Die Referenz

Canons Vollformat-Pixelriesen EOS 5DS und 5DS R definieren das Thema Auflösung neu. Wir haben das Potential dieser Kameras mit den derzeit besten Objektiven ausgelotet.

VON HANS-GÜNTHER BEER © ALLE FOTOS HANS-GÜNTHER BEER

Kaum eine Kamera-Neuerscheinung – vielleicht abgesehen von dem der Sony α7-Serie – hat in den letzten Jahren für so viel Diskussionsstoff gesorgt und wurde in den Fotoforen so ausgiebig behandelt, wie die neuen 50 Megapixel-Boliden von Canon. Fakt ist, die Canon EOS 5DS und 5DS R bieten mit 50,3 Megapixel die derzeit höchste Auflösung unter den Vollformatkameras und liegen in Sachen Auflösung oberhalb einer Leica S und gleichauf mit einer Pentax 645Z. Eine EOS 5DS steht mit 3.500 Euro in der Preisliste, eine 5DS R mit 3.700 Euro. Unterschied: Die 5DS R kompensiert trickreich den Einfluss des Tiefpassfilters, den das Schwestermodell besitzt. Theoretischer Vorteil des R-Modells: das Auflösungsvermögen des Sensors soll voll ausgenutzt werden, davon sollten vor allem Mikrostrukturen im Foto profitieren. Nachteil: Es können Moiré-Effekte auftreten, also Streifen im Foto bei feinen Mustern wie Drahtgittern und dergleichen. Auch die Herkunft dieses Sensors wird im Netz heftig diskutiert. Als Favorit wird derzeit Fujifilm gehandelt, Canon selbst schweigt sich zu dem Thema aus. Doch welche Objektive können das hohe Auflösungsvermögen dieser Kamera tatsächlich kompromisslos bedienen? Was ist beim Fotografieren mit den Neuen zu beachten, lohnt der Aufstieg beispielsweise von einer 5D MK III und für welche Art der Fotografie eignen sich die Pixelmonster eigentlich? Um diesen Fragen nachzugehen, haben wir die derzeit besten Objektive für das Vollformat an den neuen EOS getestet, die Zeiss Otus- Objektive 1.4/55 und 1.4/85 und außerdem das krachneue EF 11-24mm f/4L USM, das laut Canon als erstes EFObjektiv für die neuen 50 Megapixelkameras entwickelt wurde. Auch haben wir schon mal einige hochdekorierte Objektive der Sigma-Art-Serie im Labor von Trust Your Eyes getestet sowie weitere EF-Objektive aus dem Fundus. Mehr darüber in den nächsten Ausgaben. Die Gehäuse der beiden Neuen ähneln dem der EOS 5D MK III wie ein Ei dem anderen. Sie besitzen ebenfalls einen großen Schwingspiegel, der beim Auslösen einen, wenn auch durch entsprechenden Konstruktionsaufwand sehr gedämpften Spiegelschlag verursacht. Die dadurch entstehenden Vibrationen verbieten lange Verschlusszeiten aus der Hand. Ganz abgesehen davon, dass selbst mit einem Normalobjektiv vom Schlage eines Otus 1.4/55, mit mehr als einem Kilogramm Gewicht ein echter Kaventsmann, der viel Ruhe und Stabilität mit sich bringt, Belichtungszeiten von 1/50 Sekunde ohne Stativ völlig illusorisch sind – so eine ruhige Hand hat kein Fotograf. Denn bezüglich Verwackler und Vibrationen sind die hochauflösenden Sensoren gnadenlos. Das Minimum für wirklich scharfe Fotos aus der Hand, so haben unsere Tests gezeigt, liegt für eine solche Brennweite bei 1/300 Sekunde, besser aber deutlich schneller. Die EOS 5DS/R besitzt keinen im Gehäuse verbauten Imagestabilizer, der hier helfen würde. Man ist auf die mit Lens-Shift-Stabilizern ausgestatteten EF-Objektive angewiesen, die sich hier neuen Herausforderungen stellen müssen – wie bereits erwähnt, folgen Tests in den nächsten Ausgaben.

Ansonsten gehören die beiden Neuen nicht nur im Studio auf ein Stativ – zumindest im Vollformat-Modus. Die Folgen des Spiegelschlags konnten die Canon-Ingenieure zwar nicht vermeiden, haben der EOS 5DS/R jedoch eine Menüfunktion namens „Spiegelverriegelung“ spendiert, mit der man Auslöseverzögerung nach dem Hochklappen des Spiegels von 1/8 bis 2 Sekunden einstellen kann. Das sollte man auch auf dem Stativ, wann immer möglich, nutzen. Alternativ können die beiden Canon EOS 5DS mit verschiedenen Ausschnitten, also Teilbereichen des Sensors arbeiten, die den Crop-Faktoren 1,3 oder 1,6 entsprechen. Die Auflösungen liegen dann bei 33 beziehungsweise knapp 20 Megapixel. Bei Crop 1,3 ist diese deutlich höher als bei einer MK III und relativiert zugleich einige Problematiken der ultrahohen Auflösung. Da die 5DS-Modelle von der 5D MK III abstammen, bieten sie natürlich auch die komfortable Bedienung dieser Kamera. Die insgesamt 18 Funktions-Tasten, plus Drehregler sowie Joystick machen das Handling der Kameras einfach. Außerdem liegen sie perfekt in der Hand. Dadurch gelingen nach viel Übung, der richtigen Haltung und mit guter Atemtechnik vielleicht auch aus der Hand hochaufgelöste und richtig scharfe Aufnahmen.

Autofokus und Bildqualität

An der automatischen Schärfeeinstellung kann es nämlich nicht liegen, denn die ist vorzüglich. Dieser Autofokus arbeitet mit 61 AF-Feldern, davon 41 als Kreuzsensoren, ist mit den Jahren gereift und lässt sich wunderbar an die unterschiedlichsten Umstände anpassen. Im Kameramenü zeugen ganze fünf Menüseiten für die AF-Einstellungen davon. Der AF löst selbst die schwierigsten Tracking-Aufgaben mit Bravour. Da die beiden Otus-Objektive sich nur manuell scharfstellen lassen, ist der sehr helle und große Sucher eine wertvolle Hilfe. Und tatsächlich gelingt das Finden des richtigen Fokuspunkts mit den beiden Zeiss- Boliden vortrefflich. Daran haben die außergewöhnlich hohen Transmissionswerte der Objektive maßgeblichen Anteil. Selbst in der Dämmerung macht das Scharfstellen kein Problem, denn der Fokusindikator der Kamera hilft zuverlässig. Mit keinem der untersuchten Objektive inklusive aller Sigmas und des EF 11-24 mm traten übrigens im Test an beiden Kameras irgendwelche Back- oder Frontfokus- Probleme auf. Ein probates Mittel, die Verschlusszeiten zu verkürzen ist es, die Empfindlichkeit der Kamera hochzuschrauben.

Die EOS 5DS-Modelle bieten einen ISO-Bereich von 100 bis 6.400, beziehungsweise 12.800 an. Die hohe Sensorauflösung und die damit einhergehenden kleinen Pixelgrößen, die ja weniger als die Hälfte an Photonen einsammeln können wie eine EOS 5D MK III, erfordert über den gesamten Bildbearbeitungsprozess eine höhere Gesamtverstärkung der Signale. Und das führt zu höherem Rauschen – daher die Begrenzung auf 6.400 ISO. Bei der Beurteilung des Farb- und Luminanzrauschens im Labor von Trust You Eyes zeigte sich dann aber einer der weiteren Vorzüge des neuen Sensors. Beim Bewerten der Testaufnahmen – angefertigt mit dem Sigma Art 1.4/50 mm – und dort im Speziellen der Farbfelder rechts oben, zeigt sich bis zu 800 ISO überhaupt kein Farb- oder Luminanzrauschen. Selbst bei ISO 1.600 lässt sich im besonders kritischen roten Farbfeld eine gewisse Körnigkeit allenfalls erahnen. Bei ISO 3.200 ist nur ganz leichtes Rauschen erkennbar, das bei ISO 6.400 nochmals etwas stärker wird. Zugleich sinkt der Dynamikumfang etwas. Allerdings werden selbst bei ISO 6.400 feinste Mikrostrukturen in den Aufnahmen nicht gestört oder zugeschmiert, die volle Auflösung bleibt nutzbar. Das hatten wir, ehrlich gesagt, nicht erwartet. Kompliment an die Entwickler.

Fazit

Ohne Wenn und Aber hat Canon mit der EOS 5DS und der EOS 5DS R zwei exzellente Kameras auf den Markt gebracht, die neue Maßstäbe in Sachen Auflösung und Schärfe setzen. Studio-, Mode- und Landschaftsfotografen, die schon viel Geld in ihre Canon-Ausrüstung investiert haben, werden letztendlich um ein Upgrade nicht herumkommen. Und nicht nur für sie ist das neue EF 11-24mm f/4L USM ein Must Have. Für die Street-Fotografie oder auch manche Sportarten könnten die Crop- Funktionen ein Argument sein. Mit 5 Aufnahmen pro Sekunde sind die beiden Kameras auch ausreichend schnell, zumal der Autofokus vorzüglich arbeitet.

Canon EOS 5DS/5DS R

Hersteller Canon
Vertrieb Canon Deutschland GmbH, Europark Fichtenhein A10, 47807 Krefeld, www.canon.de
Preis [UVP] 3.500 Euro (5DS), 3.700 Euro (5DS R)

Technische Daten/Ausstattung

Gehäuse Aluminium-Druckguss
Spritzwasser- und Staubschutz P
Objektivbajonett/Objektiv fest eingebaut Canon EF
Sensortyp/Prozessor CMOS 34x36mm/Dual DIGIC 6
Bildformate RAW/JPEG 14 Bit Farbtiefe
Bildstabilisator –
Sensorreinigung Ultraschallfilter
Sucher optischer Sucher, Pentaprisma, 100 %, 0,71 fach Vergrößerung, Pupillenabstand 21 mm
Dioptrienanpassung -3,0 bis +1,0 dpt
Programm-/Zeit-/Blendenautomatik/manuell P/P/P/P (3 Custom-Einstellungen)
Bildstile 8 + 3
Belichtungsmessung Mehrfeld/Integral/Spot P/P/P (EV 0 bis EV 20)
Belichtungskorrektur/ Belichtungsreihen P/P, +-5 LW
Weißabgleich: Auto/manuell/Presets/Reihen P/P/P/P
ISO-Empfindlichkeit ISO 100-6.400 (erweiterbar L: 50; H1: 12.800)
Verschlusszeiten/Blitzsynchronisation 30-1/8.000s/1/200s
Auslösemodi S, CL, CH, leise Einzelbild- und Reihenaufnahmen
Selbstauslöser P (2s/10s)
Intervalltimer P
Fokussiersystem TTL-Phasenkennung (Kontrast-AF im Liveview-Modus)
AF-Messfelder/Arbeitsbereich 61, davon 41 Kreuzsensoren, 5 Dual-Kreuzsensoren/ LW -2 bis 18 (ISO 100)
Fokusmodi Manuel Focus, AI Focus, One-Shot, Prädiktions-AI-Servo
AF-Hilfslicht über Speedlite Blitzgerät
Gesichterkennung –
Maximale Bildsequenz 5 Bilder/s
Max Anzahl Bilder bis Speicher voll 14 im RAW-Modus, >100 im JPG-Fine-Modus
eingebauter Blitz –
Blitzmodi 2. Verschlussvorhang, FP, Blitzbelichtungsspeicher
Externe Blitz steuerbar Master-/Slave-Modus P/P (Canon EX-Multiflash-System)
Touchscreen –
Livebild/mit Autofokus P/P
Wasserwaage P
Bildschirm/Auflösung/klappbar/schwenkbar 3,2 Zoll/1.040.000 Bildpunkte/-/-
Schnittstellen USB 3.0 Highspeed, HDMI, Fernauslöser, Blitzanschluss, Mikrofon
Speicherkarten CF-Card Typ I, SD Card,SDH, SDXC (UHS-I)
WiFi/NFC -/-
Videoformat MPEG-4 AVC/H. 264
bestmögliche Videoqualität Full HD 1920 x 1080 30p
Tonaufnahme Linear PCM
Abmessungen (BxHxT) 152 x 116 x 76 mm
Gewicht 900 g (Inklusive Akku und Speicherkarte)

Besonderheiten

16 Custom-Funktionen, optionale GPS-Aufzeichnung (GP-E2) bei EOS 5DS R ein Tiefpass-Kompensationsfilter (hebt die Tiefpassfunktion auf)

Den Test finden Sie in der Ausgabe 09/2015.