Beste Kamera der Welt?

Mit der α7 III hat Sony zweifelsohne einen Bestseller kreiert, die Verkaufszahlen sprechen Bände. Vereint sie doch für viele Fotografen alle wichtigen Ausstattungsmerkmale und Eigenschaften – und das zu einem attraktiven Preis. Doch ist sie wirklich die derzeit beste Kamera?

Von Hans-Günther Beer © Fotos von Hans-Günther Beer

Macht man sich eine Checkliste für die ideale Wunschkamera, dann kommt heutzutage einiges an Features und Ansprüchen zusammen. Für viele Fotografen soll eine solche Kamera vor allem leicht und kompakt sein, die bestmögliche Bildqualität auch bei hohen ISO-Werten liefern und eine sehr hohe Aufnahmefrequenz sowie einen extrem schnellen und akkuraten Autofokus zur Verfügung stellen. Außerdem muss die Kamera leicht zu bedienen und Teil eines großen Kamerasystems sein. Ach ja, Videoaufnahmen in Profiqualität und in 4K soll sie auch noch können und natürlich möglichst günstig sein. Gesucht wird also die Eierlegendewollmilchsau in Gestalt einer Profikamera. Gleicht man nun diese Liste mit dem derzeitigen Angebot an Kamerabodys ab, reduziert sich die Auswahl sehr schnell. Mittelklasse-APS-C-DSLRs kommen nicht in Frage, die können nicht die hohe Bildfrequenz und/oder 4K-Video. Bei den Kriterien kompakt und leicht fallen die großen Profi DSLRs von Canon, Nikon und Pentax durch. Bleiben also noch die professionellen Systemkameras, da ist das Angebot inzwischen mit Fujifilm, Panasonic und Olympus beachtlich groß. Wenn es aber nun auch noch unbedingt Kleinbild-Vollformat sein soll, stehen derzeit nur noch die α-Modelle von Sony zur Wahl und schaltet man noch den Filter „günstig“ dazu, bleibt letztendlich nur noch die Sony α7 III übrig, derzeitiger UVP 2.299 Euro. Nun könnte man sagen, dass man sich eine solche Checkliste immer so hinbiegen kann, dass immer die a7 III dabei herauskommt. Doch objektiv betrachtet erfüllt diese Kamera rein ausstattungstechnisch tatsächlich viele Wunschkriterien sehr vieler Fotografen. Ist sie aber deshalb die beste derzeit erhältlich Kamera? Auf jeden Fall hat sie die allermeisten Ausstattungsdetails mit der auch von uns hochgelobten Sony α7 RIII (UVP 3.299 Euro, Test Ausgabe 3/2018) gemein.

Die Bedienphilosophie der derzeitigen α7-Kameras ist identisch. 13 Funktionstasten lassen sich individuell mit Funktionen belegen.

Rein äußerlich unterscheiden sich die beiden Kameras bis auf der Moduswahlrad nämlich überhaupt nicht, auch das Gewicht ist gleich. Statt eines 42 Megapixel-Sensors besitzt die Sony α7 III jedoch einen 24-Megapixel Exmor R-Bildsensor, der in einem optimierten 5-Achsen Bildstabilisierungsmodul lagert, was 4,5-fach längere Belichtungszeiten erlaubt. Der Exmor R ist ein sogenannter Backlight-Sensor, bei dem die Leiterbahnen zum Auslesen der Fotodioden auf der Rückseite sitzen. Die Dioden bekommen dadurch mehr Licht und außerdem rücken die Mikrolinsen, die das Aufnahmelicht auf die 24 Millionen Fotodioden bündeln, näher an diese heran und werden dadurch nochmals effektiver beleuchtet. Für die interne Datenverarbeitung ist der Bionz X-Prozessor verantwortlich, der gegenüber dem Vorgänger Sony α7 II verbesserte Algorithmen und mehr Rechenleistung besitzt und so besonders das Luminanz- und Farbrauschen verringert und auch eine nochmals höhere Dynamik liefert. Vor allem steigert der Prozessor aber den Datendurchsatz deutlich, sodass die α III wie auch das R-Modell eine maximale Serienbildgeschwindigkeit von zehn Bildern pro Sekunde zur Verfügung stellt. Die maximale ISO-Empfindlichkeit wuchs gegenüber α7 RIII von 32.000 ISO auf 51.600 ISO, im erweiterten Modus gar auf 204.000 ISO. Dies ist insbesondere den im Vergleich zum R-Modell deutlich größeren Pixeln auf dem 24-Megapixelsensor geschuldet. Größere Pixel nehmen mehr Licht auf und das bedeutet weniger notwendige Verstärkung der Bildsignale und damit weniger Rauschen – so die Theorie. Erster großer Unterschied – zugunsten der α7 III: Diese verfügt über die leicht modifizierte Autofokuseinheit der Alpha 9 (Test Ausgabe 9/2017), und damit beim Phasen-AF über 693 statt 399 Fokusmessfelder wie das RModell. Diese 693 decken zudem das komplette Bildfeld ab, also 100 Prozent statt 68 Prozent, was insbesondere mit dem sensationell guten Augen-AF nochmals deutliche Vorteile bringt. Die 425 Messfelder beim Kontrastautofokus sind bei beiden Modellen gleich. Ein wesentlicher Unterschied zwischen der α7 III zum teureren R-Modell finden sich jedoch beim Sucher und beim klappbaren Touchdisplay auf der Rückseite – diesmal zum Nachteil der α7 III: Beide bieten weniger Auflösung. Und so verfügt der OLED-Sucher nur über 2.359.296 statt 3.686.400 Bildpunkte, außerdem ist die Bildwiederholfrequenz mit 60fps deutlich geringer. Dies macht sich in einer sichtbar geringeren Schärfe und Detailauflösung sowie einem unruhigeren Sucherbild bemerkbar. Hier ist die α7 III eindeutig nicht mehr auf der Höhe der Zeit und einer Fujifilm X-H1 klar unterlegen. Ähnlich verhält es sich beim Touchscreen: Die Auflösung des 3-Zoll-Displays beträgt 921.600 statt 1.440.000 Bildpunkte. Das ist bei der Detailwiedergabe und der Schärfebeurteilung deutlich sichtbar, aber ebenfalls dem Preisunterschied geschuldet. Schließlich muss sich ja der große vom kleinen Bruder abgrenzen, zumal der ja das bessere AF-System besitzt. Unverständlicherweise lässt sich auf dem Touchscreen der α7 III weder das Menü mit den Fingerkuppen bedienen noch beim Bilderbetrachten im Wiedergabemodus per Fingerwisch durch die Aufnahmen blättern. Lediglich das Positionieren des oder der Autofokusfelder auf dem Display ist möglich und auch das ist nicht konsequent zu Ende gedacht. Denn erstens funktioniert dies nicht beim Blick durch den Sucher und zweitens gibt es den neuen Joystick neben dem Display.

Der elektronisch gesteuerte mechanische Verschlussmechanismus ist laut Sony für 500.000 Auslösungen ausgelegt und arbeitet sehr leise und vibrationsarm. Auch die α7 III offeriert wie das R-Modell zwei Kartenslots, wovon allerdings nur einer den schnellen UHS II-Datenbus besitzt. Der interne Pufferspeicher fasst 89 unkomprimierte RAW-Aufnahmen (α7 RIII 28) und speichert die Bilddaten so schnell auf die UHS II-SD-Karte, dass selbst bei höchster Serienbildgeschwindigkeit von 10 B/s in der Praxis quasi ohne Unterbrechungen fotografiert werden kann. Für den schnellen Datentransport zum PC oder Notebook besitzt die α7 III ebenfalls einen USB C 3.1 Gen. 1 Anschluss. Großer Vorteil des USB C Buchsen- und Steckerformats ist neben der besseren mechanischen Stabilität, dass es egal ist, wie man den Stecker steckt. Wie beim Vorgänger lässt sich die α7 III über die USB-Buchse auch während des Betriebes laden, was insbesondere bei Videoaufnahmen Sinn machen kann.

In Sachen Videoperformance unterscheidet sich die neue α7 III gegenüber der α7 RIII nicht. Im Fullframe-Modus liefert der Bildsensor 24 Megapixel Auflösung im 16:9-Format. Im sogenannten Super 35mm-Format, ein Standard für die Kinofilm-Produktion, nutzt die α7 III einen kleineren, inneren Bereich des Sensors bei einer geringeren Auflösung. Wählt man als Datenformat XAVC S 4K, schafft die α7 III 30 Bilder pro Sekunde bei einer Bitrate von 100 Mit/s im 4:2:0/8-Bit-Format.

Praxis und Bildqualität

Mit ihrer Bildqualität, speziell in „normalen“ ISO-Bereichen, setzt die α7 III nicht nur im Bereich Systemkameras in ihrer Klasse höchste Maßstäbe und übertrifft bei hohen ISO-Werten in Sachen Farbrauschen nicht nur den Vorgänger α7 II deutlich, sondern in geringerem Maße auch die α7 RIII. Aufgrund der geringeren Sensorauflösung stellt die α 7 III nicht die ultimativen Ansprüche an die Objektive, Sony Masterclass muss also nicht unbedingt sein. Sind jedoch gute Objektive in das E-Mount-Bajonett montiert, liefert die Kamera extrem scharfe Fotos mit einer Auflösung, die dem 24 Megapixelsensor entspricht, also in der Praxis mehr als genug. Darüber hinaus zeichnen sich bis ISO-Werten von 6.400 ISO die Fotos durch eine enorme Dynamik und Plastizität aus, die bei noch höheren ISO-Werten nur ganz langsam abnehmen. Alles in Allem ist also die Bildqualität der α7 III nur als überragend zu bezeichnen.

Kommen wir noch zum Handling. Die α7 III wie auch die α7 R III sind wirklich kompakte und leichte Kameragehäuse – kaum größer beziehungsweise gleich groß wie die Profi-MFT-Kameras von Panasonic und Olympus und sogar kleiner als das APS-C-Topmodell X-H1 von Fujifilm. Jedoch teilen die Sonys das Handicap aller Vollformatkameras, die lichtstarken Objektive sind groß und schwer. Und hier gerät das Sony-Konzept ein wenig in Schieflage. Trotz Verbesserungen bei der Ergonomie ist das Handling ohne Batteriegriff aber mit großvolumigen Objektiven, und hier rüstet Sony derzeit massiv auf, vorsichtig ausgedrückt suboptimal. Der Grund, warum viele Fotografen den DSLR-Boliden den Rücken kehren, ist deren hohes Gewicht, gar nicht so sehr die Größe. Ergo muss die beste Vollformat-Kamera der Welt ein besseres Handling auch für größere Hände besitzen, also ruhig größer, und gleichzeitig möglichst leicht sein. Fujifilm macht das im Augenblick mit der X-H1 klar besser.

Fazit

Die Sony α7 III ist eine verdammt gute Kamera und sicher für viele Profi- und Amateur-Fotografen genau das was sie suchen. Gemessen an Ausstattung und Leistungswerten ist der Preis attraktiv. Doch die beste Vollformat-Kamera ist die α7 III nicht. Neben dem Thema Handling sind es vor allem der OLEDSucher und das Touchdisplay sowie einige Einschränkungen in der Bedienung, die Wünsche offen lassen. Aber solange es keine α7 IV gibt oder die großen DSLR-Anbieter – Nikon wird ja in diesen Tagen eine neue Mirrorless- Kamera vorstellen – Alternativen auf den Markt bringen, ist die Sony α7 III eine ausgezeichnete Wahl und unbedingt empfehlenswert.

Sony α7 III

Hersteller Sony Corporation
Vertrieb www.sony.de
Preis [UVP] Gehäuse 2.299 €

Technische Daten/Ausstattung

Gehäuse Aluminium-Druckguss
Spritzwasser- und Staubschutz
Objektivbajonett Sony E-Mount
Sensorauflösung/Bildgröße 24,2 Megapixel/ 24-36 mm, Kleinbildformat
Sensortyp/Prozessor EXMOR R CMOS 6.000 x 4.000 Pixel/ Bionz X
Bildformate RAW (14 Bit, kompr., unkompr.)/JPEG
Bildstabilisator • (Sensorshift)
Sensorreinigung Ultraschallfilter
Sucher elektronischer OLED-Sucher 2.359.296 Bildpunkte, 100 %, Vergr. 0,78 x
Dioptrienanpassung 4,0 bis +3,0 dpt, Pupillenabstand 23 mm
Bildschirm/Auflösung/klappbar/schwenkbar 3-Zoll/921.600
Bildpunkte /•/-
Touchscreen • (nur Fokuspunkte positionierbar)
Livebild/mit Autofokus •/•
Programm-/Zeit-/Blendenautomatik •/•/•/•
Belichtungsmessung Mehrfeld/Integral/Spot •/•/•/• (EV -3 bis EV 20)
Belichtungskorrektur/ Belichtungsreihen •/•, +-5 LW
Weißabgleich Auto/manuell/Presets/Reihen •/•/•/•
ISO-Empfindlichkeit ISO 100-51.600 (erweiterbar bis 50-204.800)
Verschlusszeiten/Blitzsynchronisation 30-1/8.000s / 1/250s
Aufnahmebetriebsarten S, CL, CH, geräuschlose Aufnahme
Elektronischer Frontverschluss •
Maximale Bildsequenz 10 B/s
Maximale Anzahl Bilder bis Speicher voll RAW -kompr./ unkomp: 89, JPEG Extra Fine L: 163
Selbstauslöser 2s/5s/10s, Pause einstellbar
Intervalltimer •
Fokussiersystem Hybrid /Phasen-Kontrast
AF-Messfelder max. 693 Punkte (AF-Phasendetektion), 425 (AFKontrastdetektion)
Fokusmodi/Empfindlichkeit AF-S, AF-C, DMF, manuell/ -3 bis 20 EV
AF-Hilfslicht ja
Gesichtserkennung •
eingebauter Blitz –
Blitzmodi 2. Verschlussvorhang, Rote Augen, FP
Externer Blitz steuerbar Master-Slave-Modus ja (Licht/Funk)
Wasserwaage •
Schnittstellen USB C (3.1 Gen. 1), HDMI-Micro, Fernauslöser, Mikrofon, Kopfhörer
WiFi/Bluetooth/NFC •/• (4.1)/ •
Speicherkarten 2 x (Steckplatz 1: SD UHS II, Steckplatz 2: DS/ Memory Stick Duo, UHS I)
Videoformat Super 35-Format, XAV S, AVCHD 2.0, MP4 AVC/H.264, bestmögliche Videoqualität 4K 3.840 x 2.160 30/25p (100 Mbit/s), HD 1.920 x 1.080/120p (100 Mbit/s) YCbCr 4.4.4 8 Bit
Timecode •
Abmessungen (B x H x-T) 127 x 96 x 74 mm
Gewicht 660 g (inklusive Akku und Speicherkarte)

Besonderheiten

Multi Interface-Zubehörschuh, interne Akkuladung über USB C, Tethered-Shooting mit gleichzeitiger Speicherung auf PC und SD-Karte, Video-Bildprofil Hybrid Log Gamma verfügbar

Diesen Test finden Sie in der Ausgabe 09/2018.