Rasante Motor-Action
Kraftvolle Motoren, protzige Heckspoiler und schnittige Karosserien – Patrizia Matzner liebt alles, was mit vielen PS auf der Straße liegt. Also hat sie ihr Hobby zum (Neben-)Beruf gemacht und fotografiert mit Leidenschaft Autos, Motorräder und Co.
von Benjamin Lemm © Fotos Patrizia Matzner
Liebe Patrizia, seit einigen Jahren fotografierst Du nebenberuflich PS-starke Fahrzeuge. Wie kam es dazu?
Angefangen habe ich zuerst mit Porträtfotos, die im Stil in die Richtung Fantasy gingen, weil viele Fotografen aus meinem Freundeskreis so etwas gemacht haben. Aber das war nichts für mich. Menschen sind mir einfach zu anstrengend. (lacht) Irgendwann hat mich mein Cousin gefragt, ob ich Fotos von ihm und seinem Auto machen könne. Ich wollte aber kein ganz normales Bild aufnehmen, also habe ich eine alte Signalfackel aus der Schifffahrt benutzt, um Rauch zu erzeugen und das Ganze ein wenig spektakulärer aussehen zu lassen. Dabei sind ein paar coole Fotos entstanden. Von da an war mir klar, dass ich das Thema weiter verfolgen möchte.
„Manchmal muss man einfach ein wenig experimentieren. Hier haben wir den Rauch auf unterschiedliche Art und Weise eingesetzt.“
Was gibt Dir die Fotografie?
Ich finde es toll, wenn ich meine Visionen Wirklichkeit werden lassen kann. Es ist einfach ein unbeschreiblich befriedigendes Gefühl, wenn man fotografiert und am Ende ein fertiges Produkt hat, das man sogar ausdrucken und an die Wand hängen kann. Außerdem lernt man viele coole Leute kennen und hat immer etwas zu erzählen. Es macht mich einfach glücklich!
Wer sind Deine Kunden?
Das sind hauptsächlich Leute, die diesen Auto- und Motorsport-Lifestyle cool finden – Menschen, die ihr Auto oder ihr Motorrad so lieben, dass sie Bilder davon haben wollen. Oft kommen meine Kunden zum Beispiel aus der Tuning-Szene. Aktuell habe ich außerdem einen Deal mit einem Autohaus: Ich darf jedes Auto, das ich möchte, zum Fotografieren ausleihen. Im Gegenzug bekommt das Autohaus die Fotos zur Verfügung gestellt und darf sie nutzen, um sich zu vermarkten.

„Der beste Stuntfahrer, den ich kenne! Selbst bei Regen fährt er souverän auf einem Rad.“
Wie gehst Du vor, wenn Du Autos fotografierst?
Zunächst mal spreche ich mit dem Besitzer des Fahrzeugs und versuche seine Beziehung zu seinem Auto zu verstehen und die Geschichte dahinter nachzuvollziehen. Ich stelle viele Fragen: Was ist für Dich das Wichtigste an Deinem Auto? Was gefällt Dir optisch am besten? In was hast Du am meisten Arbeit hineingesteckt? So kristallisiert sich ziemlich schnell heraus, worauf ich beim Shooting später meinen Fokus lege.
Natürlich schaue ich mir das Auto auch ganz genau an, betrachte die Formen und Linien und überlege mir, wie ich es am besten in Szene setzen kann.
Welcher Teil des Wagens ist dabei besonders wichtig?
Das ist von Auto zu Auto und von Besitzer zu Besitzer unterschiedlich. Es ist wirklich spannend zu beobachten, wie unterschiedlich die Wahrnehmung der Menschen ist. Letztens habe ich zum Beispiel den Audi einer Frau fotografiert und sie gefragt, was ihr an ihrem Auto am besten gefällt. Sie fand besonders das Heck sehr schön. Als ich dann nachgefragt habe, stellte sich heraus, dass es vor allem die Rückleuchten waren, die ihr so gut gefielen. Diese habe ich beim Shooting dann natürlich besonders in den Fokus genommen. Andere finden wiederum die Felgen oder die Kotflügel ihres Fahrzeugs sehr schön.
„Fotos von Motorradfahrern mache ich am liebsten mit Helm. So wirkt die Körpersprache auch noch einmal viel stärker. Dieses Bild ist der beste Beweis dafür.“
Was ist bei der Autofotografie sonst noch entscheidend?
Das Wichtigste ist, dass der Wagen vorher gewaschen wird, damit er beim Shooting gut aussieht. Besonders ein Fliegenfriedhof auf der Motorhaube oder Windschutzscheibe kommt auf Fotos einfach nicht gut und lässt sich in der Bildbearbeitung später auch nur sehr schwer beheben. Da ist es einfacher, zum Beispiel eine Delle in der Karosserie zu retuschieren.
Wie wählst Du Deine Locations für die Fotoshootings aus?
Wichtig ist vor allem, dass Location und Auto gut zueinander passen. Ein MINI Cooper zum Beispiel passt nicht auf eine Off-road-Strecke, eine Limousine wirkt besser im Industriegebiet und hat im Wald nichts verloren. Parkplätze wiederum passen eigentlich zu jedem PKW. Parkhäuser funktionieren auch immer gut. Manchmal haben meine Kunden auch schon eine Idee, wo sie ihr Fahrzeug abgelichtet haben möchten und dann machen wir das natürlich.
Gerade, wenn ich mit den Rauchbomben arbeite, muss ich natürlich bei der Wahl der Location sehr aufpassen. Dafür suche ich mir abgelegenere Orte, damit keiner die Feuerwehr ruft.
Was sind Deine persönlichen Lieblingsautos?
Ich bin ein großer Fan japanischer Automarken. Den Nissan GTR35 zum Beispiel finde ich ziemlich cool. Zum Fotografieren finde ich außerdem Muscle Cars sehr schön – zum Beispiel den Chevrolet Camaro – schon allein wegen der tollen Scheinwerfer.

„Abwärts. Parkhäuser passen einfach zu jedem Auto.“
Gibt es eine besondere Geschichte zu einem Foto?
Da gibt es so viele. Zum Beispiel ist mir unterwegs mal ein grüner Audi RS3 aufgefallen, den ich extrem spannend fand. Also bin ich hinter dem Auto hergefahren und habe den Fahrer dann, als er ausgestiegen ist, angesprochen und gefragt, ob ich sein Auto fotografieren darf. Der Mann war begeistert und stand dann 45 Minuten lang im strömenden Regen, damit ich die Fotos machen konnte. Echt ein cooler Typ!
Welche Tipps hast Du für andere Fotografen, die auch Autos und Motorräder fotografieren wollen?
Ich habe mal ein Seminar bei der Fotografin Tanja Brandt mitgemacht – dabei ging es um Tierfotografie. Ihr Tipp war, immer auf Augenhöhe mit den Tieren zu gehen. Genau das funktioniert auch bei Autos, nur dass die Augen eben die Scheinwerfer sind. Es klingt vielleicht komisch, aber ein Fahrzeug wirkt eben gleich viel besser, wenn man ihm direkt „in die Augen“ schaut.
Ansonsten ist mein Tipp: Lasst euch nicht von anderen reinschwatzen und habt Spaß, probiert auch mal was Neues aus. Mir hat mal jemand gesagt, dass ich die Autos in meinen Fotos auf keinen Fall „abschneiden“ soll, aber das ist Quatsch. Ich fotografiere oft so, dass nur das halbe Auto zu sehen ist – und so entstehen oft sehr coole Bilder.
„Ich bin leidenschaftliche Schlechtwetter-Fotografin. Regentropfen sorgen für tolle und einzigartige Bilder. Da lohnt sich das Nass werden!“
Welche Anpassungen nimmst Du bei der Bildbearbeitung vor?
In Lightroom entferne ich vor allen Dingen die Spiegelungen in den Fensterscheiben und der Karosserie. Außerdem entsättige ich die Umgebung meist etwas, damit das Fahrzeug stärker hervorsticht. In Photoshop bessere ich dann unschöne Stellen wie zum Beispiel Kratzer oder Unreinheiten aus und arbeite anschließend mit Dodge and Burn, um bestimmte Partien stärker zu betonen – noch ein Trick, den ich aus der Menschenfotografie übernommen habe.
Im Unterschied zur Porträtfotografie sollte man bei Autos und Motorrädern übrigens keine Angst vor dem Clarity-Filter haben. Dieser hebt Strukturen noch einmal stärker hervor und macht das Foto richtig schön knackig.
Welche Projekte hast Du Dir für die Zukunft vorgenommen?
Vor allen Dingen will ich weiterhin mit Leuten shooten, die mit ganzem Herz an ihrem Auto hängen und Freude an meinen Bildern haben. Außerdem würde ich gerne mal mit einer großen Automarke zusammenarbeiten. Cool wäre auch ein Shooting mit dem Falken Drift Team – vielleicht mit spektakulären Raucheffekten. Demnächst möchte ich außerdem auch Rolling Shots anbieten, also Fotos von fahrenden Autos aus dem Auto heraus. Du siehst, ich habe noch so einiges vor!
Vielen Dank für das Gespräch!
Patrizia Matzners Top-Tipps für die Autofotografie:
Tipp 1: Auto waschen
Das Wichtigste ist, dass das Auto für das Shooting sauber ist, denn Flecken und Schmutz lassen sich in der Nachbearbeitung nur sehr mühsam retuschieren und sehen einfach nicht gut aus.
Tipp 2: Die richtige Location
Wählen Sie eine Location aus, die zum Auto passt. Eine schicke Limousine macht sich in einem Offroad-Szenario weniger gut als zum Beispiel ein Geländewagen. Ein Motocross-Bike hingegen passt weniger in eine Familiensiedlung. Neutrale Locations, die zu fast jedem Gefährt passen, sind zum Beispiel Parkplätze oder Tiefgaragen.
Tipp 3: Fotos auf Augenhöhe
Ein Tipp aus der Porträt- und Tierfotografie: Gehen Sie auf „Augenhöhe“ mit dem Wagen. Die Augen des Fahrzeugs sind dabei die Scheinwerfer. So kommen die Formen des Autos besser zur Geltung.
Tipp 4: Der Blick fürs Detail
Konzentrieren Sie sich auf einzelne Details des Autos und setzen Sie diese fotografisch in Szene. Scheuen Sie sich nicht davor, Teile des Fahrzeugs abzuschneiden. Finden Sie heraus, welche Teile des Wagens besonders interessant sind.
Tipp 5: Dodge and Burn
Ein weiterer Tipp aus der Porträtfotografie: Auch Autofotos lassen sich mittels der Dodge and Burn-Technik aufwerten. Durch sie werden Formen und Strukturen noch stärker herausgearbeitet und die Fotos bekommen einen noch hochwertigeren Touch.
Patrizia Matzner
Patrizia Matzner (25) wohnt in Immendingen bei Trottlig am Bodensee und arbeitet als Sachbearbeiterin bei einer Medizinfirma. Seit zwei Jahren ist sie nebenberuflich als Fotografin mit Fokus auf die Auto- und Motorradfotografie tätig
Instagram: @triz.matzner
Hinterlasse einen Kommentar