Trotz so mancher Hürden haben Michael Dorscheid und seine Porträtgruppe 1 des Fotoclubs Tele Freisen es 2020 geschafft, einige spannende Mode-Shootings umzusetzen.
von Alena Schmidt © Fotos Michael Dorscheid
Zu Beginn des Jahres 2020 traf der Fotograf Michael Dorscheid sich mit Jona Hoffmann, der Inhaberin des Modeateliers Silbernadel im saarländischen Ottweiler. Diese Modedesignerin hatte er schon länger auf Facebook und Instagram verfolgt, denn ihn beeindruckten ihre ausgefallenen modischen Kreationen. Die Silbernadel bietet eine exklusive Auswahl an Designer-Kleidern, die alle von der Inhaberin selbst gefertigt werden. Trotz Corona hatte sie in diesem Jahr ihren ersten Auftritt mit einer eigenen Kollektion auf der Fashionweek in Berlin. Bei einem längeren Gespräch Anfang 2020 in Michaels Heimatstadt St. Wendel entwickelten die beiden Pläne und Shootingideen für das Jahr. Die Shootings sollten teilweise von Michael Dorscheid alleine und teilweise zusammen mit der von ihm geleiteten Porträtguppe 1 des Fotoclubs Tele Freisen durchgeführt werden. Der erste geplante Termin war ein City-Shooting in der Kreisstadt St. Wendel. Die kurzfristig angekündigten Kontaktbeschränkungen zum 23. März setzten Michael und seine Fotogruppe unter Zeitdruck, und so trafen sie sich noch am 18. März bei gutem Wetter zum geplanten Shooting in der Stadt.

Michael Dorscheid erzählt: „Dieses Foto ist fünf Tage vor dem ersten Lockdown im Frühjahr 2020 in St. Wendel entstanden. Aufgrund der Bestimmungen war dies für längere Zeit mein letztes Shooting. Ich fotografierte zusammen mit den Models Julie Jung, die auf dem Foto zu sehen ist, und Nicole Kutscher in einer fast menschenleeren Stadt. Auf dem Schlossplatz und in der Altstadt waren bereits die Osterkrone und die Buden für den Ostermarkt aufgebaut, der jedoch wie so vieles in diesem Jahr nicht stattfinden sollte. Es war schon eine gespenstische Szenerie. An Plätzen, die sonst bei schönem Wetter von vielen Menschen besucht werden, konnten wir unbeachtet und in aller Ruhe fotografieren. Eine ungewohnte Erfahrung. Um Julie gegen den helleren Himmel korrekt zu belichten, verwendete ich einen Rollei-Akkublitz zum Aufhellen des Models. Bei korrekter Belichtung des Models hätte ich ansonsten ein partielles Ausbrennen des Himmels riskiert.
Nikon D850, 42 mm, f/4, 1/160 s, ISO 160. Blitz: Rollei Freeze 6.
Das zweite Foto entstand bei einem weiteren Shooting mit dem Modeatelier Silbernadel am Hofgut Imsbach und zwar gegen Ende des Shootings um 20.45 Uhr. Die Eigentümer des Hofguts hatten Michael Dorscheid und sein Team schon gebeten, den Innenhof zu verlassen. Er wollte jedoch noch schnell ein paar Detailaufnahmen machen und schoss zwei bis drei Fotos, bevor sie ihre Sachen zusammenpackten. Die Sonne war längst untergegangen, sodass er die ISO für die vorangegangenen Aufnahmen mit Bewegung bereits erhöht hatte. Das war auch der Grund für die relativ kurze Verschlusszeit. Die Aufnahme entstand lediglich mit available light. Die Designerin Jona hatte zu diesem Shooting extra einen Mundschutz aus Perlen, weißen Blumen und Tüll angefertigt, der auch später daran erinnern sollte, welche Bedingungen während der Corona-Pandemie herrschten. Die Blumen korrespondierten perfekt mit dem Muster des Kleides. Dieser Mundschutz entsprach zwar nicht den geltenden Hygienevorschriften, stellte optisch aber auf jeden Fall einen Blickfang dar.
Nikon D850, 70 mm, f/2.8, 1/400 s, ISO 250.


Für den Monat Juni war ein größeres Mode-Shooting in einem spektakulären Steinbruch angesetzt. Im Vorfeld hatte Michael Dorscheid bei den Eigentümern des Steinbruchs eine Genehmigung eingeholt. Da sich mit ihm insgesamt sechs Fotografinnen und Fotografen der Porträtgruppe angemeldet hatten, waren für dieses Shooting neben dem Modeatelier Silbernadel die Visagistin Yvonne Gupta und fünf Models engagiert. Leider spielte trotz anderer Vorhersagen das Wetter an diesem Tag nicht mit. Grauer Himmel und Nieselregen machten das Fotografieren im Hinblick auf die ausgefallenen Kleider und die Kamera- und Blitztechnik im Steinbruch unmöglich. Aber kurzfristig absagen, nachdem so viel Planung in dem Ganzen steckte, wollte Michael auch nicht. So schlug er vor, das Shooting in ein Parkhaus zu verlegen, das sonntags nicht stark frequentiert ist und das ein interessantes Untergeschoss voller Graffiti bietet. Alle Teilnehmer stimmten der Planänderung zu, und so konnte ein vierstündiges Mode-Shooting in einer außergewöhnlichen Location stattfinden. Die triste Atmosphäre des Parkhauses und die Graffiti des Untergeschosses boten einen reizvollen Kontrast zu den außergewöhnlichen Modekreationen des Ateliers Silbernadel.
Bei diesem Foto wählte Michael bewusst eine niedrige ISO-Zahl, um den bunten Hintergrund dunkel erscheinen zu lassen. Die mit Graffiti verzierten Wände sollten nicht zu sehr vom Model Tatjana und dem außergewöhnlichen Kleid ablenken. Die entzückende Komposition aus Tüll und einer handbestickten Pailletten-Korsage besteht zudem aus aufwendig gearbeiteter Spitze und Perlenstickerei. Zur Ausleuchtung von Kleid und Model nutzte Michael Dorscheid zwei Akkublitze, die links und rechts vom Model positioniert wurden.
Nikon D850, 42 mm, f/5, 1/100 s, ISO 100. Blitze: Rollei Freeze 4 und Freeze 6.
Lena ist eigentlich eine Fotografin aus Michael Dorscheids Porträtgruppe. Da ihr Lebensgefährte Eduard auch Mitglied der Gruppe ist, hat sie schon des Öfteren für ihn gemodelt. Als Michael am Tag des Shootings im Steinbruch in aller Frühe die Absage eines der fünf engagierten Models aus der Notaufnahme des Krankenhauses erhielt, machte er sich auf die Suche nach einem Model, das kurzfristig einspringen könnte. Doch wie er es schon befürchtet hatte: So kurzfristig ließ sich kein Ersatz finden. Daraufhin wechselte Lena für diesen Tag von ihrer angestammten Position hinter der Kamera vor die Kamera. Sie freute sich auf die außergewöhnlichen Outfits des Modeateliers Silbernadel und genoss den Tag in vollen Zügen. Und sie hat ihre Sache wirklich gut gemacht … Dieses Foto entstand ganz am Ende des mehrstündigen Shootings. Die Sonne stand schon sehr tief und zauberte ein weiches Licht auf die Berge voller Sand. Und da es das letzte Set an diesem Tag war, durfte Lena sich mit der schwarzen Hose und der raffinierten Corsage mit Pailletten auch in den Sand legen. Das Ergebnis ist dieses Foto mit dem interessanten Schattenwurf. Da Michael ein Fan von Schwarz-Weiß-Fotos ist und sich dieses Outfit und der Hintergrund für eine Konvertierung geradezu anboten, nutzte er diese Chance. „Und ich muss sagen“, erklärt er: „In Schwarz-Weiß gefällt mir dieses Foto noch besser als in Farbe.“
Nikon Z 6, 65 mm, f/6.3, 1/400 s, ISO 100.


Mit diesem Foto wollte Michael Dorscheid den ausgefallenen Schmuck, den Designerin Jona Hoffmann passend zu den Outfits ausgesucht hatte, ins rechte Licht rücken. Zusätzlich zu der ausgefallenen Halskette sollte das glitzernde Collier als eine Art Augenbinde um den Kopf gelegt werden. Leider ließ sich das gute Stück nur schlecht positionieren und verrutschte immer wieder, sodass Nikki die beiden Enden des Colliers hinter dem Kopf zusammenhalten musste. Aber als gutes Model macht man auch aus einer Improvisation das Beste und so entstand ein ausgefallenes Foto.
Nikon D850, 48 mm, f/7.1, 1/320 s, ISO 100.
Michael Dorscheid
Instagram: michaeldorscheid
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