SCHARFMACHER
Mit dem neuen lichtstarken Porträtobjektiv EF 85mm f/1.4L IS USM hat Canon die Lücke zwischen den Oldtimern EF 85mm f/1.8 USM und EF 85mm f/1.2L II USM geschlossen. Das Warten hat sich gelohnt.
VON HANS-GÜNTHER BEER
© ALLE FOTOS CHRISTINA KANIA, HANS-GÜNTHER BEER
Lange mussten sich Canon-Fotografen, die ein lichtstarkes und bezahlbares 85er suchten, bei Fremdherstellern wie Sigma oder Tamron bedienen. Und das zur großen Zufriedenheit und ohne jegliche Qualitätseinschränkungen. Im Gegenteil, sowohl das Tamron SP 85mm F/1.8 Di VC USD, das sogar mit einem eingebauten Lensshift- Bildstabilisator ausgestattet ist, als auch das Sigma 85mm F1,4 DG HSM Art überzeugen mit exzellenter Schärfe und sehr guter Verarbeitung sowie überragendem Preis-Leistungs-Verhältnis. Einzige Einschränkung: Das Tamron besitzt „nur“ eine Lichtstärke von f/1.8 statt f/1.4 und das Sigma kommt ohne Bildstabilisator. Sozusagen das Beste von beiden Objektiven vereint das neue EF 85mm f/1.4L IS USM (UVP 1.599 Euro) in einem Objektivbody, der mit seinem charakteristischen roten Ring seine Zugehörigkeit zum L-Club signalisiert. Wie alle Canon- L-Objektive neuerer Bauart, ist das EF 85mm f/1.4L IS USM außerordentlich gut verarbeitet, liegt wertig und solide in der Hand und balanciert mit seinem Gewicht von knapp einem Kilogramm die EOS 5D-Modelle perfekt aus. Objektivbody und Bajonett sind gegen Staub und Spritzwasser gedichtet, das Filtergewinde hat einen Durchmesser von 77 Millimetern und die Naheinstellgrenze liegt bei klassenüblichen 85 Zentimetern. Der Fronttubus ist stoßabsorbierend konstruiert und soll laut Canon so manchen Knuff wegstecken können. Das Objektiv ist aus 14 Linsen in zehn Gruppen aufgebaut, davon eine asphärische Linse. Die neuartige ASC-Vergütung (Air Sphere Coating) soll die Abbildungsqualität zusätzlich verbessern und ist Teil einer Mehrschichten-Technologie, die herkömmliche Antireflex-Vergütung mit einer Beschichtung für einen niedrigen Brechungsindex kombiniert und dadurch Linsenreflexionen und Geisterbilder minimieren soll.

Bei Offenblende ist die Schärfentiefe so gering, dass selbst das Freistellen nahe beieinanderliegender Objekte mühelos gelingt. Das Bokeh ist weich und harmonisch.
Autofokus und Bildstabilisator
Der optische Vier-Stufen-Bildstabilisator des EF 85mm f/1.4L IS USM arbeitet sehr effektiv, schnell und leise. Vier Belichtungsstufen kompensiert er locker, sodass mit einer EOS 5D Mark IV Belichtungszeiten von 1/15 Sekunde für knackscharfe Fotos ohne Probleme machbar waren. Auch beim Fokussieren verhält sich das neue 85er so, wie man es von einem modernen Spitzenklasseobjektiv erwartet. Der Autofokusantrieb arbeitete im Test extrem schnell und zuverlässig. Der Fokus saß immer sofort auf dem Punkt – Fokuspumpen trat nie auf.
Chromatische Aberration, geometrische Verzerrungen und Vignettierung
Das Objektiv zeigte bei Offenblende an glänzenden metallischen Objekten ganz leichte violette Farbsäume. Geometrische Verzerrungen traten, wenn überhaupt, nur minimal auf. Bei genauem Hinsehen war allenfalls ein Hauch von kissenförmiger Verzerrung feststellbar, der in der praktischen Fotografie überhaupt keine Rolle spielt. Die Vignettierung bei Offenblende war minimal und nach Abblenden auf f/2.8 gänzlich verschwunden.
Bildschärfe
Die Schärfe erreichte schon bei Offenblende in der Mitte und an den Bildrändern ein sehr hohes Niveau (9/8,5 Punkte). Abblenden auf f/2.8 steigerte die Schärfe in der Mitte und an den Bildrändern auf überragende Werte. Ab Blende f/4 erreichte das neue EF 85mm f/1.4L IS USM mit 10 Punkten (siehe Steckbrief) problemlos das Niveau eines Zeiss Otus. Erst ab Blende f/16 waren die ersten Anzeichen einer Beugungsunschärfe erkennbar, die Blende f/22 ist für die anspruchsvolle Fotografie nicht zu empfehlen.
Bokeh
Das EF 85mm f/1.4L IS USM lieferte bei Offenblende ein traumhaft duftiges, weiches Bokeh. Das Objektiv ist in der Lage, Personen oder Gegenstände vor einem diffus-harmonischen Hintergrund wunderbar freizustellen und erfüllt auch in dieser Disziplin höchste Ansprüche eines Porträtfotografen.
Fazit
Mit dem EF 85mm f/1.4L IS USM hat Canon eine überragendes 85-Millimeter- Objektiv auf den Markt gebracht, das knackscharfe Aufnahmen schon bei Offenblende in der Bildmitte und leicht abgeblendet auch in den Bildecken liefert. Der hervorragende Bildstabilisator sorgt dafür, dass dies auch bei wenig Licht aus der Hand möglich ist.
Canon EF 85mm f/1.4L IS USM
Hersteller Canon
Vertrieb www.canon.de
Preis [UVP] 1.599 €
Technische Daten/Ausstattung
Objektivtyp Festbrennweite
Objektivbajonett Canon EF
Brennweite, Lichtst. 85 mm, f/1.4
Linsen/Gruppen 14/10
kleinste Blende 22
abgedichtetes Bajonett ja
spritzwassergeschützt ja
Autofokus ja
Bildstabilisator ja
Innenfokussierung ja
Naheinstellgrenze 85 cm
Blendenlamellen 9
Filterdurchmesser 77 mm
Gegenlichtblende ja
Objektivtasche ja
Abmessungen (Ø x H) 85 mm x 105 mm
Gewicht 970 g
Testergebnisse (max. 10 Punkte)
geom. Verzeichnungen 9
chrom. Aberration 9
Schärfe* (Canon EOS 5DSR) | Mitte /Ecken |
---|---|
f/ 1.4 | 9/8,5 |
f/ 2.0 | 9/8,5 |
f/ 2.8 | 9,5/9 |
f/ 4.0 | 10/10 |
f/ 5.6 | 10/10 |
f/ 8 | 10/10 |
f/ 11 | 10/10 |
f/ 16 | 9/9 |
f/ 22 | 7,5/7,5 |



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