Landschaften, die zum Träumen einladen – wer würde nicht gerne solche zauberhaften Fotos machen? Michael Kästner erläutert, warum die Landschaftsfotografie zu jedem Fototyp passt, welches Equipment er empfiehlt und worauf es sonst noch zu achten gilt.
Von Alena Schmidt | © Fotos Michael Kästner
Michael Kästner ist der Ansicht, dass die Landschaftsfotografie ein Genre ist, das wirklich jeden Fotografen begeistern kann und auch für jedes Gemüt etwas zu bieten hat – Hauptsache, man geht es richtig an. Wer es abwechslungsreich mag, der wird draußen in der Natur, ob beim sonntäglichen Wandern an der Ostsee oder auf einer Fahrradtour durchs Gebirge, jede Menge Motive finden – und das bei jedem Wetter. Die Stimmungen in der Natur wandeln sich oft sehr schnell. Als Fotograf kann man sich darauf nur bedingt mithilfe von Wetter-Apps einstellen. Manchmal kann es bei einem plötzlichen, unerwarteten Gewitter sogar richtig aufregend werden.
Die Landschaftsfotografie tankt, wenn man sie relaxt angeht, die Energiespeicher für Körper und Seele auf – und macht kreativ. Die frische Luft und die Ruhe schärfen Sinneswahrnehmungen, die man als Stadtmensch unbewusst unterdrückt. Plötzlich entdeckt man sie: hier hört man einen altbekannten Singvogel zwitschern, dort sieht man eine Blume, deren leuchtende Farben fast surreal wirken.

An diesem Morgen im Elbsandsteingebirge konnten Michael Kästner und seine Freunde beobachten, wie der Nebel über der Elbe aufwärts und an den Hängen in die seitlichen Täler floss. // Sony α7RII, 21 mm, f/5.6, 30 s, ISO 100.
Außerdem lässt sich die Landschaftsfotografie ganz einfach mit anderen Outdooraktivitäten oder auch mit Reisen verbinden. Sie wollten heute sowieso noch mit dem Hund rausgehen? Kamera um den Hals gehängt – und schon ist es ein Landschaftsfotografieausflug. Das Ziel der Landschaftsfotografie ist es, dass Sie sich mit der Abbildung der belebten und unbelebten Umwelt des Menschen auseinandersetzen und diese fotografisch festhalten. Dafür kann ein Protagonist anwesend sein und diese Beziehung verbildlichen, Sie kommen aber genauso gut auch ohne Modell aus.
Equipment
„Für die Landschaftsfotografie braucht man kein umfangreiches Equipment. So bleibt man durch das kleine Gepäck immer flexibel“, weiß Michael Kästner. „Und grundsätzlich kann man mit jeder ordentlichen Kamera überdurchschnittlich gute Landschaftsfotos in den Kasten kriegen. Wichtig ist nur, seine Kamera aus dem Stehgreif zu beherrschen. Ich nutze sehr gerne meine Sony Alpha 7RIII oder auch meine 7RII. In Verbindung mit kleinen, leichten Festbrennweiten ist eine Systemkamera sehr gut geeignet, wenn man nur mit leichtem Gepäck unterwegs sein will.“
Damit es stressfrei zugeht, muss man sich für die besten Bilder einen guten Zeitplan zurechtlegen. Denn das passende Licht, das ein gutes Foto zu einem perfekten macht, gibt es oft bestenfalls nur zwei Mal am Tag, und das für wenige Minuten, nämlich zum Sonnenauf- und –untergang. Genau diesen Zeitpunkt muss man abpassen.

„Der Pragser Wildsee ist wohl der Inbegriff eines Instagram-Motivs“, erzählt Michael Kästner. Dabei wird meist eines der Boote abgelichtet, die an der Treppe zum Wasser angebunden sind. Der Fotograf entschied sich hier für eine andere Perspektive, die mithilfe eines extremen Weitwinkelobjektivs die abendliche Szenerie bei atemberaubendem Licht zur Geltung bringen sollte. „Leider habe ich auch hier die Schattenseiten des mittlerweile rasanten Hypes an solchen Locations erfahren müssen. Es sind einfach zu viele Menschen hier, die oft sehr wenig Rücksicht aufeinander nehmen. Ich suche mir dann ein ruhigeres Plätzchen und meist werden die Bilder dann sogar besser, als wenn man Schlange stehen muss oder sich alle auf kleinstem Raum drängen, um das gleiche Foto zu machen.“ // Sony α7RII, 10 mm, f/8, 1.6 s, ISO 100.
„Filter sind nicht unbedingt nötig“, meint der Landschaftsfotograf, „können aber die Nachbearbeitung vereinfachen und helfen, dem Bild bereits in der Kamera eine ausgewogene Dynamik oder besondere Effekte zu geben. Manches allerdings funktioniert gar nicht ohne Filter. So ist beispielsweise das Entspiegeln von Wasser nur mit Polarisationsfilter möglich. Bei der Bildbearbeitung am Computer ist es dagegen schwer bis gar nicht mehr umsetzbar.“ Gerade Grau- und Polfilter benutzt er tatsächlich sehr häufig.
Das wichtigste Zubehör für Michael Kästner ist ein Stativ. Es muss schnell einsatzbereit und gleichzeitig stabil sein. Um rasch das Bildformat wechseln zu können, hat er sich einen L-Winkel zugelegt. Für Langzeitbelichtungen verwendet er einen Fernauslöser von Pluto Trigger.
„Erstaunlich ist, dass die Kleidung oft unterschätzt wird“, weiß der Fotograf. „Sich beim Shooting am Meer nasse Füße zu holen oder auf einer Fototour zu frieren sind richtige Genusskiller. Sie sind vermeidbar, wenn man sich wettergerecht kleidet. Hätten Sie gedacht, dass viele Fotografen meist ein paar Duschhauben im Gepäck haben? Die sind bei schlechtem Wetter enorm hilfreich und schützen die Kamera einfach und günstig vor Regen, Schnee oder Gischt.“
Wenn ich Nebel will, dann will ich diesen auch erleben und nicht künstlich erschaffen.
Bildbearbeitung
Wenn Michael Kästner mittels Grau- oder Polfiltern den Dynamikausgleich sowie spezielle Effekte wie ziehende Wolken oder einen sanften Wasserfluss bereits in der Kamera realisiert hat, benötigt er für die Bildbearbeitung nicht mehr viel Zeit. Manchmal ist sie sogar schon innerhalb weniger Minuten erledigt –. es sei denn, es müssen Bildfehler beseitigt werden.. Ab und zu nutzt der Fotograf auch Bearbeitungstechniken wie Stacking, Panorama oder Blending Und wenn beim Fotografieren die Gefahr besteht, dass ein Fußgänger durch das Foto läuft, kann beispielsweise mit einem ND1000 Graufilter und einer sehr langen Belichtungszeit, abhängig von den Lichtverhältnissen, vorbeugen, dass dieser auf dem Foto zu sehen ist. Liegt ein besonders schwieriger Fall von Bildbearbeitung vor, braucht es bisweilen mehrere Anläufe und nimmt einige Stunden in Anspruch. Aber selbst die aufwendigste Bildbearbeitung kann ein technisch fehlerhaftes Bild nicht wirklich retten: „Wer an der Location sauber arbeitet, hat später weniger Arbeit. Gelingt es mir mal nicht, die Stimmung einer tollen Landschaft rüberzubringen, verwerfe ich das Foto. Ich tausche keine Himmel aus und füge auch keine Bildelemente ein, denn das widerspricht dem Ansatz der Authentizität in meinen Bildern. Wenn ich Nebel oder faszinierenden Himmel will, dann will ich diesen auch erleben und nicht künstlich erschaffen.“
Da müssen Sie hin
Michael Kästner hat schon einige traumhafte Landschaften gesehen und fotografisch konserviert. Seine Reisetipps beinhalten nicht nur klassische Urlaubsziele wie die Kanarischen Inseln, die Dolomiten oder die Bretagne, sondern auch die Region direkt vor seiner Haustür. Im Harz und auch im nahegelegenen Elbsandsteingebirge ist er oft unterwegs. Auf seiner Reise-Wunschliste stehen trotzdem ebenfalls einige weiter entfernte Ziele, beispielsweise Kanada, Patagonien oder Neuseeland.
Meine Botschaft an alle Spothopper und Highspeedknipser: Entschleunigt euch mal.
Trotz all der Reiselust und der Freude an der Fotografie, beobachtet der Kästner schon seit einiger Zeit kritisch den Foto-Massentourismus und ruft zu mehr Individualität und einem freundlicheren Miteinander auf. „Meine Botschaft an alle Spothopper und Highspeedknipser: Entschleunigt euch mal. Genießt die Landschaft und seid mal ein bisschen kreativ. Respektiert die Natur und geht andere Wege als die, die euer Vorgänger schon platt getrampelt hat. Dann haben wir alle noch lange Spaß an unserem Hobby und der wunderbaren Faszination von stimmungsvollen Landschaften.“ //
- Die Kirche Maria im Berchtesgardener Land ist ein sehr beliebtes Motiv auf Social-Media-Kanälen. „Ich habe mich ganz bewusst für diesen Standpunkt entschieden, weil er nicht auf dem Wiesengrundstück des örtlichen Bauern liegt“, erzählt Kästner. // Sony α7RII, 55 mm, f/11, 20 s, ISO 100.
- „Der Klosterberg Mont-Saint-Michel in der Normandie gehört zum Unesco-Weltkulturerbe und ist ein Eldorado für Fotografen. Wer sich traut, seine Komfortzone zu verlassen und auch mit schlammigen Füßen kein Problem hat, kann hier bei Ebbe die Sandmuster und Priele nutzen, um einen interessanten Bildaufbau zu kreieren.“ // Sony α7RIII, 15 mm, f/9, 10 s, ISO 100.
- Obwohl es den ganzen Tag geregnet hatte, ist Michael Kästner abends noch einmal zum Bodensee gefahren, um eines der historischen Badehäuser zu fotografieren. Hier war es ihm besonders wichtig, keine zu lange Belichtungszeit zu erreichen, um die Strukturen in den Wolken zu erhalten. „Bei in den Himmel ragenden Objekten eignet sich ein nicht zu starker Medium-ND-Filter. Er ist im Bereich über dem Horizont nur leicht abgedunkelt und verhindert so ein ‚Überfiltern‘ des Bildes“, weiß der Fotograf. // Sony α7RIII, 15 mm, f/11, 6 s, ISO 100.
- Im portugiesischen Fischerdorf Carrasqueira findet man diese Stege. Wenn man wie Michael Kästner freundlich fragt, darf man hier auch fotografieren. // Sony α7RII, 1/160 s, ISO 100.
DIE AUSRÜSTUNG
- Sony α 7R III
- Festbrennweiten von Zeiss und Voigtländer
- Sein Lieblingsobjektiv: Voigtländer 10mm Hyperweitwinkel
- Filter von Kase und Haida
- Gitzo-Stativ mit einem Kopf von Novoflex
- F-Stop Rucksäcke
- Fernauslöser Pluto Trigger
- L-Winkel
- Stirnlampe
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