so viele Gedanken zu machen, selbst wenn das Messsystem der Kamera zu große Dunkelheit signalisiert. Die Lichter der Stadt sind im Prinzip immer hell genug und dank der Nässe zeichnen sie sich noch einmal am Boden ab.

Gegenlichtaufnahmen

Um reflektierte Sonnenstrahlen auf einem See oder auf dem Meer einfangen zu können, müssen Sie in Richtung der Lichtquelle fotografieren. Bei solchen Gegenlichtaufnahmen besteht die Gefahr, dass sie leicht zu dunkel ausfallen, wenn die Sonnenreflexionen sehr hell sind und der Automatik eine viel zu große Allgemeinhelligkeit vorgaukeln. Schalten Sie in solchen Fällen die Gegenlichtkorrektur ein oder öffnen Sie die Blende manuell um eine Stufe. Wer ganz sicher gehen will, der macht mehrere Aufnahmen mit verschiedenen Blendenwerten. Dann ist ganz bestimmt eine Aufnahme mit Idealbelichtung dabei.

Spieglein, Spieglein an der Wand

Und schließlich lassen sich selbstverständlich Spiegel einsetzen. Die Spiegelungen sind beim Einsatz von Spiegeln besonders gut zu kontrollieren, denn einerseits können Sie als Fotograf viel leichter bestimmen, welche Gegenstände im Spiegel erscheinen sollen und die Bildelemente Ihren Wünschen entsprechend arrangieren. Andererseits lässt sich ein Spiegel an jeden beliebigen Ort stellen, wenn er nicht gerade fest montiert ist.

Weitere Inspirationen

Halten Sie die Augen offen und entdecken Sie spiegelnde Oberflächen, die nicht sofort offensichtlich sind. Wenn sich beispielsweise die auflaufenden Wellen am Meer wieder zurückziehen, spiegelt sich im nassen Sand für einen Moment der Himmel wider, bevor das Wasser versickert. Oder besuchen Sie ein Einkaufszentrum oder eine Flughafenhalle mit Marmorboden. Darin spiegeln sich die vorbeihuschenden Passanten, was auch bei längeren Belichtungszeiten tolle Motive ergibt. Wenn Sie mit Ihren Kindern auf den Spielplatz gehen, nehmen Sie Ihre Kamera mit und nutzen Sie die Rutschbahn als spiegelnde Fläche für interessante Porträts.

Auf den Kopf stellen

Wenn Sie Spiegelungen fotografieren, erscheint das Bild auf dem Kopf stehend. Ein schöner Trick bei Wasserspiegelungen ist es, das gesamte Bild in Photoshop auf den Kopf zu stellen. Damit erzeugen Sie eine surreale Illusion und es erscheint zunächst, als wäre das Bild richtig herum. Sie können das Bild auch so zurechtschneiden, dass nur das Abbild, also die Spiegelung, zu sehen ist, wie unser Beispielbild auf Seite 99 unten zeigt.

Produktaufnahmen

Wenn Sie sich Webseiten kleiner Händler oder Internetauktionen ansehen, sind die dort dargestellten Artikel meist lieblos auf dem hellen Küchentisch oder dem Fußboden fotografiert. Doch um Produkte ansprechend zu präsentieren, bedarf es keines großen Aufwands. Als Nebeneffekt können Sie außerdem damit rechnen, dass sich mehr Interessenten bei Ihnen melden. Denn wenn Sie Ihre Artikel auf einer spiegelnden Oberfläche fotografieren, wirken sie voluminöser und der Betrachter sieht durch die Spiegelung mehr von dem Objekt. Für ein gelungenes Foto nehmen Sie sich als Erstes eine mit weißem oder, je nach Geschmack, dunklem Papier unterlegte Glas- oder Plexiglasplatte zur Hilfe, auf der Sie das Produkt platzieren. Arrangieren Sie Ihre Spiegelkomposition nun in der Nähe eines Fensters, um ein natürliches Licht zu erhalten. Die vom Fenster abgewandte Seite können Sie mit einer künstlichen Lichtquelle ausleuchten, oder Sie verwenden Reflektoren, wenn Sie welche zur Hand haben. Sie können aber auch einfache Styroporplatten mit Alufolie umkleiden und als Reflektor benutzen. Ist das Produkt ausgeleuchtet, wird es auch vollständig gespiegelt. Dieser Trick ist alles andere als neu. Juweliere präsentieren ihre Schmuckstücke seit jeher gerne auf Spiegeln und erzielen damit die gewünschte Wirkung.

Symmetrie

Spiegelungen lassen oft eine interessante Symmetrie entstehen. Dieser Effekt ist für den Betrachter auf den ersten Blick häufig verwirrend und nicht auf Anhieb zu fassen. Daher bleibt der Blick hängen, das Bild wird erkundet, um das gespiegelte vom realen Bild zu unterscheiden. Symmetrische Spiegelungen können Sie sowohl mit Landschafts- oder Architekturaufnahmen, Glasfassaden, Produktfotos und vielem mehr erstellen, solange die spiegelnde Oberfläche plan ist. Bei gewölbten Reflexionsflächen funktioniert das nicht.

Gewölbte Flächen

Spiegelungen müssen selbstverständlich nicht immer symmetrisch sein. Interessant sind auch Spiegelungen auf gewölbten Flächen, wie beispielsweise Motorhauben älterer Auto-modelle oder auch Radkappen. Aber
auch im Haushalt finden sich allerlei Fotomotive. Schauen Sie einfach mal in Ihrer Schublade nach: Dort werden Sie mit Sicherheit poliertes Besteck finden, das sich hervorragend für Spiegelungen eignet.