von Alena Schmidt
© Fotos Robert Schönherr
Eine Gelegenheit zum Träumen, das Gefühl von Freiheit – das und noch viel mehr bedeutet Robert Schönherr sein Beruf als Pilot.
Einer der offensichtlicheren Vorteile im Leben eines Piloten ist sicherlich, dass man schon von Berufs wegen an viele tolle Orte reisen und sie sich – zumindest für ein paar Tage – anschauen kann. Doch der Pilot und Fotograf Robert Schönherr ergänzt auf meine Nachfrage, dass für ihn auch das klassische Sprichwort „Der Weg ist das Ziel“ gilt.
„Unterwegs, wenn wir von A nach B fliegen, bieten sich, aus dem Cockpit heraus, immer wieder neue Szenerien“, erzählt er. „Das Wetter, die Lichtstimmung, die Jahreszeit – jeder Flug ist anders und dementsprechend sind es auch die Motive. Sei es eine ausgeprägte Gewitterfront am Äquator, der Bodennebel im Herbst, tanzende Polarlichter in der Nacht oder einzigartige Wolken-Sonne-Konstellationen zu den Tagesrandzeiten: Es wird nie langweilig – selbst nach über 15 Jahren im Cockpit. Dazu kommt natürlich, dass die Fliegerei an sich eine Fülle an spannenden Motiven bietet. Sei es die reine Technik in Form von Flugzeugen, die bei Wind und Wetter gen Himmel abheben, oder auch Bilder vom Arbeitsplatz im Cockpit. Schließlich bietet die Fliegerei immer eine Gelegenheit zum Träumen: Es hat etwas von Freiheit, sich durch die Luft zu bewegen und zu sehen, wie die Welt unter einem vorbeizieht.“
Nach der Ankunft
Nach diesen atmosphärischen Beschreibungen aus dem Leben im Cockpit stellte sich direkt die Frage, wie es denn weitergeht, wenn man als Pilot nach diesem herrlichen Flug im Ankunftsland angekommen ist und mit der Kamera losziehen darf. Robert Schönherr hat in solchen Situationen unterschiedliche Herangehensweisen. Es gibt Orte, an denen lässt er sich treiben. Für den einen Tag, den die Crew in New York Zeit hat, braucht er beispielsweise keinen „Regieplan“ – denn die lebhafte Stadt erwartet ihn mit einer großen Fülle an Motiven. „Man muss lediglich mit offenen Augen und freiem Kopf unterwegs sein“, so Robert. In dieser Stadt kann er eine längere Zeit an einer Stelle verweilen, bis alles passt und er das gewünschte Motiv eingefangen hat. An anderen Orten hat er schon im Vorfeld eine genaue Vorstellung davon, wie das Ergebnis aussehen soll. Doch auch dann lässt er gerne Spielraum für Unerwartetes. Einige Projekte fordern eine dezidierte Vorbereitung und die Geduld, auf die passenden Bedingungen zu warten. So war es auch beim doppelten Wasserfall am Strand auf Vancouver Island. „Jeder, der schon einmal in British Columbia unterwegs war, kennt das wechselhafte Wetter dort“, erklärt der Fotograf. „Während der zwei Wochen, die ich auf Vancouver Island verbracht habe, gab es nur einen Abend, an dem das Wetter mitgespielt hat, um diese Aufnahme zu ermöglichen. Solche Motive einzufangen ist nicht möglich, wenn man in den Flugplan eingebunden ist, sie erfordern wesentlich mehr Zeit vor Ort.“
Die Kamera immer dabei
Schon seit Beginn seiner aeronautischen Karriere begleitet die Kamera Roberts Reisen. Die Fotografie ist sein kreativer Ausgleich zur verfahrensgeprägten Arbeit im Cockpit. Robert Schönherr liebt die Freiheiten der Fotografie und mag sich daher nicht auf ein Genre beschränken. Ihn faszinieren gleichermaßen Natur und Stadt – das spürt man auch an der Auswahl der Bilder für diesen Artikel. Robert will die Besonderheit eines Moments festhalten und ihn für die Ewigkeit (digitaler) Fotoalben konservieren. Das gilt für die Golden Gate Bridge im Nebel ebenso wie für den Sonnentergang am Great Canyon oder die Polarlichter über Island.
Aufgrund des dokumentarischen Charakters bearbeitet der Pilot seine Bilder nur zurückhaltend. „Für mich entsteht das Bild bei der Aufnahme und nicht in der Postproduction. Ich möchte keinen speziellen ‚Effekt‘ zaubern, sondern den erlebten Moment wiedergeben“, stellt Robert fest. Und dafür reichen ihm leichte Korrekturen im Weißabgleich, Kontrast und bei der Farbe.
Zitterpartie
Herausfordernder als die Bearbeitung ist für Robert beispielsweise das richtige Timing. Einmal gab es ein Shooting aus einem Hubschrauber heraus über dem Flughafen von Los Angeles, und zwar um ein bestimmtes Flugzeugzu fotografieren. Viele Komponenten der Planung blieben bis zum Flug unsicher und unvorhersehbar: Der geplante Hubschrauber fiel wegen Technikproblemen aus – lässt sich die Tür des Ersatz-Hubschraubers abmontieren, sodass Robert Schönherr frei fotografieren zu kann? Der Wind drehte, somit auch die Anflugrichtung – das Motiv steht also anders zum Sonne als geplant. Wann genau muss der Fotograf am Flugplatz starten, um das fliegende Motiv zum richtigen Zeitpunkt aufzunehmen? Und bekommen sie die Freigabe zum Einflug in die Kontrollzone des Flughafens noch rechtzeitig? Bei so vielen möglichen Problemen kann man schon mal nervös werden.
Fernweh
Um sein Fernweh – und das vieler anderer Menschen – zu lindern, präsentiert Robert aktuell in der gleichnamigen Online-Ausstellung einen Teil seiner Fotografien. Die Palette der Werke reicht von Naturphänomenen bis zum Stadtleben. In der Ausstellung können sich die Besucher wie in einer virtuellen Galerie frei bewegen. Einige der Fotografien sind auch mit Hintergrundinformationen zur Entstehung der Werke vertont. Viel Spaß beim Anschauen!

Robert Schönherr
Robert Schönherr Damit das Fernweh nicht ganz so sehr schmerzt, präsentiert Robert Schönherr, Fotograf und Pilot, aktuell seine Online-Ausstellung mit Reisebildern.
www.robertschoenherr.de
Instagram: the.flying.camera
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