SPEED MASTER
Der kleinere Bruder der Nikon Z7 liegt bis auf die geringere Sensorauflösung bei nahezu allen Kriterien auf Augenhöhe mit dem Topmodell. In Sachen Video-Performance hat die Z6 sogar die Nase vorn.
VON HANS-GÜNTHER BEER © FOTOS HANS-GÜNTHER BEER
Fast überschwängliche Lobeshymnen konnte die Z7, das Topmodell der brandneuen Nikon-Systemkamera- Linie, weltweit einheimsen. Befürchtungen jedoch, die Nummer zwei in der Hierarchie, die Nikon Z6, könnte dadurch ein Schattendasein fristen, sind völlig unbegründet. Denn bei einem UVP von noch nicht mal 2.500 Euro für Body plus FTZ-Objektivadapter beziehungsweise 2.900 Euro mit dem Kit-Objektiv Nikkor Z 24-70 mm 1:4 S (Test Ausgabe 12/2018) geht die 24,5 MP-Kamera für etwa 1.300 Euro weniger über den Ladentisch als der 45,7 MP-Bolide Z7. Die Z6 setzt insgesamt andere Schwerpunkte als der große Bruder. Sie ließe sich mit dem Stichwort „mehr Speed“ auf den Punkt bringen. Konkret heißt das, die Nikon Z6 liefert zwar weniger Auflösung, wobei 24,5 Megapixel für die allermeisten Fotoaufgaben mehr als ausreichend sind, bietet dafür einen nach oben verschobenen ISO-Bereich – ISO 100 bis 51.200 statt ISO 64 bis 25.600 – und dank der geringeren zu verarbeitenden Datenmenge eine Serienbildrate von zwölf statt neun Bildern/s. Dafür bietet die Z7 493, die Z6 „nur“ 273 Fokusmessfelder, die jedoch so angeordnet sind, dass sie ebenfalls 90 Prozent der Sensorfläche abdecken. Neben der Tatsache, dass die Z7 auch 8K-Zeitraffervideos kann – die Z6 bietet das nicht an –, sind alle anderen Ausstattungsdetails identisch.

Das neue Nikkor Z 50 mm 1:1,8 S passt in jeder Beziehung hervorragend zur Z6. Die Kombination liegt gut ausbalanciert in der Hand.
Gehäuse und Bedienelemente
Der aufwendig gefertigte Body der Z6 wirkt ebenso solide wie der des Top- Modells und liegt sehr gut in der Hand – der kleine Finger findet auch bei mittelgroßen Händen Halt. Das ist vor allem dem gut ausgeformten, vergleichsweise tiefen Handgriff geschuldet. Der große, nach unten und oben klappbare, scharfe und kontrastreiche Touchscreen auf der Rückseite überzeugt durch seine exzellente Wiedergabequalität, was insbesondere bei Videoaufnahmen einen fehlenden externen Monitor sogar verschmerzen lässt. Die Bedienelemente rücken auch bei der Z6 im Vergleich zur D850 merkbar enger zusammen, lassen sich jedoch gut bedienen. Auf eine Tastenbeleuchtung muss man jedoch verzichten. Das beleuchtete, kontrastreiche und daher auch bei hellem Licht gut ablesbare Infodisplay mit weißer Schrift auf schwarzem Untergrund auf der rechten Schulter des Bodys informiert auch bei ausgeschalteter Kamera über den Batteriezustand – sehr praktisch. Ebenfalls von der Z7 übernommen und in der Praxis sehr hilfreich: Der satt einrastende und griffige Programmartenwahlschalter, der auch drei Positionen für individuelle Konfigurationen im Foto- oder Videomodus zur Verfügung stellt.
Der Sucher
Im Gegensatz zur aktuellen Generation der Sony α7 – hier bietet der Sucher der α7 III deutlich weniger Auflösung als der des Topmodells α7R III – kommen auch die Eigner einer Z6 in der Genuss des gleichen hochauflösenden Suchers 33 wie die der Z7. Insgesamt 3,7 Millionen Bildpunkte werden geboten. Der auch für Brillenträger gut überschaubare Sucher ist extrem scharf und kontrastreich. Er zeigt im Fotomodus selbst bei schnellen Schwenks so gut wie keine Wischeffekte. Auch dank der 0,8-fachen Vergrößerung ist es immer wieder eine Freude, mit diesem wirklich großen Sucher zu arbeiten. Allerdings treten im schnellen Serienbildbetrieb (H) zwischen den einzelnen Aufnahmen wie schon bei der Z7 kurze Blackouts auf.
- Bei der Z6 ist der geringste nominelle Empfindlichkeitswert ISO 100.
- Das Schnittstellenangebot ist identisch zur Z7, jedoch lässt sich auch die Z6 nicht via USB-C während der Aufnahme mit Energie versorgen.
Der Bildstabilisator
Der 5-Achsen-Bildstabilisator arbeitete im Test erwartungsgemäß mit den neuen Z-Objektiven, die dank des erheblich erweiterten Datenbusses besonders schnell mit der Kamera Daten austauschen können, hervorragend zusammen. Dies war auch mit allen per FTZ-Adapter angeflanschten F-Mount- Objektiven der Fall. Hier hat Nikon wohl viel Aufwand in die Übersetzungs- Algorithmen im Adapter gesteckt, was sich übrigens auch auf den Autofokusbetrieb auswirkt. Die versprochenen fünf zusätzlichen EV-Stufen schaffte der Bildstabilisator locker, und so waren beispielsweise mit dem Z 50 mm 1:1,8 S vergleichsweise lange Belichtungszeiten von 1/8 s bis 1/4 s für knackscharfe Aufnahmen drin. Hier stellt die geringere Sensorauflösung allerdings auch etwas geringere Anforderungen als bei der Z7. Auch im Videomodus agiert der Bildstabilisator sehr wirkungsvoll, besser sogar als bei der Z7.
Autofokus in der Praxis
Auf dem 24,5 Megapixelsensor der Z6 sind die 273 Fokusmessfelder fast über die gesamte Bildfläche verteilt und ermöglichen so per Joystick eine für fast jede Aufnahmesituation perfekte Positionierung. Im AF-S-Modus und bei statischen Objekten arbeitet der Autofokus sehr schnell und immer zuverlässig und erreicht hier fast das Niveau der D850. Bei sehr wenig Licht und kontrastarmen Motivdetails ändert sich das ein wenig und die Z6 kann die Leistung einer D850 nicht ganz erreichen und benötigt dann zuweilen ein bis zwei Anläufe bis der Fokus sitzt. Dies kommt aber in der Praxis relativ selten vor. Insgesamt ist der AF der Z6 im AF-S-Modus sehr gut gelungen. Obwohl wir den direkten Vergleich zur Z7 nicht hatten, können wir der Z6 auch bei kontinuierlichem Autofokus eine gute Performance bescheinigen. Das gilt auch für die Gesichtserkennung, die bei guten Lichtverhältnissen und nicht zu unruhiger Umgebung zuverlässig arbeitete. Bei sehr wenig Licht funktioniert die Gesichtserkennung zwar immer noch recht gut, aber die Trefferquote sinkt. Einen Augen-Autofokus wie die Sony α7 besitzen beide Z-Modelle nicht – noch nicht. Das für Januar 2019 angekündigte, aber zum Testzeitpunkt Anfang Februar 2019 noch nicht erschienene größere Firmwareupdate soll die beiden Z-Modelle nachträglich mit einem Eye-AF ausstatten und die AF-Performance insgesamt verbessern. Außerdem soll dieses große Update – gemeint ist hier nicht die längst erschienene Version 1.02, die kleinere Fehlerkorrekturen lieferte – künftig auch die Verwendung von CF-Express-Speicherkarten im XQDSlot erlauben. Überdies sollen nach diesem Update sowohl die Z7 als auch die Z6 RAW-Videodaten am HDMIAusgang ausgeben. Für Videofilmer ist das eine Sensation, denn mit diesem Feature stoßen beide Nikons in eine deutlich höhere Liga vor, in der sich zurzeit keine vergleichbare Kamera findet. Wir werden das und auch insbesondere den Eye-AF in einem weiteren Test gerne überprüfen.
Verschluss und Speicher
Als höchste Bildfrequenz ermöglicht die Z6 zwölf B/s bei zwölf Bit RAWoder JPEG-Aufnahmen. Im 14 RAWModus stehen maximal neun B/s zur Verfügung. Dank des extrem schnellen QXD-Slots sind die Bilddaten auch ausnehmend zügig auf die entsprechenden Karten weggespeichert, so dass in der Praxis selbst bei schnellen Bildserien in Folge kaum Pausen eingelegt werden müssen.
Die Videofunktionen
Die Z6 liefert 4K-Videos mit maximal 30 fps. Zeitrafferaufnahmen sind nur in HD mit 120 fps möglich. Am HDMI-Mini- Anschluss (Typ B) stehen derzeit die Videosignale in zehn Bit mit einer Farbunterabtastung von 4.2.2 zur Verfügung, demnächst wie gesagt auch im RAW-Format. Auf die QXD-Karte zeichnet die Z6 mit acht Bit und 4.2.0 auf. Auch auf die Videofunktionen der Z6 werden wir in einem gesonderten Test noch sehr ausführlich eingehen.
- Die Z6 hat zwar wie die Z7 nur einen einzigen, dafür aber sehr schnellen Kartenslot. Das Abspeichern auf die XQDKarten erfolgt so schnell, dass der interne Pufferspeicher nicht ausgereizt wird.
- Die Programmierung von Intervallaufnahmen ist sehr einfach und bietet dennoch viele Zusatzfunktionen.
Die Bildqualität
Wie zu erwarten bietet die Z6 eine überragend gute Bildqualität und liefert hochaufgelöste Aufnahmen mit einem exzellenten Mikrokontrast. Die Farbwiedergabe ist Nikon-typisch sehr neutral und sorgt für einen sehr plastischen visuellen Eindruck. Diese Eigenschaften bietet die Z6 im ISO-Bereich von 100 bis 1.600 ISO uneingeschränkt, erst ab ISO 3.200 tritt leichtes Farbrauschen in Erscheinung ohne störend zu wirken. Dieses ist erwartungsgemäß etwas geringer als bei der Z7. Aufnahmen mit 12.500 ISO sind erstaunlich sauber, zeigen keine Artefakte und eignen sich für professionelle Nutzungen im Zeitschriftendruck in sehr hoher Qualität.
Fazit
Die Nikon Z6 ist eine sehr gute Allroundkamera mit einem hervorragenden Preis-Leistungs-Verhältnis. Dank des famosen Bildstabilisators, des guten Autofokus‘ und nicht zuletzt des hervorragenden Suchers sowie der einfachen Bedienung macht die praktische Arbeit mit der Z6 Spaß. Außerdem liefert sie auch im Videobetrieb eine besonders gute Performance, die sehr bald noch mal deutlich zunehmen könnte.
Nikon Z6
Hersteller Nikon GmbH
Vertrieb www.nikon.de
Preis [UVP] Gehäuse + FTZ Objektivadapter 2.449 €, Kit: Z7 Gehäuse
+ 24-70mm 1:4 S 2.899 €, Kit: Z7 Gehäuse + 24-70mm 1:4 S + FTZ
Objektivadapter 3.049 €
Technische Daten/Ausstattung
Gehäuse Magnesium Legierung
Spritzwasser- und Staubschutz •
Objektivbajonett Nikon-Z-Bajonett
Sensorauflösung/Bildgröße 25,4 Megapixel/ 35,9 x 23,9 mm
Sensortyp/Prozessor CMOS 4 (6.048 x 4.024, 3:2) mit Filter/ Expeed 6
Bildformate RAW (12/14 Bit, unkompr., verlustfrei kompr.)/JPEG
Bildstabilisator • (Sensorshift)
Sensorreinigung Ultraschallfilter
Sucher elektronischer OLED-Sucher 3.690.000 Bildpunkte, 100 %, Vergr. 0,8 x
Dioptrienanpassung -4,0 bis +2,0 dpt, Pupillenabstand 21 mm
Bildschirm/Auflösung 3,2-Zoll/2.100.000 Bildpunkte, um 90° nach oben und 45° nach unten klappbar
Touchscreen •
Livebild/mit Autofokus •/•
Programm-/Zeit-/Blendenautomatik/manuell •/•/•/• (Benutzereinstellungen U1, U2, U3)
Belichtungsmessung Mehrfeld/Durchschnitt/Integral/Spot •/•/•/• (EV -4 bis EV 17)
Belichtungskorrektur/ Belichtungsreihen •/•, +-5 LW
Weißabgleich Auto/manuell/Presets/Reihen •/•/•/•
ISO-Empfindlichkeit ISO 100-51.200
Verschlusszeiten/Blitzsynchronisation 30-1/8.000s / 1/200s
Aufnahmebetriebsarten S, CL, CH, BKT, Mehrfachbelichtung
Maximale Bildsequenz 12 B/s (12 Bit), 9 B/s (14 Bit)
Maximale Anzahl Bilder bis Speicher voll RAW: 40
Selbstauslöser 2s/5s/10s/20s
Intervalltimer • (6K-Videos)
Fokussiersystem Hybrid AF
AF-Messfelder max. 273 Punkte
Fokusmodi/Empfindlichkeit AF-S, AF-C, AF-F (Videomodus), manuell/ -2 bis 19 EV
AF-Hilfslicht •
Gesichtserkennung •
eingebauter Blitz –
Blitzmodi 2. Verschlussvorhang, Rote Augen Unterdrückung, Highspeed,
Externer Blitz steuerbar Master-Slave-Modus • (Nikon Creative Lighting System mit Funk- oder optischer Signalsteuerung)
Wasserwaage •
Schnittstellen USB C (3.1 Gen. 1), HDMI-Micro (Typ C), Fernauslöser, Mikrofon, Kopfhörer
WiFi/Bluetooth/NFC •/• (4.2)/ –
Speicherkarten 1 XQD
Videoformat Mov /MP4 AVC/H.264
bestmögliche Videoqualität 4K 3.840 x 2.160/ 30p (Fullframe) HD 1.920 x 1.080/120p (Fullframe), 120 p, 10 Bit, N-Log
Timecode •
Abmessungen (B x H x-T) 134 x 101 x 68 mm
Gewicht 675 g (Inklusive Akku und Speicherkarte)
Besonderheiten
Fokus-Stacking, 10Bit N-Log
Weitere Infos hier.
Die Z6 ist wirklich eine ganz tolle Kamera. Der Autofokus ist top und man kann seine alten Nikon Objektive super mit dem Adapter verwenden. Bei Landschaftsaufnahmen hilft der Bildstabilisator enorm.