Der Name Anna Logue ist Programm: Für die junge Fotografin bedeutet analoges Fotografieren Freiheit und Thrill. Sofortbilder üben einen besonderen Reiz auf sie aus. Mit diesem Medium kreiert sie malerische Motive.
von Jamari Lior
© Fotos Anna Logue
„In meinem Berufsalltag als Werbefotografin ist alles digital“, erzählt die Profifotografin Anna Logue. „Mein Arbeitstier ist die Nikon D850, die mich bei allen Aufträgen begleitet. Mein digitaler Workflow ist schnell und auf den Punkt. Ich kann den Kunden on Location direkt Bilder zeigen, Retusche am Rechner erledigen und die Projekte digital versenden.“
Bei freien künstlerischen Projekten sieht Ihre Arbeit allerdings oft ganz anders aus: Hier schätzt sie die analoge Fotografie. Dafür nutzt sie eine Pentacon Six TL Mittelformatkamera, eine Fuji Instax Wide und zwei Polaroid SX-70 – eine mit Autofokus und eine mit manuellem Fokus. Frisch im Kamerateam ist auch die Polaroid Now für 600er und i-Type Filme. Die Vintage-Kameras hat die Fotografin auf Ebay gefunden. Bei Second-Hand-Käufen achtet sie darauf, dass die Apparate als „getestet und voll funktionstüchtig“ angeboten werden. Auch auf Flohmärkten, so die Expertin, kann man fündig werden.
Nervenkitzel Sofortbild
Bei der Sofortbildfotografie spielen für Anna Logue das Loslassen und der Nervenkitzel besondere Rollen: „Im Genre der digitalen Fotografie habe ich eigentlich zu jedem Zeitpunkt die volle Kontrolle darüber, was passiert. Bei der Sofortbildfotografie hingegen weiß ich vorher nie genau, was sich ergibt – das ist ein Nervenkitzel.“ In der analogen Fotografie fühlt sich Anna Logue frei zu experimentieren, ganz losgelöst von Kundenwünschen, Briefings oder Zeitdruck. Die Motive müssen auch keinem Thema folgen, sondern dürfen nach rein ästhetischen Gesichtspunkten ausgewählt sein – Form, Farbe, Stimmung.
Freiheit und Entschleunigung
Und es gibt noch mehr Aspekte, die die Analog-, speziell aber die Sofortbildfotografie für Anna Logue mit Freiheit verbinden: „Wenn ich reise, möchte ich gerne auch frei haben und mir keine Gedanken über Brennweite, Blende, Belichtungszeit und ISO machen müssen. Bei meiner Polaroid hat man kaum Einstellungsmöglichkeiten.“ Dass man die Bilder wenige Momente nach dem Fotografieren direkt in der Hand hält, verleiht diesem Stil der Fotografie eine Aura wie ein altmodisches Reisetagebuch. Durch die Unschärfe nach dem Transfer ähneln die Bilder ferner Erinnerungen, denn viele Details gehen verloren und geben dafür Raum für Träume. „Es ist ein Abgeben von Kontrolle“, mein Anna Logue, „und eine Entschleunigung.“
Sofortbildfotografie ist teuer, jedes Polaroid kostet sie etwa zwei Euro – da überlegt man sich sehr gründlich, ob man jetzt dieses Bild machen möchte oder lieber nicht. Digital hingegen hätte man sicher immer wieder abgedrückt, denn es kostet – abgesehen vom Speicherplatz – ja kein Geld. „Mit der Polaroid fotografiere ich genauer, langsamer, schaue immer wieder durch den Sucher, ob die Komposition stimmt, ob es sich wirklich lohnt, dieses Mal abzudrücken“, erläutert Anna Logue. „Man weiß auch nie, wie die Farben schlussendlich aussehen, ob Lichteffekte entstehen oder ob sich die Emulsion bei der Entwicklung gleichmäßig verteilt.“ Das Warten während der Entwicklung des Bildes, wenn aus dem weißen Nichts plötzlich etwas entsteht, empfindet die Fotografin als aufregend und zugleich entspannend: „Schön ist auch, dass man dafür nicht viel braucht – keine Dunkelkammer, keine Chemikalien.“ Falls ein Motiv besonders gut gelungen ist, macht sie für die Transfers gerne zur Sicherheit noch zwei Aufnahmen extra – falls im Wasserbad etwas schiefgeht. Da kann nämlich schnell einmal ein ungünstiger Riss entstehen oder die Oxidschicht bleibt kleben – man braucht Fingerspitzengefühl und etwas Glück. „Manche Motive,“ erläutert Anna Logue, „entfalten beim Transfer auch nicht die gewünschte Wirkung – das kann ich nie so recht vorhersehen.“
Für die Zukunft überlegt sie, eine ähnliche Serie in Schwarz-Weiß auszuprobieren – eine Herausforderung, denn entsprechende Sofortbilder sind chemisch anders zusammengesetzt, und daher entstehen pixelartige Brösel unter der Emulsion, sodass es hier noch viel zu experimentieren gilt. Während der Pandemie hat sie zum Glück viel Zeit. Wenn sie auf Spaziergängen etwas „gefangen“ hat und sich damit dann zu Hause beschäftigen kann, ohne die ganze Zeit auf den Computerbildschirm starren zu müssen.
Die Technik
Aufnahmetechnik:
Die Fotos wurden analog mit der Polaroid SX-70 aufgenommen, einer Vintage-Sofortbildkamera aus den 1970er-Jahren, mit den Erweiterungen eines Lens-Sets für Close-ups und einem Fisheye. Die Kamera selbst besitzt nur wenige Einstellungsmöglichkeiten: Die Schärfe wird manuell geregelt, die Belichtung grob in „heller“ oder „dunkler“.
Emulsion Lift:
Für den traumartigen Unterwassercharakter der Aufnahmen wird die fotochemische Emulsion des Polaroids vom Trägermaterial gelöst und auf Aquarellpapier übertragen: Der weiße Polaroid-Rahmen und die schwarze Rückseite sind also entfernt, während das Bild in einem Bad mit lauwarmem Wasser verbleibt, bis die Emulsion weich ist. Mit Fingerspitzen oder Pinseln löst man das Bild vorsichtig von der verbleibenden Folie ab. Wenn die geleeartige Emulsion frei im Wasser schwimmt, wird sie mit Aquarellpapier eingefangen. Falten, Risse und Kanten kann man jetzt in die gewünschte Form bringen. Danach muss das Bild nur noch aus dem Wasser genommen und getrocknet werden.
Sofortbildkameras
Sofortbildkameras sind längst kein alter Hut mehr: Fujifilms Instax gehört zu den heute meistverkauften Kameras und es gibt unzählige Modelle, etwa mit Farblinsen, für besonders kleine oder quadratische Sofortbilder. Sofortbildkameras gibt es ferner von Polaroid, Canon und anderen Herstellern, darunter auch digitale Kameras, die es erlauben, misslungene Fotos zu löschen.
Beispielprodukte sind etwa die Canon Zoemini C, die Fujifilm Instax Mini 11 oder die Polaroid POL SP01BL. Natürlich können Sie auch mit alten Sofortbildkameras arbeiten, die Sie häufiger auf Ebay oder bei Flohmärkten finden

Anna Logue
Anna Logue wurde in Chicago geboren und studierte in Heidelberg Ethnologie und Visual Culture. Seit 2001 arbeitet sie als Fotomodell, seit 2008 als freischaffende Werbefotografin in Mannheim.
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