Königsklasse

Mit der neuen Mittelformat-Systemkamera GFX 50S mischt Fujifilm den Kameramarkt im oberen Segment gehörig auf. In Sachen Ausstattung, Flexibilität, Bedienung und vor allem Bildqualität setzt die überraschend kompakte 50-Megapixel-Kamera in ihrer Klasse neue Maßstäbe.

Von Hans-Günther Beer © Fotos von Hans-Günther Beer

Selbst ohne Studium der Bedienungsanleitung sind die wichtigsten Funktionen der GFX 50S problemlos bedienbar. In der Praxis leistet das große quadratische Display gute Dienste.

Als Fujifilm auf der Photokina 2016 ihr neues GFX-System vorstellte, stand der endgültige Preis für den Body GFX 50S noch nicht fest. Man versprach aber für die Kombination mit Standardobjektiv deutlich unter 10.000 Euro zu bleiben. Im Februar 2017, anlässlich der offiziellen Einführung, war dann die Katze aus dem Sack. Der Body kostet per unverbindlichem Richtpreis 6.999 Euro und liegt damit deutlich unter den 9.400 Euro des Konkurrenten Hasselblad X1D-50c., die Kombination mit dem Fujinon GF63mm F2.8 R WR liegt knapp über 8.500 Euro. Zum GFX-System gehören mittlerweile fünf Objektive, darunter neben dem 63er (Test Seite 63) ein 120mm-Makro (Kleinbildäquivalent 95mm, Test Seite 64), ein 32-44mm-Zoom (25-51 mm) sowie ganz neu ein 23mm-Weitwinkel (Kleinbildäquivalent 18mm) und ein lichtstarkes 110mm-Porträtobjektiv (Kleinbildäquivalent 85mm) mit Lichtstärke f/2. Alle Objektive sind laut Fujifilm für eine Sensorauflösung von 100 Megapixel gerechnet und damit eine zukunftssichere Investition zum Betrieb an künftigen GFX-Bodies, die mehr als 50 Megapixel Auflösung haben werden.

Das Akkufach ist auf der linken Seite – gut erreichbar, wenn die Kamera auf einem Stativ montiert ist. Darüber finden sich auch alle Anschlüsse, darunter eine Micro-USB 3.0 Buchse.

Die Ausstattung

Mit seiner Auflösung von 50 Megapixel liegt die GFX 50S auf dem Niveau einer Canon EOS 5DSR (Test Ausgabe 9/2015), verfügt aber über deutlich größere Pixel, was sich schon theoretisch bei der Bildqualität bemerkbar machen muss, dazu gleich mehr. Die Gehäuseabmessungen der GFX 50S entsprechen in etwa denen einer Canon EOS 5 oder Nikon D810, allerdings wiegt der gegen Staub und Spritzwasser gedichtete GFXBody inklusive Akku und Aufstecksucher lediglich 740 Gramm (Nikon 920 Gramm), vor allem weil der gewichtige Schwingspiegelmechanismus wegfallen konnte. Das Gehäuse ist hervorragend verarbeitet, wirkt sehr wertig und liegt gut in der Hand. Der rechte Zeigefinger erreicht das vordere Einstellrad sehr bequem und der Daumen ohne Verrenkungen den von uns im praktischen Betrieb so geschätzten Joystick für die Wahl des Fokuspunktes. Diesen haben die Entwickler von den Kameramodellen der Fujifilm X-Serie übernommen, ebenso das Bedienkonzept mit möglichst vielen manuellen Bedienelementen für die wichtigsten Funktionen: Neben den Wahlrädern der ISO- und Zeiteneinstellung am Body, gefällt vor allem der Blendenwahlring an den Objektiven, was insbesondere bei der Studiofotografie im manuellen Modus unbestreitbare Vorteile hat. Als wertvolle Hilfe erweist sich in der Praxis auch das große, gut ablesbare Display auf der rechten Kameraschulter. Die Taste für die Belichtungskorrektur neben dem Powerschalter/Auslöser geriet allerdings etwas mickrig und ist im Eifer des Gefechtes nicht immer gut zu erreichen. Ansonsten ist die Anordnung der Bedientasten gelungen, hervorzuheben sind die gut erreich- und bedienbaren vorderen und hinteren Einstellräder, die jeweils eine zusätzliche Druckfunktion besitzen. Aufgrund des vergleichsweise großen Auflagemaßes (Abstand Objektivbajonett bis Bildsensorebene) bei diesem Sensorformat, baut die GFX 50S tiefer als es der vergleichsweise zierliche Body zunächst vermutet lässt. Die Entwickler kaschierten dies durch einen „Anbau“ auf der Rückseite des Gehäuses, damit der Sensor so weit wie nötig nach hinten rücken kann. Auf der Oberseite dieses Anbaus platzierten sie wichtige Bedienelemente wie die Wiedergabetaste oder den Umschalter für den Fokusmodus – hat man sich daran gewöhnt, findet man das prima. Auf der Rückseite sitzt das nach oben unten klappbare und zusätzlich um 45 Grad nach rechts schwenkbare 3,2 Zoll Touchdisplay. Dieser kleine Bildschirm hat eine enorme hohe Auflösung von 2,36 Megapixeln und ist sehr scharf, wirklich sehr scharf. Die Arbeit damit macht im Fotoalltag viel Spaß, man kann sehr gut beurteilen, ob der Schärfepunkt tatsächlich sitzt. Noch souveräner gelingt dies mit dem aufsteckbaren und zum Lieferumfang gehörenden OLED-Sucher Der bietet eine Auflösung von 3,6 Millionen Bildpunkten und löst extrem fein und ohne sichtbare Pixelstrukturen auf, zeigt allerdings bei schnellen Schwenks Wischeffekte. Hier reicht die Bildwiederholungsfrequenz wohl nicht aus, zumal enorme Datenmengen verarbeitet werden müssen. Im normalen Fotoalltag fällt das allerdings nicht auf, eher schon bei Videoaufnahmen im Full HD-Modus. Der Clou des Aufstecksuchers ist jedoch, dass man den Winkeladapter EVF-TL1 (649 €) auf das Gehäuse und darauf den Sucher stecken kann. Nun lässt sich der Sucher nach den Seiten und um 90 Grad nach oben schwenken, perfekt unter anderem für Makro- und/oder Hochformataufnahmen. Im Studiobetrieb ist die Kamera meist auf ein Stativ montiert und ein Akkuwechsel ist dann im besten Fall umständlich. Nicht so bei der GFX 50S. Hier erfolgt der Zugang zum Akkuschacht von der linken Gehäuseseite aus und der Lithium-Ionen-Akku NP-T125 mit einer Leistung von immerhin 14 Wattstunden (10.8 Volt, 1230 mAh) kann blitzschnell gewechselt werden. Insbesondere bei montiertem Sucher müssen doch viele stromhungrige Verbraucher (großer Sensor, hochauflösende Displays, potenter X-Prozessor Pro) mit Energie versorgt werden, Ersatzakkus sind also Pflicht. Im Test reichte eine Akkuladung für etwa 400 Aufnahmen und hatte dann laut Anzeige immer noch 20 Prozent Restkapazität. Oberhalb des Akkufachs befinden sich unter Abdeckkappen die Micro-USB 3.0-, HDMI sowie Mikrofon- und Kopfhöreranschlüsse und die für externe Stromversorgung sowie Kabelfernbedienung. Mit der neuen kostenlosen Software Fujifilm X Acquire (Mac und PC) lässt sich die GFX 50S im Studio für Tethered Shooting einsetzen. Auf der gegenüberliegenden Seite liegen die beiden SD-Kartenslots (UHS-I/II). Die umfangreiche Ausstattung wird komplettiert durch ein WiFi-Modul und zahlreiche Analogfilm-Simulationen und Filterfunktionen.

Der Autofokus in der Praxis

Der sehr leise und unauffällig arbeitende mechanische Verschluss der GFX 50S bietet als kürzeste Verschlusszeit die 1/4000 Sekunde, mit dem elektronischen Verschluss, der tatsächlich fast völlig lautlos funktioniert, ist es die 1/16.000 Sekunde. Die maximale Serienbildgeschwindigkeit von 3 B/s ist für eine Mittelformatkamera beachtlich hoch und reicht für den schnellen Nachschuss ganz klar aus. Im Serienbildmodus ist der interne Speicher nach acht unkomprimierten RAW-Aufnahmen und 13 komprimierten RAWs voll. Sportaufnahmen sind definitiv nicht die Domäne einer GFX 50S, dafür ist auch der Autofokus nicht ausgelegt. Obwohl dieser im Tracking-Modus überraschend präzise arbeitet und sich auch an dem fokussierten Bilddetail regelrecht festkrallt, ist er letztendlich nicht schnell genug für die wilde Verfolgungsjagd – für alles andere aber schon. Abgesehen von sehr dunklen Aufnahmeumgebungen sitzt der Fokus sehr schnell und präzise, insbesondere mit dem Fujinon GF63mm F2.8 R WR, mit dem 120er Makro hingegen brauchte der Fokusantrieb ganz selten noch einen zweiten Versuch bis die Schärfe perfekt saß. Vielleicht hilft hier ein Firmware-Update. Das Fotografieren mit der GFX 50S gestaltet sich dank der sehr guten Ergonomie, gepaart mit dem vergleichsweise geringen Gewicht und den kompakten Abmessungen geradezu spielerisch und leichtfüßig. Die Kamera liegt ebenso gut in der Hand wie eine Kleinbild-Vollformat-Kamera und fühlt sich auch so an. Dieser Eindruck ändert sich erst, wenn man die Ergebnisse einer Fotosession auf dem Computer begutachtet.

Das rückseitige, hochauflösende und sehr scharfe Display lässt sich nicht nur nach oben und unten klappen, sondern auch nach rechts schwenken – prima bei Hochformataufnahmen.

Die Bildqualität

Selbst auf jedem guten HD-Display, erst recht aber auf einem Monitor wie dem BenQ SW 320 (Test Seite 110), zeigen sich die Aufnahmen aus einer GFX 50S von einem ungeahnt hohen Detailreichtum, gepaart mit feinstem Mikrokontrast, den wir in dieser Qualität von Kameras mit kleinerem Sensorformat inklusive Sony A7R II und Canon EOS 5DSR noch nicht gesehen haben, und das, obwohl der Sensor der GFX 50S einen Tiefpassfilter besitzt. Insbesondere bei Porträtaufnahmen ist die Schärfe fast schon zu brutal, gleichzeitig wirken die Aufnahmen bei 100-Prozent-Ansicht ungemein sauber und klar und damit auch wieder anmutig. Immer wieder fällt der enorm hohe Kontrastumfang auf, selbst bei deutlich unterbelichteten Aufnahmen lässt sich mittels Lightroom, Capture One bietet ja für Mittelformatkameras anderer Hersteller keine Unterstützung an, in den dunklen Bildpartien fast endlos viele Details herausarbeiten. Dies gilt auch für höhere ISO-Werte als für den Standardwert ISO 100. Schon hier wirken die Aufnahmen im Vergleich zur Canon EOS 5DSR immer etwas knackiger und kontrastreicher und gar minimal schärfer. Bei ISO 1600 fällt die Canon in Sachen Farbrauschen gegen die Fujifilm schon spürbar ab. Noch größer wird der Unterschied bei ISO 3200 und darüber. Bei ISO 3200 liefert die GFX 50S immer noch derart saubere, kontrastreiche und vor allem scharfe Aufnahmen, dass man diese Empfindlichkeitsstufe ruhigen Gewissens auch bei anspruchsvollen Fotosessions mit wenig Licht benutzen kann. Da die feinen Unterschiede im Rollenoffsetdruck hier nicht oder nur unvollkommen wiedergegeben werden können, verweisen wir auf die Testaufnahmen auf der Webseite des Testinstituts Trust Your Eyes, mit dem wir seit Jahren zusammenarbeiten.

Fazit

Alles in allem können wir der Fujifilm GFX 50S eine wirklich überragende Bildqualität bescheinigen, eine, wie wir sie in dieser Qualität und vor allem auch bei höheren ISO-Werten bislang noch bei keiner anderen Kamera feststellen konnten. Aber auch mit ihren anderen Qualitäten bei Bedienung, Ausstattung und Praktikabilität überzeugte diese Mittelformat-Systemkamera vollends. Die GFX 50S ist zwar kein Schnäppchen, bietet aber für Landschafts-, Studio- und Porträtfotografen, für die das Beste gerade gut genug ist, einen überragenden Preis- Gegenwert.

Fujifilm GFX 50S

Hersteller FUJIFILM Electronic Imaging Europe GmbH
Vertrieb www.fujifilm.de
Preis [UVP] 6.999 €

Technische Daten/Ausstattung

Gehäuse Magnesium-Legierung
Spritzwasser- und Staubschutz P
Objektivbajonett/Objektiv fest eingebaut FUJIFILM G mount/-
Sensortyp/Prozessor 51,4 MP/8.256 x 6.192 Pixel (mit Tiefpassfilter)
Bildformate JPEG, RAW (14 Bit)
Bildstabilisator in entsprechend ausgestatteten Objektiven (OIS)
Sensorreinigung Ultraschallfilter
Sucher elektronisch, OLED, 3.600.000 Punkte, Vergr. 0,85x
Dioptrienanpassung -4,0 bis +2,0 dpt, Pupillenabstand 23 mm
Programm-/Zeit-/Blendenautomatik/manuell P/P/P/P
Belichtungsmessung Mehrfeld/Integral/Spot P/P/P
Belichtungskorrektur/ Belichtungsreihen P/P (± 5 EV), Video ±2 EV
Weißabgleich Auto/manuell/Presets/Reihen P/P/P/P
ISO-Empfindlichkeit ISO 100-12800 (plus 50, 25.600, 51.200, 102.400)
Verschlusszeiten/Blitzsynchronisation 60 min-1/4000s / 1/125s (elektr. Verschluss bis 1/16.000)
Auslösemodi S, CL, CH
Selbstauslöser P (2s/10s)
Intervalltimer P
Fokussiersystem Kontrast-AF
AF-Messfelder 425
Fokusmodi Manuell, single, kontinuierlicher AF
AF-Hilfslicht –
Gesichterkennung P
Maximale Bildsequenz 3 Bilder/s
Tether Shooting P
Max Anzahl Bilder bis Speicher voll JPEG unbegrenzt, 8 unkompr. RAWs, 13 kompr. RAW
eingebauter Blitz –
Blitzmodi 2. Verschlussvorhang, Slow-Synchro, HSS
Externe Blitze steuerbar Master-/Slave-Modus P/P
Touchscreen P
Livebild/mit Autofokus P/P
Wasserwaage P
Bildschirm/Auflösung/klappbar/schwenkbar 3,2-Zoll/2.360.000 Pixel/P/P
Schnittstellen USB 3.0, HDMI, externes Mikrofon, Kopfhörer, Fernbedienung, Stromversorgung
Speicherkarten 2 SD-Karten (SDHC-, SDXC-, UHS-I/UHS-II-kompatibel)
WiFi/NFC P/ (Geotagging, Bildübertragung, Instax-Drucken)
Videoformat MPEG-4 AVC / H.264
bestmögliche Videoqualität Full HD/29,97p, 36 Mbit/s
Tonaufnahme Linear PCM Stereo
Abmessungen (BxHxT) 148 x 84 x 92 mm
Gewicht 740 g (inklusive, Aufstecksucher, Akku und Speicherkarten)

Besonderheiten

15 Analogfilm-Simulation, 13 Filter-Funktionen, aufsteckbarer, klapp- und schwenkbarer Sucher

Diesen Test finden Sie in der Ausgabe 06/2017.