DER REISEPROFI

Im Praxistest erwies sich die neue Fujifilm X-Pro2 als gut ausgestattete Reisekamera mit exzellenter Bildqualität und erstklassigem Handling.

VON HANS-GÜNTHER BEER © ALLE FOTOS HANS-GÜNTHER BEER

Wie schon ihre Vorgängerin strahlt auch die neue Fujifilm X-Pro2 diesen einzigartigen, etwas nostalgisch angehauchten Charme einer klassischen Leica M aus, der nicht nur eingefleischte Fans der XPro anspricht. Die neue X-Pro2 jedoch lediglich auf eine Nostalgiekamera zu reduzieren, würde ihr in keiner Weise gerecht werden. Denn das Konzept dieser Kamera ist auf spontanes Fotografieren ausgelegt, auf Geschwindigkeit und schnelles Reagieren, perfekt für die Reportage-, Street- und Reisefotografie. Doch dazu später mehr. Zunächst gefällt der aus jedem Blickwinkel edel wirkende und sehr gut verarbeitete und komplett gedichtete Body – nicht zu groß, nicht zu klein. Er liegt auf Anhieb gut in der Hand und die Bedienung gibt keine Rätsel auf. Gegenüber der X-Pro1 wurde das Bedienkonzept optimiert, denn nun liegen alle Tasten rechts vom Display und sind somit auch dann, wenn man durch den Sucher schaut, nach einiger Gewöhnung mit dem rechten Daumen blind zu bedienen. Allerdings hätten wir uns für die verschiedenen Tasten, insbesondere für die ganz außen liegende AF-L- uns Q-Taste, eine fühlbarere Textur gewünscht.

Im Inneren der schwarzen Schönheit steckt modernste Kameratechnik und gegenüber der XPro1 wurde auch hier kräftig aufgerüstet. Geblieben ist der einzigartige Multi- Hybrid-Sucher, der sich blitzschnell vom optischen Sucherbild auf einen elektronischen Sucher umschalten lässt, aber in wesentlichen Punkten verbessert wurde. Die X-Pro2 erhielt nun zwei Kartenfächer für SD-Karten. Außerdem besitzt sie ein WLAN-Modul und bietet jede Menge Kreativfilter und 15 vorzügliche Filmsimulations-Modi. Das Herzstück der X-Pro2 ist der neue X-Trans CMOS III-Sensor wiederum im APS-CFormat, allerdings mit 24 statt 16 Megapixel- Auflösung. Auch der Bildprozessor X Processor Pro ist neu und bietet deutlich mehr Rechenleistung als der Vorgänger. Dies soll vor allem der Bildqualität (Stichwort „Rauscharmut bei hohen ISO-Werten“) und der Verarbeitungsgeschwindigkeit zugutekommen. So ist die X-Pro2 nach dem Einschalten sofort einsatzbereit und reagiert auch auf jegliche Bedienung unmittelbar, perfekt für Schnappschüsse. Die neue Sensor-Prozessor- Kombination erlaubt HD Videoaufnahmen mit immerhin 60p, könnte aber auch 4K-Videos mit hohen Bildsequenzen verarbeiten. Doch das bleibt vermutlich einem weiteren, künftigen Top-Modell von Fujifilm vorbehalten, denn die X-Pro2 versteht sich in erster Linie als Fotokamera und dafür wurde sie in vielerlei Hinsicht optimiert. Dazu zählt auch der schnellere mechanische Verschluss, der jetzt als kürzeste Belichtungszeit 1/8000 Sekunde anbietet. Die kürzeste Blitzsynchronzeit beträgt 1/250 Sekunde. Als schnellste Bildsequenz offeriert die X-Pro2 nun acht Bilder pro Sekunde, im langsamen L-Modus sind es drei Bilder pro Sekunde. Deutlich verbessert hat Fujifilm darüber hinaus den Hybrid-Autofokus (kombinierter Phasen- und Kontrast-Autofokus) der X-Pro2. Statt 49 stehen nun 77 auswählbare AF-Felder zur Verfügung, die auf mehr als 50 Prozent der Bildfläche verteilt sind – gut für die Follow-Fokus- Funktion. Darüber hinaus lässt sich zwischen insgesamt 77 und 273 kleineren Fokuspunkten wählen. Die Fokusfelder lassen sich in Gruppen von 3 x 3, 5 x 5 oder 7 x 7 aus 77 Feldern zusammenfassen. Mit dem kleinen, perfekt angeordneten Joystick rechts neben dem nicht klappbaren, sehr scharfen und kontrastreichen 3 Zoll-Display mit einer Auflösung von 1,6 Millionen Pixel lässt sich der Fokusbereich, Einzelfeld oder Gruppe, über die Bildfläche auch diagonal verschieben. Ein Druck auf den Joystick und man verändert mit einem der beiden eingelassenen Drehräder auf Front oder Rückseite die Größe des Fokusbereichs in fünf Stufen. Das funktioniert in der Praxis hervorragend, ohne dass man die Kamera vom Auge nehmen muss.

Die Empfindlichkeit wird durch Anheben und Drehen des Verschlusszeitenrads gewählt.

Der Hybridsucher hat in der Praxis überzeugt

Und so kommen wir zwangsläufig auf den einzigartigen Sucher der X-Pro2 zu sprechen. Wichtig vorab: Der Suchereinblick ist ganz links außen, da stört die Nase nicht und verschmiert auch nicht das Display – in der Praxis oft wichtiger als man denkt. Die Dioptrieneinstellung ist perfekt angeordnet und der Pupillenabstand des mit neuen, deutlich hochwertigeren optischen Elementen aufgewerteten Suchers wuchs auf 16 Millimeter. Brillenträger können nun das Sucherbild gut überblicken. Wie bei allen Sucherkameras ist auch bei ausgeschalteter Kamera ein Blick durch den Sucher möglich. Ist die X-Pro2 eingeschaltet, blenden sich als Overlay in den optischen Sucher wichtige Daten, wie Blende, Zeit, ISO, im manuellen Fokusbetrieb außerdem die Entfernungsskala und einiges mehr ein. Und vor allem, wie von der Leica M seiner Zeit eingeführt, der Bildbegrenzungsrahmen passend zum montierten Objektiv. Man sieht nämlich durch den optischen Sucher auch das, was außerhalb des Bildfeldes passiert – wichtig für die Reportage- und Streetfotografie. Zieht man den kleinen Sucher-Bedienhebel auf der Kamerafront für einige Sekunden nach rechts, werden im Inneren optische Elemente verschoben und der optische Sucher zoomt hinein- beziehungsweise hinaus, ändert also die Größe des Sichtfeldes. Ein Druck auf die kleine Taste am Bedienhebel blendet je nach Zoom-Stellung Bildbegrenzungsrahmen für die Brennweiten 90, 60, 56, 35 mm oder 32, 27, 23, 18 mm ein, passend zu den wichtigsten Objektiven, die Fujifilm für die XPro2 anbietet. Diese Funktion ist deshalb sehr praktisch, da man schon vor dem Objektivwechsel entscheiden kann, welche Brennweite denn als nächste zu montieren ist. Zieht man den kleinen Hebel kurz nach links, blendet sich links unten im optischen Sucher ein kleines TFT-Feld ein, in. Die Fujifilm X-Pro2 liefert auch bei „schwierigen“ Farben erstklassige Ergebnisse (oben). Feinste Details arbeitet der neue 24-Megapixel-Sensor sehr gut heraus (rechts). dem als Fokussierhilfe ein vergrößerter Ausschnitt des zentralen Bildausschnitts nerscheint. Dieser ändert sich auch mit dem Verschieben des Fokuspunktes per Joystick. Der zweite „Agregatzustand“ des Hybridsuchers ist der als LCD-Display mit einer Auflösung von fast 2,4 Millionen Bildpunkten. Das Display ist sehr scharf und zeigt dank hoher Bildwiederholfrequenz fast keine Wischeffekte beim schnellen Schwenken. Nach relativ kurzer Eingewöhnungszeit möchte man diesen Hybridsucher mit all seinen Möglichkeiten nicht mehr missen. Er ist ein ganz starkes Argument für diese Kamera, insbesondere für Reportage, Street und auch für die Landschaftsfotografie. Das überlegte und ergonomisch gut umgesetzte Bedienkonzept der X-Pro2 tut hierbei sein Übriges. Dazu gehört auch die Q-Taste, mit der man im elektronischen Sucher und auf dem rückwärtigen Display direkten Zugriff auf die wichtigsten Funktionen hat. Natürlich kann man die verschiedenen Tasten individuell programmieren. Blende und Verschlusszeit stellt man, wie bei Fujifilm üblich, am Objektiv beziehungsweise über das große Einstellrad auf der Oberseite des Kameragehäuses ein. Positioniert man beides auf das rote „A“, arbeitet die Kamera im P-Modus. Wählt man am Objektiv die Blende vor und steht das Zeitenrad weiterhin auf A, befindet man sich in der Zeitautomatik. Das funktioniert in der Fotopraxis hervorragend. Bei einigen Fotosessions vor Ort konnte die X-Pro2 immer wieder beweisen, dass sie eine wirklich schnelle Kamera ist. Sie ist nicht nur sofort einsatzbereit, sondern dank des vorzüglichen Suchersystems hat man auch sein Motiv flott anvisiert und den Ausschnitt bestimmt. Wir haben uns dabei ertappt, dass wir fast alle Streetfotos mit dem optischen Sucher gemacht haben. Lediglich bei Landschafts- und Makrofotografie wählten wir meist das elektronische Pendant. Der neue Autofokus der XPro2 bewährte sich ebenfalls durch seine enorm schnelle Reaktionszeit in Verbindung mit einer exzellenten Treffsicherheit. Hierbei zeigte sich auch der Joystick als gut konstruiert und richtig platziert. Kritik gab es bei der Arbeit mit der X-Pro2 kaum, lediglich das schon erwähnte, eher schlechte Ertasten der AF-L- und Q-Tasten sorgte zuweilen für Unmut.

Die Bildqualität

Die Steigerung der Bildqualität gegenüber dem Vorgängermodell ist offensichtlich und deutlich. Sorgte die wunderbar ausgeglichene Farbwiedergabe der Fujifilm-Kameras nicht nur bei Kennern immer schon für große Anerkennung, so setzt hier die XPro2 noch eins drauf. Auflösung, Mikrokontrast und vor allem die Wiedergabe auch schwieriger Farbkompositionen im Motiv ist hervorragend. Die Fotos wirken auf besondere Art plastisch und haben eine kaum beschreibbare Tiefe. Dies bleibt auch bei hohen Empfindlichkeits-Werten bis 1.600 ISO ohne Einschränkung erhalten, ab 3200 ISO wird Farbrauschen ein, wenn auch kleines, Thema. Oberhalb von ISO 6400 nimmt dann der Kontrast schon deutlicher ab.

Feinste Details arbeitet der neue 24-Megapixel-Sensor sehr gut heraus.

Fazit

Die Fujifilm X-Pro2 ist eine ganz hervorragende und universelle Immer- Dabei-Kamera für fast alle Fotosituationen. Wir sehen ihr Haupteinsatzgebiet, wie schon erwähnt, in der People-, Street- und Reportagefotografie. Hier kommen die Vorteile des Hybridsuchers am deutlichsten zum Tragen. Dank des sehr guten LCDSuchers und nicht zuletzt wegen des nicht minder guten rückwärtigen Displays, eignet sich die X-Pro2 auch für alle anderen Fotogenres bis hin zur Sportfotografie. Die entsprechenden Objektive hat Fujifilm ja im Angebot.
Wir können der Fujifilm X-Pro2 nur eine ganz klare Empfehlung aussprechen, Systemwechsel nicht ausgeschlossen.

Fujifilm X-Pro2
Hersteller FUJIFILM Electronic Imaging Europe GmbH
VertriebBenzstraße 2, 47533 Kleve, Tel.:+49 (2821) 7115-0, www.fujifilm.de
Preis [UVP] 1.800 €

Technische Daten/Ausstattung
Gehäuse Magnesium Legierung
Spritzwasser- und Staubschutz
Objektivbajonett Objektiv fest eingebaut FUJIFILM X mount/-
Sensortyp/Prozessor 24,3 MP/6000 x 4000 Pixel
Bildformate JPEG, RAW (14 Bit)
Bildstabilisator in entsprechend ausgestatteten Objektiven (OIS)
Sensorreinigung Ultraschallfilter
Sucher Multi-Hybrid-Optischer-Sucher, 92% Bildfeld + elektronisch, 2.360.000 Punkte
Dioptrienanpassung -4,0 bis +2,0 dpt
Programm-/Zeit-/Blendenautomatik/manuell •/•/•
Belichtungsmessung Mehrfeld, Integral, Spot •/•/•
Belichtungskorrektur/ Belichtungsreihen •/•, +-5 EV
Weißabgleich Auto/manuell/Presets/Reihen•/•/•/-
ISO-Empfindlichkeit ISO 200 – 12800 (plus 100, 25.600, 51.200)
Verschlusszeiten/Blitzsynchronisatio 30-1/8000s / 1/250s, elektr. Verschluss bis 1/32.000
Aufnahmebetriebsarten S, CL, CH
Selbstauslöser • (2s/10s)
Intervalltimer
Fokussiersystem Hybrid Kontrast- und Phasen-Fokussierung
AF-Messfelder 273 (Kontrast-AF, Phasen-AF),AF-C 77 Fokuspunkte
Fokusmodi/Empfindlichkeit Manuell, single, kontinuierlicher AF
AF-Hilfslicht
Gesichtserkennung
Maximale Bildsequenz 8 Bilder/s im CH-Modus; 3 Bilder/s im CL-Modus
Max Anzahl Bilder bis Speicher voll53 JPEG-Aufnahmen
Eingebauter Blitz
Blitzmodi 2. Verschlussvorhang, Slow-Synchro
Externer Blitz steuerbar Master-Slave-Modus •
Touchscreen
Livebild/mit Autofokus •/•
Wasserwaage
Bildschirm/Auflösung/klappbar/schwenkbar 3-Zoll/1.620.000 Pixel/-/-
Schnittstellen USB2.0, HDMI, externes Mikrofon, Fernauslöser
WiFi/Bluetooth/NFC •/•/ –
Speicherkarten 2 SD-Kartenschächte (SDHC-, SDXC-, UHS-I/UHS-IIkompatibel)
Videoformat H.264-Standard (MOV)
bestmögliche Videoqualität Full HD 1920 x 1080 60p Tonaufnahme Linear PCM Stereo
Abmessungen (BxHxT) 140 x 83 x 46 mm
Gewicht 510 g (Inklusive Akku und Speicherkarte)

Weitere Informationen unter: fujifilm.eu

Diesen Test finden Sie in der Ausgabe 5/2016