Scharfmacher

Die neue E-M10 Mark II ist nicht nur die schönste unter den OM-D-Kameras, sondern wartet auch mit einem besonderen neuen Feature auf: Focus Bracketing.

VON HANS-GÜNTHER BEER © ALLE FOTOS HANS-GÜNTHER BEER

Die OM-D Serie von Olympus ist seit ihrem Start mit der E-M5 im Jahre 2012 eine einzige Erfolgsstory. Knapp drei Jahre nach der OM-D-Premiere feiert nun mit der OM-D E-M10 Mark II schon das fünfte Modell seinen Einstand und löst das Vorgängermodell mittelfristig ab.

Ausstattung und Haptik

Wie immer bei Olympus bietet ein Nachfolger nicht nur kleine kosmetische Korrekturen, sondern brennt ein Feuerwerk an Verbesserungen und neuen Features ab. So auch bei der E-M10 Mark II. Auffällig ist das neue, schicke Gehäuse aus Magnesium, das noch mehr als andere Modelle an die legendäre, analoge OM1 erinnert. Dazu trägt der links vom Sucher positionierte Einschaltknebel der OM1 maßgeblich bei. Der Programmwähler rutschte auf die rechte Seite und bildet mit den beiden ebenfalls sehr auffällig geriffelten Einstellrädern ein hübsches Trio von silberfarbenen Türmchen, die sofort auffallen und der E-M10 Mark II einen unverwechselbaren Charakter geben. Durch die exponierte Anordnung der Drehräder, mit denen man beispielsweise Verschlusszeiten- oder Blenden sowie viele weiter Funktionen einstellen kann, lassen sie sich sehr gut bedienen, die Rastungen sind eindeutig und präzise. Die Anordnung der Funktionstasten wurde insgesamt überarbeitet und die E-M10 Mark II erhielt nun eine dritte programmierbare Funktionstaste, gut erreichbar neben dem Einschaltknebel. Ansonsten blieb in Sachen Bedienungselemente insbesondere auf der Rückseite alles beim Üblichen. So lassen sich die Tasten auf der Rückseite trotz der beengten Verhältnisse recht gut erreichen, lediglich kräftige Hände können mitunter Probleme mit der Treffsicherheit bekommen.

Dennoch liegt die Kamera gut in der Hand und als Zubehör gibt es den anschraubbaren Griff ECG- 3, der das Handling verbessern kann. Das in Silber und Schwarz lieferbare Gehäuse der E-M10 Mark II, das solo 600 Euro und mit dem Zoom ED 14- 42mm 1:3.5-5.6 Pancake im Kit 700 Euro kostet, ist im Gegensatz zu den beiden Spitzenmodellen E-M5 Mark II und E-M1 nicht abgedichtet. Es besitzt ein klapp- aber nicht dreh- und schwenkbares, berührungsempfindliches TFT-Display mit einer Auflösung von 1,037 Millionen Pixel. Der eingebaute Sucher hat nun allerdings mit 2,36 Millionen Bildpunkten die gleiche hohe Auflösung wie die beiden Spitzenmodelle und basiert im Gegensatz zu diesen auf einem moderneren OLED-Display. Dieses bietet eine noch schnellere Reaktionsgeschwindigkeit, bemerkbar bei schnellem Schwenken, sowie bessere Farbwiedergabe und stärkeren Kontrast. Damit kann dieser Sucher qualitativ mit denen der Fujifilm-Modelle X-T1 und X-T10 gleichziehen. Einzige Einschränkung gegenüber den beiden größeren OM-Ds, ist die etwas geringere Suchervergrößerung, der Augenabstand blieb in etwa gleich, der Sucher ist also Brillenträger- tauglich. Als einzige OM-D besitzt die E-M10 Mark II einen eingebauten, aufklappbaren Blitz (Leitzahl 8,2), der durch den Einschaltknebel ausgefahren wird. Eine weitere, wichtige Neuerung ist der nun deutlich verbesserte Bildstabilisator, der fünf statt drei Achsen stabilisieren kann, also auch Verwackler, hervorgerufen durch seitliche Bewegungen, in der horizontalen und vertikalen. Der Stabilisator soll vierfach längere Belichtungszeiten ermöglichen, was sich im Praxistest bestätigte, arbeitet also sehr effektiv. Er kann aber in seiner Effizienz nicht an den der E-M5 Mark II heranreichen. Der mechanische Verschluss der E-M10 Mark II bietet als kürzeste Verschlusszeit nach wie vor die 1/4000 Sekunde, der elektronische Verschluss reicht bis zur 1/16.000 Sekunde. Am unteren Ende sind im B-Betrieb Belichtungszeiten bis zu 30 Sekunden möglich und natürlich bietet auch die E-M10 Mark II in der manuellen Betriebsart M den schon von den größeren OM-D-Modellen bekannten Livetime- und Livecomp-Modus. Mit diesen Modi, die derzeit nur Olympus anbietet, lassen sich Langzeitbelichtungen anfertigen, bei denen man die Entstehung des Fotos auf dem Display beobachten und die Belichtung gegebenenfalls, wie beispielsweise bei einem Feuerwerk, frühzeitig beenden kann, wenn es genug ist.

Die E-M10 Mark II ist eindeutig die jüngste Schwester der legendären OM1.

Die Besonderheit im Modus Livecomp: Statt einer langen, kontinuierlichen Belichtung fertigt die Kamera eine Serie von Einzelaufnahmen an und verrechnet diese zu einem Bild. Dabei verhindert sie Überbelichtungen und damit ausfressende Lichter etwa von Straßenlaternen beim Feuerwerkfoto. Das funktioniert in der Praxis hervorragend und ermöglicht Fotos, die ohne Nachbearbeitung mit anderen Kameras nicht so ohne weiteres möglich sind. Ein weiteres sehr praxisgerechtes Ausstattungsmerkmal der E-M10 Mark II ist die HDR-Funktionen mit drei, fünf oder sieben Aufnahmen. Beim Modus HDR1 und dem für besonders kontrastreiche Motive gedachte Modus HDR2 montiert die Kamera auf Wunsch auch vier HDR-Fotos intern zusammen. Zur Korrektur stürzender Linien in der Kamera dient die Keystone- Funktion, die sehr einfach und narrensicher funktioniert, allerdings durch Wegschneiden von Bildpartien den Bildausschnitt verändert. Für die praktische Arbeit sicherlich weit interessanter ist die Möglichkeit, beim Blick durch den Sucher, den Fokuspunkt auf dem rückwärtigen Display mit dem Daumen positionieren zu können. Das funktioniert ausgezeichnet und erhöht die Reaktionsgeschwindigkeit am Motiv erheblich. Allerdings war im Test vom angeblich reduzierten Verschmieren des Displays dank einer speziellen Beschichtung nicht viel zu merken. Im Videomodus beherrscht die E-M10 Mark II zwar nach wie vor keinen 4K-Modus, dafür aber immerhin die Möglichkeit für Zeitrafferaufnahmen in 4K-Auflösung. Im normalen Full-HD-Modus stehen nun Videobildraten von 24, 25, 30, 50 und 60 Bilder pro Sekunde zur Verfügung. Selbstverständlich besitzt die E-M10 Mark II auch ein WiFi-Modul, unter anderem ist damit die komplette Steuerung der Kamera über ein Smartphone möglich. Das absolute Highlight der Kamera ist allerdings eine Funktion, die man im Menüpunkt Belichtungsreihen findet. Neben AE BKT, also den Belichtungsreihen, sowie solche für Weißabgleich, ISO etc. findet sich dort der Eintrag Focus BKT (Fokusreihen). Damit bietet die E-M10 Mark II ein Feature, auf das Makrofans schon lange gewartet haben. In Verbindung mit einigen neueren M.Zuiko-Objektiven (ED 12-40mm 1:2.8 PRO, ED 40-150mm 1:2.8 PRO und ED 60mm 1:2.8 Macro) erlaubt die E-M10 Mark II Aufnahmereihen von bis zu 999 Aufnahmen, bei denen die Entfernungseinstellung im Objektiv von der Kamera automatisch schrittweise verschoben wird. Die Schrittweite der Fokuseinstellung ist in Stufen von 1 bis 10 vorwählbar. Dies ist insbesondere mit dem 60mm Macro interessant, da hiermit selbst im Bereich des Abbildungsmaßstabs 1:1, wo die Tiefenschärfe ja im Zehntel Millimeterbereich liegen kann, Aufnahmen hergestellt werden können, bei den die Motive von vorne bis hinten gestochen scharf sind.

Focus Bracketing in der Praxis

Vorweg die schlechte Nachricht: Focus Bracketing ist mit dem legendären ZUIKO DIGITAL ED 50mm Macro 1:2.0, das man per Adapter MMF-3 an der Kamera ja verwenden kann, nicht möglich. Höchstwahrscheinlich ein Grund dafür, warum das 60er Makro kürzlich teilweise ausverkauft war. Doch mit diesem Objektiv eröffnen sich zusammen mit der E-M10 Mark II tatsächlich neue Bilderwelten. Im Test wurden die Bilderreihen übrigens mit der Software Helicon Focus Pro (Test Seite 76) zu einem Bild zusammen gefügt. Grundsätzliche Erkenntnis: Bei Makroaufnahmen, wie etwa die von der Chronoswiss-Uhr auf Seite 78, waren relativ viele Einzelaufnahmen nötig, die Bilderreihen lagen zwischen 180 und 220 Aufnahmen mit einer Schrittweite (Fokusunterschied) 2. Hat man diese Parameter eingestellt und manuell auf das vorderste Motivdetail, das scharf werden soll, fokussiert, genügt ein Druck auf den Auslöser und die Kamera erledigt den Rest, völlig lautlos. Auf dem rückwärtigen Display kann man derweilen nacheinander die einzelnen Aufnahmen beobachten und die Session gegebenenfalls auch abbrechen, wenn die Kamera doch schon am hinteren Motivende angekommen ist. Speichert man die Aufnahmen im RAW-Modus, sollte man SD-Karten mit mindestens 16, besser noch 32 GByte verwenden. Denn möglicherweise bleibt es nicht bei dieser einen Serie, dafür macht das Focus Bracketing mit der E-M10 Mark II einfach zu viel Spaß. Die Kamera informiert übrigens über die noch mögliche Anzahl von Serien, die auf der Speicherkarte noch Platz haben. Bei Close Up-Aufnahmen, wie etwa der des Lego-Trucks auf der gegegenüberliegenden Seite, ist der Abstand zum Motiv größer, wir benötigten hier nur zirka 60 Aufnahmen mit Fokusunterschied 1. Ansonsten bleibt es bei dem gleichen Procedere. Erstaunlich, wie schnell man das Fokus Bracketing im Griff hat und wie selbstverständlich die Kamera diesen Job erledigt.

Diese Aufnahme des Lego-Trucks erfolgte aus zirka 50 Zentimeter Entfernung und es waren 60 Aufnahmen mit Schrittweite 1 notwendig, um den Truck von vorne bis hinten bei Blende f/4.0 scharf abzubilden.

Die Bildqualität

Die Aufnahmequalität der OM-D E-M10 Mark II liegt auf dem Niveau einer E-M1, die Bildergebnisse sind quasi identisch. Bis ISO 1600 ist Rauschen fast kein Thema und selbst bei Aufnahmen mit ISO 3200 tritt Luminanzrauschen vergleichsweise dezent auf und Farbrauschen bleibt eher unauffällig. Der Autofokus der Neuen arbeitet im Vergleich zur E-M10 treffsicherer, schneller und genauer, kann allerdings mit dem des Olympus-Top- Modells E-M1 nicht ganz mithalten, insbesondere nicht bei höheren Serienbildgeschwindigkeiten.

Fazit

Mit der OM-D E-M10 Mark II hat Olympus mal wieder eine ganz besondere Kamera auf den Markt gebracht, die schon alleine wegen ihrer vielen besonderen Features ein exzellentes Preis-Qualitätsverhältnis aufweist. Der Clou ist die Funktion Focus Bracketing, mit der man in neue Bilderwelten eintauchen kann. Dazu passt perfekt das extrem scharfe M.Zuiko Digital ED 60mm 1:2.8 Macro. Beide zusammen bilden eine Traumkombination für Makrofans, aber nicht nur für die. Auch in allen anderen Belangen liefert die OM-D E-M10 Mark II eine sehr gute Performance – eine klare Kaufempfehlung.

OM-D E-M10 Mark II

Hersteller Olympus Deutschland GmbH
Vertrieb Wendenstraße 14-18 20097 Hamburg, Tel.:+49 (40) 23773-0, www.olympus.de
Preis [UVP] 599 € Gehäuse; 699 € mit Kit-Objektiv M.ZUIKO DIGITAL ED 14‑42mm 1:3.5‑5.6 EZ Pancake; 999 € mit Kit-Objektiv

Technische Daten/Ausstattung

Gehäuse Metall
Objektivbajonett/Objektiv fest eingebaut Micro Four Thirds/-
Objektiv Brennweite/Lichtstärke/Nahdistanz -/-/-
Sensortyp Micro Four Thirds, 4/3″ Live-MOS, Prozessor TruePic VII
Sensorauflösung/Bildgröße 16,1 MP
Bildformate JPEG, RAW (12 Bit)
Bildstabilisator Sensor, 5-Achsen
Sensorreinigung Ultraschallfilter
Sucher elektronisch, 2.360.000 Punkte
Dioptrienkorrektur -4.0 bis -2.0 (19,2 mm Austrittspupille)
Programm-/Zeit-/Blendenautomatik P/P/P
Motivprogramme/ Vollautomatik/manuell P/P/P, 14 Art-Filter, 25 Aufnahmeprogramme
Belichtungsmessung Mehrfeld/Integral/Spot P/P/P, Spot Spitzlichter, Spot Schatten (-2-20LW)
Belichtungskorrektur/ Belichtungsreihen ± 5 LW/2, 3, 5, 7 Bilder ±1/3 1LW
HDR-Modus P
Weißabgleich: Auto/manuell/Kelvin/Reihen P/P/P/P
Empfindlichkeit ISO 200-25600 (plus LOW)
Verschlusszeiten/Blitzsynchronisation 60-1/4000s/1/250s, Normal und lautlos Modus (1/16.000s)
Bulb-Modus maximal 30 Minuten
Selbstauslöser P (2s/12s und Benutzerdefiniert))
Intervalltimer P
Fokussiersystem Kontrast-Fokussierung
Fokuspunkte 81 Messfelder, Gruppen (9 Messfelder), einzelnes Messfeld groß und klein
Fokusmodi Manuell, single, kontinuierlicher AF, AF-Tracking
Fokus-Peaking/ Vergrößerung P/P
AF-Hilfslicht P
Gesichterkennung P
Maximale Bildsequenz 8,5 Bilder/s im H-Modus; 4 Bilder/s
eingebauter Blitz P (Leitzahl 8,2 bei ISO 200)
Externer Blitz steuerbar Master-/Slave-Modus P (4 Gruppen, 4 Kanäle)
Touchscreen P
Livebild/mit Autofokus P/P
Wasserwaage P
Bildschirm/Auflösung/klappbar/schwenkbar 3-Zoll/1.037.000 Pixel/P/P
Schnittstellen USB 2.0, HDMI
Speicherkarten SD-Karten (SDHC-, SDXC-, UHS-I-kompatibel)
WLAN P (Fernsteuerung via App, Bilderdownload)
Videoformat MOV (MPEG-4AVC/H.264), AVI (Motion JPEG)
bestmögliche Videoqualität Full HD 1920 x 1080 (16:9) 24p, 25p, 30p, 60p
Timecode P
Tonaufnahme Stereo, PCM/16 Bit, 48 kHz, Wave Format
Abmessungen (BxHxT) 119,5 x 83,1 x 46,7 mm
Gewicht 390 g (Inklusive Akku und Speicherkarte)
Bildformate JPEG, RAW (14 Bit)

Besonderheiten

Focus Stacking bis 999 Aufnahmen, Anti-Shock-Modus, Thethered Shooting, Video: 4K Zeitraffer, Zeitlupe, Movie Clip-Funktion, Filmeffekt und div. Art-Filter

Diesen Test finden Sie in der Ausgabe 11/2015.