MEISTERLEISTUNG
Mit diesen beiden neuen Objektiven setzt Nikon in ihren Klassen ohne Frage neue Maßstäbe.
VON HANS-GÜNTHER BEER
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In den Entwicklungslabors von Nikon wurde im vergangenen Jahr fleißig an neuen Top-Objektiven gearbeitet. Ergebnis: eine neue Version des Klassikers 70-200 f/2.8 und ein neues, mit f/1.4 sehr lichtstarkes Porträtobjektiv, das eine Brennweite von 105 Millimeter aufweist.
AF-S Nikkor 70–200mm 1:2,8E FL ED VR
Bei der neuesten Generation des klassischen 70-200mm-Zooms haben die Entwickler von Grund auf alles neu gemacht. Ziel: nochmals optimierte Mit diesen beiden neuen Objektiven setzt Nikon in ihren Klassen ohne Frage neue Maßstäbe. MEISTERLEISTUNG Bildqualität, geringeres Gewicht, effektivere Bildstabilisierung, besseres Handling sowie schnellerer, präziserer Autofokus. Der komplett neue optische Aufbau beinhaltet nun sogar eine Linse aus dem seltenen und sündhaft teuren Fluorit. Sie reduziert die Anzahl der notwendigen Linsenelemente bei gleichzeitig besserer Bildqualität, kombiniert mit sechs ED-Linsen und einer sogenannten HRI-Linse mit besonders hohem Brechungsindex. Zum geringeren Gewicht trägt auch der neue aufwändig gedichtete Magnesiumbody des Objektivs bei. Da der Zoomring nun ganz vorne sitzt, verbessert sich das Handling, wenn man das Einstellen der Schärfe dem Autofokus überlässt. Die Naheinstellgrenze liegt nun bei 110 Zentimeter, der maximale Abbildungsmaßstab hat sich fast verdoppelt und beträgt nunmehr 1:4,8 statt 1:9,1. Die Focus- Stop-Taste lässt sich unter anderem mit einer Nikon D5 oder D500 auch mit anderen Funktionen belegen.
Autofokus und Bildstabilisator
Selbst an der nicht mehr ganz taufrischen D810 zeigte der Autofokus seine Qualitäten. Schnell wie ein Wimpernschlag traf er im Test den Fokuspunkt mit großer Präzision und durchfuhr auch den gesamten Fokusbereich unter 0,3 Sekunden, ohne jegliche Pumpeffekte.
Der Bildstabilisator arbeitete nochmals effektiver als beim Vorgänger. Mit der D810 waren bei 200 mm Brennweite Belichtungszeiten von unter 1/30 Sekunde problemlos machbar. Im Sportmodus wirkte das Sucherbild insbesondere bei Mitziehern tatsächlich ruhiger. Bei Fokus- Tracking-Aufnahmen waren selbst bei aktiviertem Bildstabilisator mit einer D500 ohne Einschränkung knackscharfe zehn Bilder pro Sekunde die Norm.
Chromatische Aberration, geometrische Verzerrungen und Vignettierung
Das neue AF-S Nikkor 70–200mm 1:2,8E FL ED VR zeigt selbst bei Offenblende und bei allen Brennweiten an den kritischen glänzenden metallischen Objekten keinerlei Farbsäume. Geometrische Verzerrungen sind bei diesem Objektiv nur gering ausgeprägt, bei 70 mm zeigt es keine Verzerrungen und bei 135 und 200 mm gering kissenförmige.
Bildschärfe
In Sachen Bildschärfe setzt das AF-S Nikkor 70–200mm 1:2,8E FL ED VR neue Maßstäbe in seiner Klasse. Schon bei Offenblende erreicht das Objektiv bei allen Brennweiten in der Bildmitte eine überragende Schärfe und hier überall mindestens 9 Punkte. Leichtes Abblenden steigert dies bei 70 und 135 mm gar auf sensationelle 10 Punkte, bei 200 mm erreicht dies das Zoom bei f/8. An den Bildrändern ist die Schärfeleistung bei Offenblende und bei den Brennweiten 70 und 200 mm sehr gut, beziehungsweise gut. Abblenden steigert die Schärfe deutlich (siehe Tabelle). Bei 135 mm erreicht das Objektiv bei f/5.6 sogar 10 Punkte an den Bildrändern. Insgesamt bietet das AF-S Nikkor 70–200mm 1:2,8E FL ED VR zwar bei 200 mm im Vergleich zu den kürzeren Brennweiten eine geringfügig schwächere Schärfeleistung, übertrifft den Vorgänger aber auch hier deutlich. Bei 135 mm schlägt das Zoom sogar die meisten Festbrennweiten.
Bokeh
Das Bokeh des Zooms ist bei allen Brennweiten sehr angenehm duftig, der Übergang von Schärfe zu Unschärfe erfolgt bei Offenblende sehr weich.
- Farbfehler sind dem AF-S Nikkor 70–200mm 1:2,8E FL ED VR fremd.
- Bei Offenblende und 135 mm macht das Zoom jeder Top-Festbrennweite Konkurrenz.
AF-S Nikkor 105mm 1:1,4E ED
Die Brennweite 105 Millimeter liegt dem Hersteller anscheinend, hat Nikon doch schon mit dem 105er Makro ein exzellentes Objektiv im Programm. Doch auch mit dem neuen AF-S Nikkor 105mm 1:1,4E ED will der Hersteller die Messlatte in Sachen Schärfeleistung und Bokeh deutlich nach oben setzen. Der optische Aufbau mit 14 Linsen in neun Gruppen, darunter drei ED-Linsen mit hohem Brechungsindex, zeigt auf den ersten Blick keine neuen Sensationen, aber das Geheimnis liegt hier wohl in den Details, über die sich Nikon jedoch ausschweigt. Ansonsten wirkt das neue Porträtobjektiv bis auf die riesige Frontlinse und die beachtlichen Abmessungen äußerlich eher unauffällig, die Verarbeitung ist wie bei den Top-Nikon-Objektiven sehr gut. Einen Bildstabilisator besitzt das AF-S Nikkor 105mm 1:1,4E ED nicht, da es kompromisslos auf maximale Schärfe getrimmt wurde.
Autofokus
Der Autofokus arbeitet so, wie man es erwartet, an einer Nikon D810 sehr schnell sowie präzise, treffsicher und leise.
Chromatische Aberration, geometrische Verzerrungen und Vignettierung
Das neue AF-S Nikkor 105mm 1:1,4E ED zeigt nur bei Offenblende an glänzenden metallischen Objekten ganz geringe Farbsäume. Geometrische Verzerrungen sind dem Objektiv fremd, selbst für Reproduktionen würde es sich eignen, dafür ist allerdings die minimale Naheinstellgrenze wohl zu lang.
Bildschärfe
Hier können wir uns sehr kurz halten und feststellen: besser geht nicht. Selbst bei Offenblende f/1.4 erreicht das AF-S Nikkor 105mm 1:1,4E ED in den extremen Bildecken eine überragende Schärfe (9,5 Punkte), ansonsten bei allen Blenden eine glatte 10 (siehe Tabelle). Damit gehört das AF-S Nikkor 105mm 1:1,4E ED fraglos zu den absolut schärfsten Objektiven, die derzeit erhältlich sind und liegt gleichauf mit dem international als Referenz eingestuften Zeiss Otus 1.4/85.
Bokeh
Auch in Sachen Bokeh haben die Nikon- Ingenieure ganze Arbeit geleistet. Ungemein duftig und zart ist die Wiedergabe unscharfer Bildbereiche, da stören keinerlei harte Strukturen. Das Freistellungspotential des AF-S Nikkor 105mm 1:1,4E ED ist exzellent und somit mindestens auf dem Niveau des viel gerühmten Sony FE 85mm F1,4 GM (Test in Ausgabe 9/2016) und das bei einer besseren Schärfeleistung, für die man fast schon einen Waffenschein bräuchte.
- Unglaublich, wie scharf das AF-S Nikkor 105mm 1:1,4E ED bei Offenblende f/1.4 auch an den Bildrändern ist.
- Einzige kleine Schwäche ist ein schwacher Farbfehler bei Offenblende, der durch leichtes Abblenden komplett verschwindet.
Fazit
Mit beiden neuen Objektiven, dem AF-S Nikkor 70–200mm 1:2,8E FL ED VR und dem AF-S Nikkor 105mm 1:1,4E ED hat der japanische Hersteller ganz hervorragende Arbeit geleistet. Das 70-200er Zoom dürfte das derzeit wohl beste seiner Klasse sein. Und das 105er Porträtobjektiv gehört eindeutig in die Hall of Fame und zählt wohl zu den fünf aktuell besten Objektiven für Kameras mit Kleinbild- oder APS-C-Sensoren.

STECKBRIEF
Hersteller Nikon Corporation
Vertrieb www.nikon.de
Preis [UVP] 3.179 €
Technische Daten / Ausstattung
Objektivtyp Zoomobjektiv
Objektivbajonett Nikon F
Brennweite, Lichtst. 70-200mm f/2.8
Optischer Aufbau Linsen/Gruppen 22/18
spritzwassergeschützt JA
kleinste Blendenöffnung 22
Autofokus JA
Bildstabilisator JA
Innenfokussierung JA
Konstante Länge bei Brennweitenverstellung JA
Naheinstellgrenze 110 cm
Blendenlamellen 9
Filterdurchmesser 77 mm
Gegenlichtblende JA
Objektivtasche JA
Abmessungen (Ø xHöhe)89 mm x 203 mm
Gewicht 1.430 g
Testergebnisse (max. 10 Punkte)
geom. Verzeichnungen 10
chrom. Aberration 10
Schärfe mit Nikon D810 Mitte /Ecken
f/ 2.8 (70mm) 9/8,5
f/ 4.0 (70mm) 9,5/9
f/ 5.6 (70mm) 10/9,5
f/ 8.0 (70mm) 10/9,5
f/ 2.8 (135mm) 9,5/8,5
f/ 4.0 (135mm) 10/9
f/ 5.6 (135mm) 10/10
f/ 8.0 (135mm) 10/10
f/ 2.8 (200mm) 9/7,5
f/ 4.0 (200mm) 9/8
f/ 5.6 (200mm) 9,5/8,5
f/ 8.0 (200mm) 10/9
Bewertung

STECKBRIEF
Hersteller Nikon Corporation
Vertrieb www.nikon.de
Preis [UVP] 2.300 €
Technische Daten / Ausstattung
Objektivtyp Festbrennweite
Objektivbajonett Nikon F
Brennweite, Lichtst. 105mm, f/1.4
Optischer Aufbau Linsen/Gruppen 17/13
spritzwassergeschützt JA
kleinste Blendenöffnung 22
Autofokus JA
Bildstabilisator –
Innenfokussierung JA
Naheinstellgrenze 100 cm
Blendenlamellen 9
Filterdurchmesser 82 mm
Gegenlichtblende JA
Objektivtasche JA
Abmessungen (Ø xHöhe) 95 mm x 106 mm
Gewicht 985 g
Testergebnisse (max. 10 Punkte)
geom. Verzeichnungen 10
chrom. Aberration 9
Schärfe mit Nikon D810 Mitte /Ecken
f/ 1.4 10/9,5
f/ 2 10/10
f/ 2.8 10/10
f/ 4 10/10
f/ 5.6 10/10
f/ 8 10/10
Bewertung
Dieser Artikel stammt aus der Ausgabe 04/2017.
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