Klettern, wandern, leben – Merlin Essl liebt es, draußen in der Natur unterwegs zu sein. Seine Kamera begleitet den Österreicher dabei auf Schritt und Tritt und so entstehen atemberaubende Landschaftsfotos, die auch aus einem „Herr der Ringe“-Film stammen könnten.
von Benjamin Lemm
© Fotos Merlin Essl
Bei vielen Landschaftsfotografen ist es vor allem „das“ Bild, das sie schon früh morgens aus den Federn und hinaus in die Berge treibt. Bei Merlin Essl jedoch sind die Fotos nur ein Nebenprodukt seiner Reisen durch die Natur. Für ihn steht vor allem das Erlebnis an erster Stelle: „Meine Leidenschaften sind vor allem Bergsteigen und Wandern. Beim Klettern ist es das Fokussiertsein, das ich besonders mag. Du bist einfach voll im Moment, da ist kein Platz für etwas anderes. Du musst Dir keine Gedanken mehr machen und das hilft mir total, abzuschalten. Beim Wandern wiederum lasse ich mich einfach treiben, Gedanken kommen und gehen – es ist ein bisschen wie Meditation“, beschreibt er seine Leidenschaften.
Meditatives Fotografieren
Dennoch: Die Kamera ist eigentlich immer dabei, wenn Merlin unterwegs ist. Schon in seiner Jugend war er von Kameras begeistert und fotografierte alles, was ihm vor die Linse seiner ersten kleinen Analogkamera kam. Im jungen Erwachsenenalter dann fotografierte er für ein paar Jahre gar nicht, doch als er mit 27 seine Liebe für das Klettern und Bergsteigen entdeckte, kam auch die Kamera wieder vermehrt zum Einsatz, um seine Erlebnisse fotografisch festzuhalten.
Die Landschaftsfotografie liegt Merlin so sehr am Herzen, weil sie seine Verbundenheit mit der Natur ausdrückt und sich mit seinen großen Leidenschaften so gut vereinbaren lässt. Dabei ist sein fotografischer Ansatz beinahe meditativ: „Es dauert oft sehr lang, bis ich ein Bild mache. Manchmal sitze ich stundenlang an einem Ort, schaue mir die Umgebung an und lasse alles auf mich wirken. Ich beobachte das Licht und schaue der Sonne zu. Dann irgendwann kann das Bild entstehen. Ich lasse mich treiben, genieße den Moment und schaue einfach, was passiert. Und am Ende kommt meistens ein ziemlich cooles Bild dabei heraus.“
Oft entstehen seine Fotos auch erst, wenn er zum zweiten Mal an einen Ort kommt, weil er dann schon genau weiß, wie sich das Licht verhält. Bei passendem Wetter kommt er wieder und kann das geplante Foto aufnehmen. An anderen Tagen wiederum entstehen die Aufnahmen schneller, einfach im Vorbeigehen beim Wandern. Dabei bevorzugt er vor allem reine Landschaftsfotos ohne Menschen im Vordergrund. Besonders gefällt ihm die intensive Kombination von Licht und Farbe. Viele seiner Fotos sind bildgewaltig, ausdrucksstark und haben einen epischen Charakter, wirken fast wie aus einem „Herr der Ringe“-Film.
Für die Bildbearbeitung nutzt Merlin vor allem Lightroom, spielt ein wenig mit Licht und Schatten und passt die Farben minimal an. Ansonsten möchte er seine Fotos so echt und natürlich wie möglich halten und verzichtet auf größere Eingriffe in Photoshop und Co.
Freude bewahren
Seinen Lebensunterhalt verdient der 38-Jährige auf ganz unterschiedliche Weise. So hilft er bei sozialen Projekten aus oder macht verschiedene handwerkliche Arbeiten, wenn Not am Mann ist. In seiner Gegend ist er für sein vielseitiges Talent bereits bekannt. Da heißt es: „Wenn Du Hilfe brauchst, frag einfach Merlin!“ Mittlerweile verdient Merlin auch Geld mit der Fotografie. Zu seinem Beruf will er sie allerdings nicht machen, wie er betont: „Fotografieren macht mir unfassbar viel Spaß, aber ich will nicht darauf angewiesen sein. Ich möchte es weiterhin auf freiwilliger Basis betreiben und nur die Projekte umsetzen, auf die auch Lust habe.“
Merlin ist hauptsächlich in Europa unterwegs, vor allem, weil ihm die Natur und der Klimaschutz so am Herzen liegen. Fliegen ist für ihn aufgrund der Umweltbelastung keine Option; er bewegt sich viel im Alpenraum, macht Fahrradreisen oder reist gar per Anhalter zu seinen Destinationen. „Du musst nicht Tausende von Kilometern reisen, um tolle Landschaften zu entdecken. Wir haben hier so viele Möglichkeiten vor der eigenen Haustür. Da kann ich es mir gegenüber nicht rechtfertigen, zu fliegen“, betont er.
Aktiv bleiben
Anderen Fotografen rät Merlin, in Bewegung zu bleiben und einfach zu machen: „Wichtig ist vor allem das Tun; fotografieren, fotografieren, fotografieren – das Equpiment ist dabei egal. Und dann kann man sich im Nachhinein mit seinen Bildern beschäftigen und sich fragen: Was gefällt mir? Was gefällt mir nicht? Und dann daran arbeiten. So wird man mit der Zeit immer besser. Man sollte aber auch nicht darüber verzweifeln“, betont er. Auch helfe es, erst nach einiger Zeit die eigenen Fotos wieder anzuschauen, denn der Blick auf diese verändere sich mit ein wenig Abstand sowieso und so könne man diese besser beurteilen. Am Ende zähle aber sowieso weniger das Ergebnis an sich als die Freude am Fotografieren. „Macht das, was euch Spaß macht und vergleicht euch weniger mit anderen. Der Vergleich ist nur so lange gut, wie er positiv für Dich ist, in der Fotografie wie im Leben allgemein. Durch den Überfluss an Bildern, mit denen wir tagtäglich auf Instagram und Co. zugeschüttet werden, neigt man schnell dazu, unzufrieden zu werden. Aber da sollten wir unbedingt weg von“, betont er.
Für die Zukunft hat Merlin schon einige Fotografie-Projekte im Kopf. Welche das sind, will er jedoch nicht verraten, weil er sich nicht unter Druck setzen will. Vor allem möchte er sich seinen Spaß am Wandern, Klettern und Fotografieren erhalten, nichts erzwingen und dann – kommen die nächsten tollen Bilder wahrscheinlich von ganz alleine.
Merlin Essl
Merlin Essl (38) wohnt im Osten von Österreich. Zur Fotografie ist er schon in seiner Jugend gekommen: Mit 13 startete er mit einer analogen Kamera. Als er mit 27 seine Liebe für das Klettern entdeckte und zunehmend in den Bergen unterwegs war, entwickelte sich auch langsam sein Faible für die Landschaftsfotografie.
Instagram: rebell4life
Facebook: Merlin Outdoor Photography
www.merlinoutdoorphotography.com
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