Mit der Fujifilm GFX 50S II will Fujifilm den Einstieg ins Mittelformat bezahlbarer machen. Wie die Kamera sich schlägt und welche Abstriche man für den geringeren Preis machen muss, zeigen wir Ihnen in unserem Praxistest.

von Benjamin Lemm

© Fotos Benjamin Lemm

Die Fujfilm GFX 100S war im Jahr 2021 eines unserer absoluten Highlights – eine Kamera, die neue Maßstäbe setzte und uns von vorne bis hinten maßlos begeisterte. Die neue Mittelformatkamera von Fujifilm, die GFX 50S II, erregte schon alleine deshalb unsere Aufmerksamkeit, weil sie der 100S rein optisch auf das Haar gleicht, da sie im gleichen Kamera-Body steckt. Auch der Preis ließ uns aufhorchen: 3.999 Euro UVP für eine Mittelformat-Kamera erscheint schon fast wie ein Schnäppchen, auch im Vergleich zur 100S, die schon mit einer UVP von 5.999 Euro ein unschlagbares Preis-Leistungs-Verhältnis bot.

Ergonomie und Ausstattung

An der Haptik der Kamera gibt es nichts auszusetzen. Hier gilt das gleiche wie auch schon bei der GFX 100S: Das kompakte, robuste Magnesiumgehäuse liegt vorzüglich und gut ausbalanciert in der Hand und ist einfach überragend verarbeitet. Alle Bedienelemente sind gut erreichbar und haben einen klaren Druckpunkt. Über das Moduswahlrad auf der linken Kameraschulter lassen sich nicht nur die üblichen Betriebsmodi wie manuell sowie Zeit- und Blendenautomatik, sondern zusätzlich sechs individuelle Userkonfigurationen hinterlegen und abrufen – ohne Umwege übers Kameramenü. Das macht auch die GFX 50S blitzschnell einsatzbereit und sehr angenehm zu bedienen. Als in der Praxis sehr komfortabel und hilfreich erweist sich das große 1,8 Zoll LCD-Display auf der rechten Kameraschulter. Es ist bei jedem Licht exzellent ablesbar und lässt sich in drei verschiedenen Anzeigemodi betreiben und macht so das Bedienkonzept schlüssig. Auf Wunsch informiert es im Foto- und Videobetrieb über die aktuellen Betriebsparameter wie üblich mit Ziffern und Symbolen oder es simuliert zwei Einstellräder für beispielsweise ISO-Werte und Verschlusszeiten. Alternativ zeigt das Display großflächig ein Histogramm. Im Test reichte übrigens eine Akkuladung für etwa 450 Aufnahmen. Der USB-C-Anschluss zum Aufladen des Akkus findet sich neben HDMI- sowie Mikrofon- und Kopfhöreranschlüssen unter der Abdeckklappe auf der linken Kameraseite. Auf der gegenüberliegenden befinden sich die beiden schnellen SD-Kartenslots (UHS-I/II). Der kamerainterne Pufferspeicher fasste in unserem Test leider nur circa acht Aufnahmen, aber dazu später mehr.

Die kürzeste Verschlusszeit beträgt 1/4.000 Sekunde, der elektronische Verschluss schafft die 1/16.000 Sekunde. Insgesamt wiegt das Gehäuse inklusive Akku und Speicherkarte nur 900 Gramm, was der Handlichkeit sehr entgegenkommt und für eine Kamera dieser Größe (150 x 104 x 87 mm) sehr wenig ist. Der OLED-Sucher der GFX 50S II bietet eine Auflösung von 3,69 Millionen Bildpunkten mit einer Vergrößerung von 0,77, ist groß, extrem scharf und auch für Brillenträger sehr gut überschaubar. Das nach oben und unten sowie nach rechts um 90 Grad klappbare – Stichwort Porträtaufnahmen im Hochformat – 3,2 Zoll Touchdisplay hat eine Auflösung von 2,36 Megapixeln und ist ebenfalls sehr scharf. Außerdem ist es sehr kontrastreich und auch bei hellem Umgebungslicht gut abzulesen. Die Arbeit damit macht im Fotoalltag drinnen wie draußen enorm viel Spaß, man kann gut beurteilen, ob der Schärfepunkt tatsächlich sitzt. Ein Akkuladegerät findet sich nicht im Karton, sondern lediglich ein Stecker-Netzteil, mit dem man den NP-W235 Li-Ion-Akku (identisch mit dem der X-T4) im Kameragehäuse via USB-C-Buchse laden kann.

Im Gegensatz zur Fujifilm 100S ist der Videomodus der GFX 50S II übrigens eher unbrauchbar. Bei Full HD und 30p ist hier Schluss – was für eine 4.000-Euro-Kamera in 2021 schon etwas erstaunlich ist. Die langsame Ausleserate des etwas in die Jahre gekommenen CMOS-Sensors, der aus dem Vorgängermodell GFX 50S übernommen wurde, sorgt zudem für jede Menge Rolling Shutter. Sollten Sie einmal mit einer GFX 50S unterwegs sein und zwischendurch filmen wollen, sind Sie wahrscheinlich mit Ihrem Smartphone besser beraten.

Autofokus und Bildstabilisator

Die große Schwäche der GFX 50S II ist der Autofokus, was an dem bereits erwähnten Sensor liegt. Hierbei handelt es sich um einen Kontrastautofokus, der auf 425 Autofokus-Messfelder zurückgreifen kann und bei ausreichendem Umgebungslicht sehr präzise agiert. Große Probleme bekommt er allerdings bei weniger starkem Licht in Innenräumen und tut sich gerade im Continuous-Autofokus enorm schwer, bewegliche Motive im Fokus zu behalten. Bei Reihenaufnahmen mit drei Bildern pro Sekunde produzierte er in unserem Test regelmäßig mehr Ausschuss als scharfe Bilder – bei acht Aufnahmen am Stück war hier übrigens schon wieder Schluss. Auch das Fokussieren von nah zu fern und wieder zurück funktionierte vergleichsweise langsam. Zwar kann man von einem Mittelformatsystem mit großen, hochauflösenden Linsen, bei dem jede Menge Glas bewegt werden muss, nicht die Geschwindigkeit eines Kleinbildsystems erwarten – die GFX 100S zeigte jedoch bereits, dass es auch wesentlich schneller geht.

Immerhin: Der Bildstabilisator, für den Fujifilm sage und schreibe 6,5 EV-Stufen angibt, macht einen sehr guten Job und ermöglicht Bilder aus der Hand von bis zu 1/10s.

Die Bildqualität

Insgesamt bietet die GFX 50S II eine überragende Bildqualität mit hohem Dynamikumfang und einer tollen Farbverarbeitung schon in den JPEGs direkt „out of camera“. Die 51 Megapixel sorgen für sehr scharfe und detailreiche Bilder. Allerdings bieten sie nicht das gleiche Alleinstellungsmerkmal wie die 100 Megapixel der 100S, bei der allein die extrem hohe Auflösung ein Verkaufsargument war. Im Pixel Shift Multi Shot-Modus lassen sich auf einem Stativ hier jedoch Bilder mit 200 Megapixeln Auflösung komponieren.

ISO-Werte bis ISO 1600 gehen ohne weiteres in Ordnung, danach entgleitet das Rauschverhalten der Kamera etwas und verhält sich auch im Vergleich zu Vollformat-Kameras eher schwächer. Der tolle Bildstabilisator lässt dies jedoch verschmerzen, weil dank ihm die ISO-Werte oftmals gar nicht so hoch geschraubt werden müssen.

Fazit

Keine Frage: Die Fujifilm GFX 50S II ist für sich gesehen eine gute Kamera mit hoher Auflösung und brillanter Bildqualität. Im Grunde genommen handelt es sich hierbei um eine GFX 100S mit einem weniger potenten Sensor. Die Schwäche im Autofokus lässt jedoch die Frage offen, wo sich die Kamera im Preis-Leistungs-Kontinuum zwischen Vollformat und Mittelformat einordnen lässt. Schaut man auf die Konkurrenz im Kleinbildformat, zum Beispiel auf die Nikon Z7 II oder die Sony A7 RIV, bieten diese einen besseren Autofokus zu einem günstigeren Preis bei ähnlicher Auflösung und Bildqualität sowie besseren Videospezifikationen und kompakteren Maßen. Landschaftsfotografen und Porträtfotografen mit weniger actionreichen Motiven, die den Einstieg ins Mittelformat wagen wollen, finden in der Fujifilm GFX 50S II dennoch eine tolle Kamera, mit der sich herausragende Bilder erstellen lassen.

Hersteller Fujifilm Corporation
Vertrieb www.fujifilm-x.com
Preis [UVP] Gehäuse 3.999 €, Kit GFX 50S II + Fujifilm GF 35-70MM F/4.5-5.6 WR 4.499 €

Technische Daten/Ausstattung

Gehäuse Magnesiumlegierung
Spritzwasser- und Staubschutz
Objektivbajonett Fujifilm G-Mount
Sensorauflösung/Bildgröße 51,4 MP/ 43,8mm x 32,9mm (Mittelformat)
Sensortyp/Prozessor CMOS-Sensor (8.256 x 6.192 Pixel) / X-Prozessor 4
Bildformate RAW, 12/14 Bit/JPEG
Bildstabilisator Integrierte 5-Achsen-Stabilisierung, 6,5 Stufen
Sensorreinigung Ultraschall-Vibration
Sucher OLED-Sucher 3.690.000 Bildpunkte, 100 %, Vergr. 0,77x
Dioptrienanpassung -4,0 bis +2,0 dpt, Pupillenabstand 23 mm
Bildschirm/Auflösung 3.2-Zoll/2.360.000 Bildpunkte, klappbar
Touchscreen
Livebild/mit Autofokus •/•
Programm-/Zeit-/Blendenautomatik/manuell •/•/•/•
Belichtungsmessung Mehrfeld/Durchschnitt/Integral/Spot •/•/•/•
Belichtungskorrektur/ Belichtungsreihen •/•, +-5 LW
Weißabgleich Auto/manuell/Presets/Reihen •/•/•/•
ISO-Empfindlichkeit ISO 50 – 102,400
Verschlusszeiten/Blitzsynchronisation 30-1/4.000s (1/16.000s mit elektr. Verschluss) / 1/125s
Aufnahmebetriebsarten S, CL, CH, BKT, Mehrfachbelichtung, Fokusbracketing
Maximale Bildsequenz 3 B/s
Maximale Anzahl Bilder bis Speicher voll RAW-: 8 (14-bit)
Selbstauslöser 2s/10s/
Intervalltimer
Fokussiersystem Kontrast-AF
AF-Messfelder max. 425 Punkte
Fokusmodi AF-S, AF-C, AF-A, MF
AF-Hilfslicht
Gesichtserkennung • (Gesicht, rechtes Auge, linkes Auge)
eingebauter Blitz
Blitzmodi 1. Verschlussvorhang, 2. Verschlussvorhang, Rote Augen, Highspeed, Langzeitsynchronisation
Externer Blitz steuerbar Master-Slave-Modus
Wasserwaage
Schnittstellen USB C (3.2 Gen. 1), HDMI (Typ D), Fernauslöser, Mikrofon, Kopfhörer
WiFi/Bluetooth/NFC •/• (4.2)/ –
Speicherkarten SD, 2 x UHS I/ UHS II
Videoformat Mov /Linear PCM/H.264/MPEG-4 Advanced Video Coding
bestmögliche Videoqualität Full HD 1.920 x 1.080 bei max. 30p
Timecode
Abmessungen (B x H x-T) 150 x 104 x 87 mm
Gewicht 900 g (Gehäuse inklusive Akku und Speicherkarte)

Besonderheiten

Pixel Shift Multi Shot, 19 Filmsimulationen inklusive Eterna/Cinema, Sub LCD Monitor 1,8 Zoll