Thomas Ruf betreibt Fotografie mit besonderer Leidenschaft und großem Aufwand.

Auch wenn sein fotografisches Schaffen breit gefächert ist, so sind es vor allem Naturaufnahmen, die ihn faszinieren. Seine Lieblingsmotive sind oft nur wenige Zentimeter groß und wachsen überwiegend zur eher nassen Jahreszeit auf Waldböden – willkommen in der magischen Welt der Pilze.

Von Wolfgang Baus © Fotos von Thomas Ruf

Thomas Ruf, in Bern aufgewachsen, lebt heute als selbstständiger Ingenieur in Basel. Berufsbedingt ging er mit einer analytischen Betrachtungsweise an die Fotografie heran und überließ die Entwicklung seines Bildstils nicht dem Zufall. Auch wenn er heute auf einem sehr hohen Niveau fotografiert, ist es ihm wichtig, sich ständig weiterzuentwickeln. Durch seine berufliche Tätigkeit nimmt die Bildbearbeitung einen wichtigen Teil der Bildentstehung ein. Wobei er Aufnahmen nicht verfremdet, sondern eher so bearbeitet, wie er es früher auch schon in der Dunkelkammer tat. Neben den Pilzen ist auch sein breites Portfolio im Makrobereich und an Naturaufnahmen absolut sehenswert. Sein Wissen gibt er auch gern in Workshops weiter.

https://www.thomas-ruf.ch/

Thomas Ruf

Der in der Schweiz lebende Fotograf Thomas Ruf (www.thomas-ruf.ch) fing im Alter von 28 Jahren an ernsthafter zu fotografieren. Wie so oft bei Seiteneinsteigern, kam auch ihm sein beruflicher Werdegang zugute. Als Vermessungsingenieur mit dem Spezialgebiet Photogrammetrie konnte er viele technische Grundlagen für seine Fotografie mitnehmen. Schon damals fand er viele Motive in der Natur, auf Reisen, aber auch in Städten.

Zunächst fotografierte er sehr anspruchsvoll mit einer Analogkamera und Kodachrome-Material, lernte aber später die Vorteile der Digitalfotografie kennen.Sie ermöglichte ihm, wie vielen anderen Fotografen auch, eine deutlich professionellere Arbeit. Nicht zuletzt dank seiner Freude am Lernen konnte er durch die Digitaltechnik sich und seine Lichtbildkunst viel schneller weiterentwickeln als es mit der analogen Technik möglich gewesen wäre.

Das fotografische Portfolio von Thomas Ruf ist auch heute noch weit gefächert. Im Fokus steht aber überwiegend die Naturfotografie. Sie bildet einen wichtigen Ausgleich zu seinem Arbeitsalltag. Und so widmet er seine freie Zeit oft seinen Lieblingsmotiven. Als er vor rund zehn Jahren mit seinem Projekt „Magische Welt der Pilze“ begann, geschah dies noch eher unkoordiniert, es lief quasi nebenher. Zunächst entstanden die Bilder vom Herzen gesteuert und aus dem Bauch heraus. Dies jedoch reichte ihm nach kurzer Zeit nicht mehr.Seine Prägung als Ingenieur sollte sich schon bald in seiner Fotografie widerspiegeln. Denn er vermisste den roten Faden in seinen Aufnahmen. Deshalb analysierte er sie, um schließlich seinen eigenen und unverwechselbaren Bildstil zu entwickeln. Sein Ziel ist es nicht, wissenschaftliche Pilzbilder zu machen. Thomas Ruf versucht vor allem, die Ästhetik und das Geheimnisvolle dieser uns so unbekannten Welt in seinen Fotos einzufangen. In diesem Sinne ist der Weg in sein Stammrevier, ein nahegelegener Wald, immer auch eine kleine Märchenreise. Dann begibt er sich in die magische Welt der Pilze. Er entdeckt beim genauen Hinsehen, versteckt, irgendwo hinter Bäumen und verdeckt von Laub, tief im Unterholz die kleinen Gewächse mit ihren lustigen und oft farbigen Hüten. Und wenn die Pilze wie Familien in Gruppen zusammenstehen, kann es passieren, dass er das Gefühl bekommt, dass sie miteinander reden und sich insgeheim einen Spaß daraus machen, sich vor dem Pilzsammler mit der Kamera zu verstecken. Aber ihm entkommt keiner so leicht. Im Laufe der Zeit hat er ein Gefühl dafür entwickelt, wann und wo mit welchen Pilzen zu rechnen ist. Weil Thomas Ruf immer andere Wege zwischen früheren Fundstellen wählt, kommen auch stets wieder neue dazu.

Wie in anderen Motivwelten auch, ist es in der Pilzfotografiewichtig, eins zu werden mit seinen Motiven. Das gelingt besonders gut, wenn man die Orte gut kennt und sich ganz auf sein Motiv konzentrieren kann. Und so zieht es Thomas Ruf immer wieder in „seinen“ kleinen Wald nur wenige Kilometer von seinem Wohnort entfernt. Mit großer Ausdauer geht er die gleichen Wege. Nicht zuletzt aufgrund seiner langjährigen Erfahrung als Wanderer und ehemaliger Orientierungsläufer ist er inzwischen in der Lage, die Natur zu lesen. Er weiß sehr gut, welche Umstände und welche Bedingungen gegeben sein müssen, damit seine Motive wachsen können und wo er diese finden kann. Dabei ist schlechtes Wetter für ihn die beste Voraussetzung für gute Shootings. Sonnenlicht und Schatten würden nur stören. Deswegen mag er es gern wolkig, neblig und am liebsten noch kombiniert mit leichtem Regen. Mit diesen Zutaten gelingen ihm Aufnahmen, die einen einzigartigen mystischen Eindruck vermitteln. Natürlich gehören auch Glück und Zufall dazu, damit er im Gestrüpp oder unter Laub versteckt seine Motive findet. Entsprechend gibt er uns auf die Frage , wo man denn die tollen Gewächse finden könnte, den Rat, immer wieder genau hinzuschauen.

Wenn er fündig geworden ist, besteht die Herausforderung darin, die Fundstücke in ein besonderes Licht zu setzen. Da Pilze ja eher an dunklen und schattigen Orten wachsen, nutzt er als einziges Hilfsmittel Reflektoren, um vorhandenes Licht zu bündeln und für die Beleuchtung seiner Motive zu nutzen. Wem das zu viel Aufwand ist, kann zu kleinen LED-Leuchten greifen, die nur wenig Platz in der Tasche einnehmen und für ausreichend Licht im Nahbereich sorgen. Und dann kommen wir auch schon zur Kamera. Obwohl die Technik eher zweitrangig ist, muss sie zuverlässig und wetterfest sein. Daher hat Thomas Ruf sich für eine Pentax K-1 Mark II mit einem 100 mm Makro-Objektiv entschieden. Wer die Bilder von ihm sieht, erkennt diese Magie, die sich aus dem scharfen Motiv und dem unscharfen Vorder- und Hintergrund ergibt. Dieses Spiel mit der Schärfentiefe ist einer der Gründe, warum Ruf sich für eine Digitalkamera mit Kleinbildsensor entschieden hat. Je nach Situation wählt er eine geringe Schärfentiefe und nutzt dafür eine eher offene Blendenöffnung. Im Gegensatz zu kleineren Sensoren kann er unabhängig von Beugungsunschärfen, die bei kleinen Sensoren in Verbindung mit kleinen Blenden auftreten, die Blendenreihe vollständig für eine maximale Schärfenausdehnung nutzen. Dabei ist es ihm wichtig, dass er auf den vordersten Punkt des Pilzkopfes scharfstellt und nicht etwa auf den Stiel, was zu Unschärfe führen würde.

Nicht weniger wichtig ist ein Klappdisplay. Da er oft in Bodennähe arbeitet, ist das ein unerlässliches Hilfsmittel. Pilze sind im Unterschied zu Blumen nicht windanfällig und eher unkritisch im Hinblick auf die Belichtungszeit. Ruf benutzt für die notwendigen, längeren Verschlusszeiten grundsätzlich ein Stativ mit Fernauslöser, um mit ISO 100 für geringes Bildrauschen zu sorgen.

Auch für den meist extrem niedrigen Standpunkt ist ein Stativ unerlässlich. Dabei muss es nicht besonders groß, aber stabil sein. Denn auf der Suche nach der „Sahneseite“ des Pilzes, kann es notwendig sein, den Standpunkt mehrmals zu verändern, bis der optimale Aufnahmepunkt gefunden ist. Da es oft ein wenig „Fummelarbeit“ ist, so in Bodennähe, bieten sich auch kleine Bohnensäcke als Hilfsmittel an (im Handel erhältlich), um die Kamera sehr gut auszurichten und eine ruhige Auslösung zu ermöglichen.

Die Bildnachbearbeitung beginnt schon bei der Aufnahme

Zurück von der Fotoexkursion beginnt der zweite Teil seiner Arbeit – die Bildentwicklung. Hierbei liegt es Ruf fern, die Fotos zu verfremden oder Effekthascherei zu betreiben. Es geht ihm darum, das Optimale aus seinen Bildern herauszuholen. Er begibt sich mit Adobe Lightroom in die digitale Dunkelkammer, in der er die RAW-Aufnahmen entwickelt. Hierbei arbeitet er das Motiv aus, um die Stimmung und die Farben bestmöglich wiederzugeben. Schon bei der Aufnahme achtet er auf das Histogramm, damit auch in den hellen Pilzköpfen die Zeichnung abgebildet wird. Die mittleren und dunklen Bildbereiche können möglicherweise bei der Aufnahme etwas untergehen; dies kompensiert er aber einfach in der RAW-Entwicklung.

Am Rechner sind es dann nur wenige Handgriffe und Regler, die seine Bilder so einmalig machen. Im Wesentlichen nutzt er die Werte für Lichter, Tiefen, Weiß und Schwarz, um seine Aufnahmen auszuarbeiten. Dabei wird er auch in seinen Workshops nie müde zu betonen, dass jede Verbesserung eines Bildbereiches anderswo im Foto eine Verschlechterung bewirkt. Also aufgepasst: Oft ist weniger mehr.

Eine wichtige Grundlage seiner Arbeit ist die Option, auf den größtmöglichen Datenumfang zurückzugreifen. Hierfür ist es wichtig, mit RAW-Daten zu arbeiten. Im Gegensatz zu JPEG-Bilddateien sind die Bildinformationen noch nicht durch Kameraautomatiken interpretiert und liegen im Original vor. So lassen sich die Aufnahmen viel besser bearbeiten.

Am Computer erhalten Rufs Bilder schließlich den letzten Schliff, bevor sie den Weg zur Veröffentlichung finden. Diesen Schritt halte ich für alle Fotografen für enorm wichtig. Denn die großen Bilder, die man an Wänden betrachten kann, machen den Unterschied zu den oft flüchtig aufgenommenen Smartphone-Fotos aus. Da ist es nicht verwunderlich, dass Rufs alljährlich erscheinender Kalender mit Pilzmotiven einen so großen Abnehmerkreis findet. Denn inzwischen hat er viele Menschen hineingezogen in dieses Abenteuer rund um die Magie des Waldes.

Für Thomas Ruf hat sich die Beschäftigung mit den Pilzen schon längst auf seine anderen Motivwelten ausgewirkt. Auch hier gelten seine Ratschläge: Je tiefer man sich in die Materie einarbeitet und je mehr man sich mit seinen Motiven auseinandersetzt, desto einfacher gelingt es, einzigartige Bilder zu erstellen und sie zu etwas Besonderem zu machen.

Das Wichtigste ist aber seine Botschaft: Geh raus und entdecke die Umgebung vor der Haustür. Es hilft nicht nur, den Alltag zu vergessen und auf andere Gedanken zu kommen. Genaues Hinsehen erweitert auch den fotografischen Horizont …