Der Fotograf Thomas Nühnen hat uns erklärt, wie er seine schwarz-weißen Kunstwerke in Photoshop gezaubert hat und woher diese kontrastreiche Idee stammt.
Von Alena Schmidt
© Fotos Thomas Nühnen
In einem Fotobuch über die „Meisterwerke der Fotografie“ entdeckte Thomas Nühnen vor kurzem die „Photogenen Zeichnungen“ von William Henry Fox Talbot wieder und fühlte sich direkt in die Zeit seiner ersten Gehversuche mit Fotogrammen in der Dunkelkammer zurückversetzt. Damals hatte er Gegenstände auf Fotopapier drapiert und das Papier anschließend unter dem Vergrößerungsgerät belichtet. „Herausgekommen sind kontrastreiche Abzüge, die von der grafischen Darstellung der Formen und Linien leben“, erzählt Thomas. „Eine Technik, die heute leider in Vergessenheit geraten ist.“ Und so entschloss er sich, diesen Effekt in seiner digitalen Dunkelkammer wieder aufleben zu lassen.
Digitale Dunkelkammer
Heute setzt der Fotograf seine schwarz-weißen Werke mit Photoshop um. Das funktioniert natürlich auch mit jedem anderen Bildbearbeitungsprogramm. Um die gewünschten Ergebnisse zu erhalten, wandelt Thomas Nühnen Farbbilder, die bereits aus Linien, Formen und Flächen bestehen, zuerst in Schwarz-Weiß-Graustufen um. Danach wählt er einen Teil des Bildes mit dem Ausschnittwerkzeug aus und invertiert es anschließend. Um für Sie den Prozess zu veranschaulichen, haben wir den gesamten Vorgang für Sie in Screenshots festgehalten, die Sie auf Seite xx sehen. Zuletzt erledigt Thomas die Feinabstimmung des Kontrastes durch die Reduzierung unnötiger Graubstufen und gibt dem Bild so den letzten Schliff. „Der Betrachter wird von der Umkehrung einzelner Bildteile anfangs irritiert. Was ist Original und was nicht?“, erklärt der Fotograf.
Die Technik ist für Anfänger und für Fortgeschrittene leicht umzusetzen und lässt sich, so Thomas, auch auf ganz unterschiedliche Motive übertragen. Wenn man den Trick einmal raus hat, dann liegt der Zeitaufwand pro Foto bei nur einer Minute. Und worauf sollte man bei der Bildauswahl achten? Die besten Ergebnisse erzielte Thomas bisher mit Motiven, die aus vielen Formen und Linien bestehen – besonders geeignet sind Architekturaufnahmen und Pflanzendetails.
Konzeptarbeit
Nicht nur bei diesen schwarz-weißen Kunstwerken, sondern auch generell versucht Thomas Nühnen in der Fotografie konzeptionell und in Serien zu denken. Meist fängt eine Serie mit einem Einzelbild an und wird dann weiterentwickelt. Auf der einzelnen Aufnahme baut sich dann der Rest der Serie auf. Um eine Serie weiterzuentwickeln, stellt der Fotograf sich beispielsweise die Fragen, welche Motive sich wohl noch eignen würden oder ob eine Erhöhung der Sättigung das Ergebnis fördere oder es eher ablenkt. Letztendlich setzt Thomas sich aber nicht unter Druck und lässt Projekte auch gerne mal ruhen, bis es einen Moment des „Flow“ gibt, der die kreative Arbeit fast wie von alleine vorantreibt.
Für die Zukunft hat der Sales Agent bereits ein weiteres fotografisches Serienprojekt geplant. Dabei handelt es sich um ein Porträt-Projekt mit Menschen aus der Nachbarschaft oder aus Vereinen – ganz schlicht und einfach mit einfarbigem Hintergrund. Davor soll jeweils eine Person mit einem typischen „Arbeitsgerät“ ihres Hobbys stehen oder sitzen. „Doch leider wird es immer schwieriger, solche Projekte umzusetzen“, erzählt Thomas. „Die DSGVO und die ‚schwarzen Schafe‘ unter den Fotografen, die teilweise verantwortungslos mit Bildmaterial umgehen, haben viel kaputt gemacht. Viele Menschen haben Bedenken, wenn sie fotografiert werden sollen.“
Wie alles begann
Früher, als Thomas während seiner Schulzeit zur Foto-AG fand, war das noch etwas einfacher. Seine Freunde machten alle Musik und er machte die Bilder. Gleich die erste Einsendung eines Konzertfotos an eine Fotozeitschrift wurde publiziert – da war die Freude riesig groß und die Leidenschaft des – damals noch – Nachwuchskünstlers geweckt. Die Begeisterung war so groß, dass Thomas Nühnen daraufhin sogar eine klassische Ausbildung zum Fotolaboranten absolvierte. Später kamen noch der Abschluss als Fotograf und der als Bürokaufmann dazu. Zwischendurch arbeitete er als Konzert-, Celebrity- und Stockfotograf, heute verdient er sein Geld als Sales Agent eines Objektivherstellers.
Trotz seines engen Bezugs zur Technik hinter der Fotografie, ist die Kamera für Thomas Nühnen eigentlich Nebensache: „Es muss nicht immer das Neueste und Teuerste sein“, erklärt er. „Leichtes Equipment ist mir wichtiger. Ich belaste mich nicht gerne mit viel Gewicht – das finde ich hinderlich. Die beste Kamera nutzt nichts, wenn sie zu Hause liegt. Daher lege ich mich auch nicht so sehr auf ein bestimmtes System fest.“
Und das beweist er auch direkt – denn Thomas Nühnens Bilder sind alle fantastisch, egal ob er sie mit seiner Nikon, Canon, Olympus, Ricoh oder Sony aufgenommen hat.
Thomas Nühnen
Die Fotografie begleitet den in Troisdorf lebenden Sales Agent Thomas Nühnen schon seit der Foto-AG in der Schule.
Instagram: nuehnenfoto
Webshop: pictrs.com/nuehnenfoto
Die Ausrüstung
- Nikon D7100, D80, F90
- Canon EOS 1300D
- Olympus OM-D E-M10
- Ricoh GR-II
- Sony Alpha 7 II, NEX-5
- diverse Zoomobjektive und Festbrennweiten von 17 bis 200mm
- bei schwachem Licht & im Studio: Dreibein-Stativ
- für Stillleben & Porträts: Speedlights
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