Funksystem für Content-Produzenten
Røde bringt mit dem Wireless ME eine weitere Funkstrecke in den Handel, die jedoch mit einem etwas anderen Konzept als ihre Geschwister aufwartet und mit je einem Mikrofon im Sender und Empfänger daherkommt. Wir haben uns das kompakte Wireless-System genauer angesehen.
von Stefan Hofmann
© Fotos Røde

Røde versorgt seit Jahren Kreative vieler Sparten mit bezahlbaren, durchdachten und innovativen Produkten und bewegt sich dabei immer am Puls der Zeit. Der durch Studiomikrofone bekannt gewordene Hersteller hat das eigene Produktportfolio stetig erweitert. So finden Interessierte mittlerweile auch Audio-Interfaces, Kopfhörer, Podcasting-Mixer, weitere Produkte für Streamer und allerlei Software in den Online-Shops dieser Welt. Mit dem Røde Wireless ME brachte mir der Postbote das neueste digitale Drahtlos-Mikrofonsystem des Herstellers vorbei. Da ich seit einiger Zeit stolzer Besitzer des Røde Wireless GO II Single bin und dieses Produkt häufig für meine Videoprojekte nutze, war ich sehr gespannt, was das Wireless ME zu bieten hat. Doch fangen wir von vorne an.
Erster Eindruck & Lieferumfang
Das Wireless ME wird in einer kompakten Kartonverpackung ausgeliefert. Der Lieferumfang setzt sich neben dem Wireless-System (Sender und Empfänger) aus zwei Fellwindschutzen für Außenaufnahmen und allerlei Kabeln zusammen. So findet sich ein USB-C auf USB-C-Kabel zum Laden der beiden Einheiten. Dieses können Sie auch nutzen, um den Empfänger mit Ihrem Rechner oder kompatiblen Tablets und Smartphones zu verbinden. Außerdem befindet sich ein USB-C zu Lightning-Kabel für die Nutzung mit iPhones und ein TRRS zu TRS-Kabel – für die Nutzung mit beispielsweise Smartphones (analog) – im Lieferumfang. Ein TRS zu TRS-Kabel für die Verwendung an beispielsweise Kameras und eine kleine, aber feine Transporttasche fischte ich ebenfalls aus dem Paket.
Funktionsweise und Verarbeitungsqualität
Das Røde Wireless ME ist ein kompaktes, digitales Drahtlos-Mikrofon-
system, bei dem Sender und Empfänger mit je einem Miniatur-Kondensatormikrofon samt Kugelcharakteristik ausgestattet sind. Diese decken einen Frequenzbereich von 50 Hz bis 20 kHz ab. Optisch zeigen sich Sender und Empfänger im gewohnten quadratischen Look. Zudem kommen beide Gerätschaften äußerst kompakt daher und fallen mit gerade einmal 32 Gramm kaum ins Gewicht.
Das Funksystem können Sie ganz einfach per Plug-and-Play mit Android- oder iOS-Geräten sowie mit Windows- oder Apple-Computern verbinden. Natürlich funktioniert das System auch an einer Kamera. So ist der Empfänger (RX), dessen Klemmclip sich auch in den Blitzschuh schieben lässt, mit einem 3,5 mm TRS-Klinke-Analogausgang (zweikanalig) ausgestattet. Über den 3,5 mm TRS-Mikrofoneingang am Sender (TX) können Sie ein externes Lavaliermikro wie beispielsweise das Røde Lavalier II anschließen. Das ist besonders in Situationen interessant, in denen das Mikrofon unauffällig am Körper des Sprechenden angebracht werden soll. Der Sender des Wireless ME ist zwar ziemlich kompakt, aber eben doch auffälliger als ein kleines Ansteckmikrofon.
Das System nutzt eine digitale 2,4-GHz-Übertragung mit 128-Bit-Verschlüsselung. Diese ist anmeldefrei und mit keinen weiteren Kosten verbunden. Eine Reichweite von 100 Metern ist im freien Feld möglich und konnte von mir im Test bestätigt werden.

Sender und Empfänger sind mit einem Mikro ausgestattet. So bekommt auch die Person hinter der Kamera eine Stimme.
Røde Connect & Røde Capture
Das Wireless ME ist mit vielen vom Hersteller bereitgestellten Software-anwendungen wie Røde Connect, Røde Central und Røde Reporter kompatibel. Ich möchte in diesem Artikel aber auf die beiden kostenlosen Softwareprodukte Røde Central und Røde Capture genauer eingehen.
Über die Central-Anwendung kann man das Wireless ME ganz einfach an einem Windows- oder Apple-Rechner oder Smartphone einstellen und Firmwareupdates durchführen. Bevor Sie mit dem Rumschrauben beginnen, achten Sie bitte darauf, immer die aktuelle Version der Software zu installieren. Haben Sie den Empfänger an Ihr Endgerät angeschlossen und den Sender gekoppelt, können Sie auch schon mit den Einstellungen loslegen. Die Benutzeroberfläche ist dabei sehr übersichtlich gestaltet. Über die Software können Sie das Mikrofon des Empfängers an- und abschalten. Ist es aktiviert, können Sie zwischen den Aufnahmemodi Merged (zusammengefasst) oder Split (Links/Rechts) wählen. Der Ausgangspegel des Analog-Ausgangs lässt sich am Empfänger in den drei Stufen „Low“, „Mid“ und „High“ einstellen. Zudem können Sie hier den GainAssist für beide Mikrofone aktivieren und die verschiedenen Modi einstellen – doch dazu mehr im Praxisteil. Auch die Intensität der LEDs lassen sich ganz einfach über Røde Central einstellen.
Mit Røde Capture bekommen Content-Kreateure indes eine einfach zu bedienende Video-App an die Hand. Doch Achtung – diese funktioniert derzeit nur mit iOS-Gerätschaften. Über die App können Sie Einstellungen für kompatible Røde Mikrofone treffen. Auch das Røde Wireless ME gehört dazu. Sind die Audioeinstellungen gemacht, können Sie über die App gleich mit der Produktion Ihrer Videos beginnen. Besonders gefallen hat mir der Dual-Kamera-Modus für die gleichzeitige Nutzung der Haupt- und Selfie-Kamera. Hier können Sie zwischen dem Bild-in-Bild oder Split-Screen-Modus wählen. Diese Funktion eignet sich besonders gut für Interview-Situationen, Unboxings oder Video-Tutorials. Beide Videos aus dem Dual-Kamera-Modus können Sie schließlich auch als Einzelfiles abspeichern. Das ist spitze. So hatte ich in der Nachbearbeitung alle Freiheiten. Natürlich lassen sich über die App auch Einstellungen wie Auflösung, Bildwiederholrate (fps) und Seitenverhältnis einstellen. Übrigens: Auch wenn Sie kein kompatibles Røde-Mikrofon an der Hand haben, können Sie die App kostenfrei herunterladen und nutzen.
Abseits dessen lässt sich das Wireless ME System auch problemlos mit dem RødeCaster Pro II oder dem RødeCaster Duo koppeln. So bleiben Sie bei Ihren Streams und Podcasts mobil und können sich auch im Raum bewegen, ohne dass die Audioqualität leidet.
RØDE Wireless ME in der Praxis
Die Bedienung des Systems ist sehr einfach und rasch verstanden. Sender und Empfänger verfügen je über einen Knopf, über den sich die Geräte ein- und ausschalten beziehungsweise koppeln lassen. Über je zwei auffällige LEDs am Gehäuse erhalten Sie Auskunft, ob die Geräte gekoppelt sind und wie der aktuelle Akkustand ist. Ich habe das System sowohl mithilfe von Røde Connect über mein MacBook Pro als auch via Røde Capture auf meinem Smartphone problemlos und sekundenschnell einrichten können. Sind die Einstellungen getroffen, bleiben diese so lange bestehen, bis Sie in den genannten Programmen wieder etwas ändern. So können Sie nach dem Einrichten dank der Plug-and-Play-Funktionalität sofort mit Ihren Aufnahmen loslegen. Die praktischen Clips an den beiden Modulen sorgen für einen festen Sitz an der Kleidung und passen auch in den Blitzschuh Ihrer Kamera.
Gibt es keine Möglichkeit, das System an der Kleidung zu befestigen, können Sie sich das separat erhältliche Røde FlexClip-Zubehörpaket genauer ansehen. Hier sind drei verschiedene Klemmen für Produkte der Røde-Wireless-Serie enthalten. So finden Sie immer einen Weg, das Set perfekt an jeglichem Kleidungsstück zu fixieren. Über den Clip können Sie den Empfänger überdies auch problemlos an Ihr Smartphone klemmen. Das hat an meinem iPhone, das ich mit Panzerglas und einer Schutzhülle ausgestattet habe, sehr gut funktioniert. Ob diese Vorkehrungen vonnöten sind, kann ich nicht beurteilen, aber sicher ist sicher.
Wenn es um das Einpegeln geht, lege ich gerne selbst Hand an und verlasse mich nur ungern auf die Technik. Zu groß ist die Angst, dass diese versagt und ich aufgrund schlechter Audioqualität meine aufgenommenen Clips in die Tonne treten kann. Rødes GainAssist-Technologie ist solch ein technisches Helferlein, das mir jedoch nach ein paar Tests die Angst nahm. Hier kommen intelligente Algorithmen im Audioprozessor des Wireless ME zum Einsatz, die die Verstärkung des Mikrofons automatisch anpassen, um sicherzustellen, dass die Aufnahme einen gleichbleibenden Audiopegel hat. Zudem wird auch die Gefahr von Übersteuerungen reduziert. Das funktioniert erstaunlich gut und meine anfängliche Skepsis löste sich in Wohlgefallen auf.

Natürlich können Sie das System auch mit Ihrer Kamera verwenden. Das passende Kabel ist im Lieferumfang enthalten.
Neben dem obligatorischen „Off“-Modus gibt es zwei weitere Modi, die man wählen kann: „Auto“ liefert einen gleichmäßigeren, konstanteren Klang. Besonders in Aufnahmesituationen mit starken Pegelschwankungen, wie beispielsweise bei einem Interview, fahren Sie mit dieser Einstellung sehr gut. „Dynamisch“ gleicht das Audiomaterial aus, wobei ein Teil der Dynamik erhalten bleibt. So soll ein natürlicher Klang erreicht werden. Bevor Sie mit dem System arbeiten, sollten Sie beide Modi ausgiebig testen. So bekommen Sie ein Gefühl dafür, welcher Modus zu welchem Anwendungsbereich passt.
Wie bereits erwähnt, verfügen Sender und Empfänger über je ein eigenes Mikrofon. So können Sie problemlos Interviews mit zwei Personen realisieren oder einem Kumpel hinter der Kamera eine Stimme geben. Unter Umständen lohnt auch die Anschaffung eines zweiten Senders oder eines längeren Verbindungskabels, um bei Interviews noch mehr Bewegungsfreiraum zu erhalten. Die Klangqualität beider Mikros überzeugte mich im Test und ich konnte sowohl über Smartphone und Rechner als auch über meine Kamera sehr gute Ergebnisse erzielen, die sich perfekt für eine weitere Nachbearbeitung in der Postproduktion verwenden ließen, aber auch für sich sehr gut funktionierten.
Ich gehöre zu den Nutzern, die das System meist mit einer Kamera verwenden. Hier gibt es jedoch beim Einpegeln ein paar Dinge zu beachten. Auch wenn die GainAssist-Technologie dafür sorgt, dass der Ton am Mikrofoneingang nicht übersteuert, kann der Sound in der Kamera bei der Verbindung über den Analogausgang dennoch verzerren. Hier sollten Sie sich etwas Zeit nehmen und die Ausgangsverstärkung des Wireless ME sowie die Eingangsverstärkung Ihrer Kamera aufeinander abstimmen. Røde empfiehlt, die Eingangslautstärke der Kamera so niedrig wie möglich zu halten und dann die Ausgangsverstärkung am Empfänger über die drei Modi des Wireless ME anzupassen, um die Lautstärke bei Bedarf zu erhöhen. Wichtig ist auch, dass Sie alle Audiohelferlein Ihrer Kamera deaktivieren.
Die sieben Stunden Akkulaufzeit konnte ich im Test erreichen. So sind Sie mit dem Wireless ME auch für längere Drehtage gut gewappnet. Übrigens: Wenn Sie einen weiteren Sender benötigen, können Sie diesen zusätzlich mit dem Empfänger des Wireless ME koppeln. Das kann übrigens auch ein Sender des Røde Wireless GO II sein. So können Sie schließlich bis zu drei Signale gleichzeitig aufnehmen.
Fazit
Das Røde Wireless ME ist ein extrem einfach zu handhabendes Wireless-System für Content-Kreateure, die ihre Videos durch eine tolle Audioqualität auf das nächste Level hieven möchten. Sprache wird natürlich und verständlich übertragen, während die sehr gut funktionierende GainAssist-Technologie für den richtigen Audiopegel sorgt. Das System dürfte insbesondere für Einsteiger interessant sein, da es sich intuitiv bedienen lässt. Aber auch Profis werden mit dem Wireless ME glücklich. Die Möglichkeit, gleich zwei Sender zu verbinden, auf je ein Mikrofon im Sender und Empfänger zugreifen zu können sowie das große enthaltene Zubehörpaket machen das RØDE Wireless ME zu einem tollen Begleiter für kreative Content-Produzenten.

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