
Fotografie und Bildbearbeitung gehen bei Alexander Billik eine ganz besondere Symbiose ein. Lernen Sie vom Profi, wie er seine „Madtographies“ erschafft.
von Jamari Lior | © Fotos & Production Alexander Billik
Dark-Art, Fantasien indigener Völker, Videospielästhetik und Bodypainting-Kunst – all das kommt bei Alexander Billiks Mad-Art zusammen. Wir begleiten ihn durch den gesamten Bildprozess, von der Planung über das Shooting und die Bearbeitung bis zum fertigen Bild.
Die Vorbereitung
Um seine Modelle in, wie er sagt, „einzigartige Waldwesen“ zu verwandeln, verwendet der Berliner Fotokünstler verschiedene hautverträgliche und natürliche Rohstoffe wie beispielsweise Bast, Baumrinde, Heilerde, Ton und andere Materialien, die er auf seinen Trips durch Deko- und Bastelläden findet. Als Basis dient ihm dabei oft die Lieblingsfarbe des Models. Für Model Kim kamen beide gleich überein, Rot- und Orangetöne zu wählen, weil sie wunderbar zu Kims rotbraunen Haaren passen. Schon eine Weile vor dem Shootingtermin mit Kim sammelte Alex Billik auch geeignete Blätter. Was so einfach klingt, gestaltete sich aber als recht kompliziert, schließlich sollten die Blätter auch die perfekte Struktur und Farbe aufweisen. Hier bedarf es manchmal eines gewissen Perfektionismus für das bestmögliche Bildergebnis.
- Die Transformation von Model Kim
- Alex Billik erschafft eine Struktur mit Kaltwachs.
- Alex Billik erschafft eine Struktur mit Kaltwachs.
- Finishing Touches – hier kommt echtes Laub zum Einsatz.
Das Shooting
Alexander Billik bemalt seine Modelle selbst. Für die Körpergestaltungen nutzt er auch selbstgemixten Hautwachs, klebt Moos und Blätter auf. Bis das Model fürs Fotografieren fertig ist, können durchaus vier bis sechs Stunden vergehen – auch, weil es gemütlich ablaufen soll, ohne Stress und Hetze. Für das passende Licht arbeitet der Künstler bei diesem Bild mit drei Lichtquellen: einem Beautydish, der hochfrontales Licht gibt, mit einem Striplight mit Wabe von schräg hinten für eine Lichtkante und einem schwach eingestellten Licht von schräg vorne zum Aufhellen der Schatten. Viel Platz braucht es für diesen Aufbau nicht – 20 Quadratmeter reichen ihm normalerweise.
- Die Skizze zum Lichtaufbau.
- Beim Shooting: Die rote Lichtkante peppt das Foto zusätzlich auf.
Die Bildbearbeitung
- „Aufräumen“
Nachdem im Programm Camera Raw ein paar erste Grundeinstellungen gewählt wurden, untersucht Alexander Billik das Bild auf Fehlerchen im Hautbild und Unsauberkeiten im Make-up: Bei Ton- und Heilerden bröckelt mit der Zeit immer etwas vom Material herunter. Außerdem spürt er lose Haare und andere Kleinigkeiten auf, die ablenken können. Für diese Korrekturen nutzt er den Bereichsreparaturpinsel – nur in Ausnahmefällen kommt das Stempel-Tool zum Einsatz, da es meistens aufwendiger ist und repetitive Strukturen ergibt, welche die Bearbeitung zu offensichtlich machen.
- Das Ausgangsbild.
- Die Stellen, die der Fotograf ausbessern wird, sind markiert.
- Farb- und Kontrastanpassungen
Hier wurde ein Color-Lookup in der Ebeneneinstellung „Multiplizieren“ verwendet und entsprechend der Vorstellung ausmaskiert, um mehr Tiefe ins Bild zu bringen. Aktuelle Versionen von Photoshop liefern einige Color-Lookups mit. Dabei handelt es sich um Farbtabellen, bei denen ein Farbwert aus der ursprünglichen Tabelle oder dem Farbraum einem neuen Wert zugewiesen wird. Beispielsweise wird ein hundertprozentiges Schwarz zu einem achtzigprozentigen Schwarz mit 20 Prozent Blau/Violett. Im Ergebnis sind dann alle Schatten bläulich/violett und etwas heller.
Probieren Sie verschiedene Color-Lookups aus, da Sie mit verschiedenen Ebeneneinstellungen immer wieder neue Effekte und Veränderungen erzielen können. Sie werden erstaunt sein, was mit Ihrem Ausgangsbild alles möglich ist.
- Dodge & Burn
Dodge and Burn ist für viele Fotografen zum Standardprozess in der Bildbearbeitung geworden. Es dient dazu, Bereiche im Bild entweder aufzuhellen oder abzudunkeln. Hierfür wird eine neue Ebene mit der Farbe „Neutralgrau“ (Farbcode 808080) gefüllt und auf den Ebenenmodus „weiches Licht“ eingestellt. Nun kann man mit dem Abwedler- und Nachbelichter-Tool auf dieser Ebene arbeiten, um den gewünschten Effekt zu erzeugen. Hat man zu viel aufgehellt oder abgedunkelt, hilft ein weicher Pinsel in Neutralgrau, um die Bereiche wieder in ihre Ausgangshelligkeit zu bringen.
Nutzt man Dodge and Burn geschickt, kann man damit auch ein Make-up ergänzen und verfeinern, Gesichtszüge oder Charakteristika verändern oder ausarbeiten. Selbst moderne Sensoren können Mühe damit haben, eine gewisse Tiefe in ein Büschel Haare zu bringen. Mit Dodge and Burn lässt sich das kinderleicht beheben und man kann einzelne Haarsträhnen dort herausarbeiten, wo zuvor fast keine sichtbar waren. Auch Augen- und Mundpartien werden auf diese Weise dreidimensionaler gestaltet.
- Verflüssigen
Mit Klick auf „Filter > Verflüssigen“ modelliert Alexander Billik fast alle seine Modelle zu einem gewissen Grad, um sie schmeichelhafter und passender zur Bildidee wirken zu lassen. Dabei glättet er zum Beispiel mit dem Mitziehen-Werkzeug Linien, beult Rundungen weiter aus und schafft Symmetrien.
„Manchmal werde ich gefragt, ob man Modelle einfach so verändern darf …“
„Manchmal werde ich gefragt, ob man Modelle einfach so verändern darf. Aber jedes Objektiv kann ein Model verzerren, etwas in die Länge ziehen oder aufblasen. Man verändert die tatsächlichen dreidimensionalen Volumina bereits im gleichen Moment, in dem man sie in den zweidimensionalen Raum eines Fotos bringt. Tools wie Verflüssigen sind hier sogar manchmal ein gutes Mittel, dem entgegenzuwirken“, erklärt der Fotograf seine Bearbeitung. In diesem Fall entscheidet er sich, die leichte Schrägstellung des Kopfes optisch zu korrigieren, die Nase etwas zu verschmälern und die Lippensymmetrie zu optimieren – und fertig ist das Menschenbild einer anderen Dimension.
Weitere Bilder im Madtography-Stil, in der typischen hyperrealistischen Bearbeitung.
Alexander Billik
Der Berliner Fotokünstler, Medien- und Gamedesigner Alexander Billik fotografiert mit einer Sony ARIII und nutzt bereits seit 1994 Photoshop zur Nachbearbeitung seiner Werke.
madtography.de
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