Ralph Dubiels Fotografien wecken im  Betrachter Gefühle, die der Fotograf auch selbst beim Stöbern auf seiner Lieblingsplattform Tumblr verspürt: Sie geben Anstöße für Träume und verströmen eine Menge Melancholie.

Von Alena Schmidt

© Fotos BLAUELIEBE.

Düster, melancholisch, kalte Farben, nur ab und zu ein Hauch von Wärme und Freude – so präsentieren sich die Werke von Künstler Ralph Dubiel. „Aber ich kann von vornherein sagen, dass mein Künstleralias BLAUELIEBE. nichts damit zu tun hat, wie ich die Töne meiner Bilder wähle“, stellt der Fotograf aus Wetzlar schon zu Beginn klar.

Inspirations- und Stilquelle Tumblr

Ralph Dubiel war schon immer ein kunstvernarrter Mensch. Er fotografiert nicht nur digital, sondern seit Anfang letzten Jahres, nach knapp zehn Jahren Pause, wieder leidenschaftlich analog. Sowohl auf Chip als auch auf Film gestaltet er seine Fotos in einem „dreckigen“ Look. Dazu inspirierte ihn maßgeblich die Plattform „Tumblr“, auf der er in seiner Jugend viel unterwegs war: „Tumblr ist bis unters Dach gefüllt mit Inspiration, sei es in Form von Schrift oder Bild. Dazu kommen ein wenig Wunschdenken und eine Menge Melancholie.“

Ralph Dubiel aka BLAUELIEBE.

Ralph Dubiel hat gleich zwei abgeschlossene Berufsausbildungen: in den Bereichen Erneuerbare Energien und in der Heizung-/Sanitärtechnik. Er arbeitet und lebt in der schönen Leica-Stadt Wetzlar.

www.blaueliebe.de

Instagram: blaue.liebe

Aber nicht nur durch das Internet findet ein Fotograf zu seiner ganz eigenen Bildsprache, ist Ralph überzeugt. „Zum einen würde ich schon behaupten, dass der persönliche Stil eines Fotografen durch äußere Einflüsse entsteht“, erklärt er uns nachdenklich. „Zum anderen denke ich, dass durchaus auch persönliche Erlebnisse und Ereignisse im Leben dabei eine große Rolle spielen, wie man sich in der Kunst ausdrückt.“ Ralph erzählt mir, dass er weiß, wie es ist nichts zu haben, wenn jedes bisschen zählt. Dies zeigt sich bei seinen Werken darin, dass er stets versucht, mit nichts alles zu erreichen. Denn als Fotograf – oder auch allgemein als Künstler – muss man nun mal mit dem arbeiten, was man hat.

Puzzle Mensch

Ein Merkmal von Ralphs Fotos ist der Einsatz von Spiegeln und Reflexionen. Sie sind für ihn mehr als nur ein Stilmittel: „Spiegel und Reflexionen sind eine Visualisierung dessen, was ich bei Menschen nur schwer wahrnehmen kann. Ich habe tatsächlich ein Problem damit, andere Menschen zu deuten und meist fehlt mir ein Teil des Puzzles ‚Mensch‘.“ Ein durch die Spiegelung besonders interessantes Foto ist beispielsweise das von Leonie auf Seite x. Hier hat Ralph nicht mit dem aktuell sehr beliebten Hilfsmittel Prisma gearbeitet, um den spiegelnden Effekt zu erzeugen, sondern mit  einer simplen Glasscheibe. Bei einem Prisma gibt es drei reflektierende Seiten, die nur schwer zu kontrollieren sind. Für „cleane“ Aufnahmen ist eine einzige spiegelnde Fläche besser geeignet.

No retouch

Auf Ralph Dubiels Instagram-Seite steht „no retouch“. Ich wollte natürlich wissen, was es damit auf sich hat. Seine Antwort: Er hat, wie wahrscheinlich die meisten People-Fotografen, eine sehr lange Zeit Aufnahmen retuschiert und an den vermeintlichen Problemzonen der Menschen „herumgewerkelt“, wenn sie ihn darum gebeten haben. Aber irgendwann hatte er schlichtweg keine Lust mehr dazu. Als im letzten Jahr dann die Analogfotografie nach und nach wieder an Priorität gewann, war die Sache für ihn ganz erledigt, denn er besitzt nicht das komplette Zubehör, um Abzüge in der Dunkelkammer zu retuschieren. Im Grunde verschwinden kleinere Hautunreinheiten während des ganzen Entwicklungsprozesses von selbst. Nebenbei kann er sich so viel besser auf die Ausarbeitung des eigentlichen Bildlooks konzentrieren. Und schon alleine die Wahl des Films oder des Entwicklers kann die Wirkung des Fotos gewaltig beeinflussen.

„Das stundenlange Sitzen vorm Monitor, um Menschen zurechtzumachen, damit sie irgendwelchen Idealen entsprechen, ist eigentlich gewaltiger Humbug.“

Ein großartiges Beispiel für den Effekt eines Films auf den Bildlook ist übrigens das Foto von Milena auf Seite xx. „Ich habe damals auf dem Gallusmarkt in Wetzlar zum ersten Mal den Film ‚Cinestill 800‘ ausprobiert“, erklärt Ralph. „Dieser Film basiert auf dem Kodak Vision3-Material, kann allerdings – anders als das Originalmaterial – durch eine Vorbehandlung zur Entfernung der Lichthofschutzschicht ganz normal in C41 entwickelt werden. So werden die Farben kräftiger und verfälschen leicht.“

B&W

Normalerweise konzentriert der Fotograf sich jedoch eher auf seine geliebten kühlen Töne und düsteres Schwarz-Weiß. Meist läuft im Bearbeitungsprozess der Farbaufnahmen alles über die Korrekturen der Farben selbst, das heißt der Weißabgleich und die Farbkalibrierung sind die wichtigsten Parameter. Die meisten der Schwarz-Weiß-Aufnahmen sind zwar auf Film entstanden, doch Ralph verrät uns: „So etwas wie einen bestimmten ‚Filmlook‘ gibt es tatsächlich gar nicht. Der ‚Look‘ entsteht durch die Wahl des Films, dadurch, wie man ihn belichtet, durch den Entwickler und insbesondere die Entwicklung als solche.“ Korrekturen wie Helligkeit, Lichter, Schattenzeichnung und Kontrast, die Ralph digital vornehmen kann, legt er bei der analogen Fotografie durch seine Arbeitsweise fest. Der markanteste Unterschied: Auf einem Film ist die Bearbeitung nicht reversibel und „versauter Film ist versauter Film – damit muss man dann arbeiten“. Bei der Entwicklung von Schwarz-Weiß-Filmen arbeitet Ralph mit einem Feinkornentwickler namens 510-Pyro. Diesen lässt Ralph sogar extra herstellen, da es ihn nicht zu kaufen gibt. Laut Ralph bildet der Entwickler einen Farbstoff, der sich zwischen die Filmkörner legt und es quasi miteinander verbindet und so verschwinden lässt. Auf diese Weise entstehen besonders kornarme Aufnahmen. Allerdings kann man den Entwickler natürlich auch nutzen, um den gegenteiligen Effekt zu erzielen und wahre „Kornwüsten“ zu produzieren.

Die Basics

Für einen Film-Anfänger sind das sicher schon viele, teils sehr detaillierte Infos. Deswegen haben wir Ralph Dubiel auch gefragt, welche drei Tipps er einem analog-interessierten Fotografen für einen guten Start mitgeben würde. Hier seine Antworten:

  1. „Bringen Sie genug Geld mit. Die analoge Fotografie kann unter Umständen teuer werden und es ist nicht zielführend, wenn man aufgrund von Geldmangel die Filme durch die billigste Entwicklung und Verarbeitung verschwendet.“
  2. „Das Produkt ist immer nur das, was man daraus macht.“ Der Kleinkrieg zwischen der analogen und der digitalen Fotografie nervt Ralph sehr. Die Annahme, dass analoge Fotografie zwingend entschleunigt, hält er für unbedacht, denn man kann auch digital bedacht arbeiten oder „an einer Filmkamera 36 Bilder auf Dauerschuss durchziehen“.
  3. „Eine passende Belichtungsmessung ist die halbe Miete. Das Zonensystem empfindet der Fotograf als unglaublich hilfreich, denn durch falsche Belichtung oder Entwicklung verlorene Informationen sind für immer weg. Kaufen Sie sich beispielsweise einen günstigen gebrauchten, aber unbedingt geprüften Belichtungsmesser oder nutzen Sie Apps wie ‚Lightmeter‘.“

Umsetzbare Tipps, die beim Start in die analoge Fotografie helfen sind das eine, anregende (Vor-)Bilder, die auf eindringliche Weise Gefühle von Träumen und Melancholie vermitteln, sind das andere, was Ralph Dubiel Fotoenthusiasten mit auf den Weg geben kann. //

Die Ausrüstung

  • Digital: Sony Alpha 7 II + FE 50mm f/1.8
  • Analog, Kleinbildformat: Canon AE1 Program + 50mm f/1.4, 28mm f/2.8, 35-70mm f/2.8-3.5
  • Analog, Mittelformat: Kiev 60, Kiev 6c mit Prismensucher und Lichtschacht, MIR26b 45mm f/3.5, ARSAT-C 80mm f/2.8, Zeiss Biometar 120mm f/2.8
  • Farbige Filter