Profi im Miniformat
Mit der GR III offeriert Ricoh eine bestens ausgestattete Kompaktkamera, die professionelle Ansprüche erfüllt. Die Bildergebnisse sind exquisit und auch sonst hat sie es faustdick hinterm Magnesiumgehäuse.
Von Hans-Günther Beer
© Fotos Hans-Günther Beer
Fotografische Lebensweisheiten wie „Die beste Kamera ist die, die man immer dabei hat“ fallen einem unwillkürlich ein, wenn man sich intensiver mit der neusten Version der GR-Serie des japanischen Optikkonzerns Ricoh, der GR III (UVP 899 Euro) auseinandergesetzt hat. Die besagte Weisheit trifft grundsätzlich zwar auch auf jedes moderne Smartphone zu, doch zwischen diesen und einer Ricoh GR III liegen Welten. Denn in dem unscheinbaren und kompakten Gehäuse, kaum größer als – der Vergleich sei erlaubt – eine Zigarettenschachtel, steckt jede Menge modernste Fototechnik. Der fast schon übertrieben unscheinbare, in elegantem oder je nach Ansicht in tristem Schwarz gehaltene Magnesiumbody kommt ohne auffällige Designelemente aus, sondern ist auf Funktionalität getrimmt – Understatement pur. Das Gehäuse wirkt zugleich sehr solide und liegt auch mit einem halben Pfund Lebendgewicht vergleichsweise schwer in der Hand. Im Innern steckt ein ausgewachsener APS-C-Sensor ohne Anti-Aliasing-Filter mit einer Auflösung von 24 Megapixel. Einen solchen hat beispielsweise auch die ebenfalls zur Kompaktklasse zählende Fujifilm X100F. Die fällt aber deutlich größer aus, unter anderem weil sie auch einen Sucher hat. Den besitzt die Ricoh GR III zwar nicht, dafür aber einen dreiachsigen Sensorshift-Bildstabilisator, der sonst in keiner vergleichbaren Kompaktkamera zu finden ist, in der praktischen Fotografie einen großen Nutzen bringt und die kleine Ricoh in eine eigene Liga hebt.
- Die Schnittstelle zum User ist bei der Ricoh GR III durchdacht konzipiert. Die Bedienung ist einfach und auch in der Hektik treffsicher.
- Der Betriebsartenschalter bietet drei Speicherpositionen (U1 bis U3) zum Abspeichern individueller Konfigurationen.
Das aufwendig konstruierte sechslinsige und mit f/2.8 auch lichtstarke 18,3-mm-Weitwinkelobjektiv (Kleinbildäquivalent 28 mm) ist komplett neu entwickelt und auf den Sensor optimiert, ebenso der neue Bildprozessor GR Engine 6. Der ist auch für den ebenfalls neu entwickelten Hybrid-AF verantwortlich. Das nicht klappbare und in der Helligkeit blitzschnell anpassbare Touch-Display ist scharf und kontrastreich, zwingt aber zur typischen Handyhaltung beim Fotografieren. Wer das nicht mag, kann aus dem Zubehörprogramm zur GR III beispielsweise den optischen Aufstecksucher GV-2 wählen und in den Blitzschuh schieben. Der GV-2 ist auf das eingebaute Objektiv abgestimmt und hat 85 Prozent Bildabdeckung. Der deutlich größere Aufstecksucher GV-1 spielt eine Sonderrolle, ist er doch optisch zusätzlich auch auf die Weitwinkelvorsatzlinse GW-4 abgestimmt. Die wird nach Entfernen des Schutzrings um das ausfahrbare Objektiv per Adapter montiert, reduziert die Brennweite um den Faktor 0,75 auf 21 mm Kleinbildäquivalent und macht die GR III extrem kopflastig. Es ist zwar schön, dass Ricoh die GR-Tradition beim Modell III fortführt und dieses optische Zubehör anbietet, aber Hand aufs Herz: Damit bestückt verliert die kleine Profikamera ihren Charme der Kompaktheit, was sie ja so besonders macht. Der Begriff Profi bei einer solchen Kamera mag zunächst befremdlich klingen, aber professionelle Ergebnisse lassen sich mit ihr allemal erzielen. Das beginnt schon beim Handling und der Ergonomie. Dank des angedeuteten und mit einer griffigen Textur versehenen Griffes lässt sich die GR III überraschend gut halten. Die wenigen, aber clever angeordneten Bedienungselemente lassen sich leicht erreichen und bedienen. Das Moduswahlrad bietet übrigens drei Positionen für Usersettings und die Drehwippe oben rechts neben dem Display besitzt zusätzlich eine Tastenfunktion. Ohne jetzt allzu sehr ins Detail gehen zu wollen, bietet dieses Bedienelement ohne ins Menü einsteigen zu müssen direkten Zugang zu allen wichtigen Zusatzfunktionen wie Autofokuseinstellungen, Belichtungsmessungen, Videoframerates und besagter Helligkeitsanpassung des Displays. Vergleichbar mit ausgewachsenen DSLR- oder Systemkameras, ist der Menüumfang der GR III sehr umfangreich. Entsprechend individuell lässt sich die Kamera konfigurieren und an die fotografischen Aufgaben anpassen.

Kleines Gehäuse, kleiner Akku: Mit nur 4,9 Wattstunden Energievorrat reicht der Akku für einen intensiven Fototag kaum. Ein Zweit-Akku ist Pflicht.
Ein interessantes Feature ist die konfigurierbare Fixfokus-Einstellung, die die GR III in den Schnappschuss- Modus versetzt, perfekt für die unbeschwerte Street-Fotografie. Für anspruchsvolle Aufgaben ist auch der Autofokus umfangreich konfigurierbar und arbeitet erfreulich schnell und zuverlässig. Lediglich wenn es richtig dunkel wird, agiert er mit deutlichem Fokuspumpen und eher nach der Try and Error Methode. Hier hilft dann wieder die Fixfokus-Einstellung. Der Fokuspunkt lässt sich dank Touchscreen frei positionieren und auf Wunsch die Kamera auch gleichzeitig auslösen. Der Auslöseknopf ist gut erreichbar positioniert, leichtgängig, besitzt einen guten Druckpunkt, der ein Verreißen der Kamera vermeiden hilft und aktiviert auch den Serienbildmodus mit bis zu 4,2 Bildern pro Sekunde. Ansonsten verfügt die GR III über nahezu alle Features, wie sie die „großen“ Kameras besitzen. Dazu gehören die üblichen Aufnahmebetriebsarten inklusive Bracketing-Funktion, Intervalltimer, verschiedene Autofokusmodi inklusive Trackingfunktion sowie Gesichtserkennung, eingebaute Wasserwaage sowie Bluetooth und WiFi- Funktion. Mit denen lässt sich die GR III mit jedem Smartphone koppeln und in die Social-Media-Welten einbinden. Erwähnenswert sei der Zentralverschluss (30 bis 1/4000 Sekunde), der beim Blitzen auch Synchronzeiten bis zur 1/4000 Sekunde ermöglicht. Video kann die GR III selbstverständlich auch, und zwar mit Bildstabilisator und bis zu 60 fps im HD-Format. Damit sind sehr ruhig wirkende Kamerafahrten möglich, die eine schöne Ästhetik bieten und dank der 60 fps auch in Slow Motion – was will man mehr. Die GR III war in den letzten Wochen „Die-immer-dabei-Kamera“, sie war ständig unterwegs und hat unzählige Fotos und Videos aufgenommen. Hier zusammengefasst die wichtigsten Eindrücke: Die Bedienung geht einem sehr schnell in Fleisch und Blut über, der Bildstabilisator macht einen sehr guten Job, aber die Akkukapazität ist trotz der 1.350 mAh doch sehr gering, vor allem bei ständig aktiviertem Bildstabilisator. Ein Zweit-Akku ist ein Muss. Das Wichtigste aber, die Bildqualität ist famos. Schöne und gleichzeitig sehr natürliche Farben bietet die GR III, eine sehr hohe Auflösung, ein knackscharfes Weitwinkelobjektiv, das auch in den Bildecken in seiner Performance nicht nachlässt und erstaunlich geringes Farb-Luminanz-Rauschen. ISOWerte bis zu 1.600 ISO können problemlos auch bei sehr hohen Ansprüchen genutzt werden.
- Die Autofokusfunktion der Ricoh GR III sind umfangreich konfigurierbar. Praktisch ist der Fixfokus-Modus.
- Auch für Videoaufnahmen ist die GR III gut ausgestattet. Das Highlight ist der eingebaute Bildstabilisator.
Fazit
Nachdem man sich in die Bedienlogik der Ricoh GR III eingearbeitet hat, was erfreulich schnell geht, und man die Kamera wie aus dem FF beherrscht, sind höchst anspruchsvolle Aufnahmen mit der edlen und schlichten Kompaktkamera möglich, Aufnahmen, die mit einer „Großen“ mitunter gar nicht möglich wären. Somit ist die Ricoh GR III ein echtes Werkzeug, das einen hervorragenden Gegenwert fürs Geld bietet. Die ideale Zweitkamera für Anspruchsvolle und Profis.
Ricoh GR III
Hersteller Ricoh Imaging
Deutschland GmbH
Vertrieb www.ricoh-imaging.de
Preis [UVP] 899 €
Technische Daten/Ausstattung
GehäuseMagnesium Legierung
Spritzwasser- und Staubschutz –
Sensorauflösung/Bildgröße 24,24 Megapixel/ 6.000 x 4.000 Pixel
Sensortyp/Prozessor CMOS Sensor APS-C, ohne Filter
Bildformate RAW (14 Bit)/JPEG
Bildstabilisator • (Sensorshift)
Sensorreinigung Ultraschallfilter
Brennweite, Lichtst. 18,3 mm (Kleinbildäquivalent 28mm), f/2.8
Linsen/Gruppen 6/4
kleinste Blende 16
Naheinstellgrenze 10 cm (Marco: 6 cm bis 12 cm)
Gegenlichtblende – (optional)
Sucher – (optional)
Bildschirm/Auflösung 3-Zoll/1.037.000 Bildpunkte, nicht klappbar
Touchscreen •
Livebild/mit Autofokus •/•
Programm-/Zeit-/Blendenautomatik/manuell •/•/•/• (Benutzereinstellungen U1, U2, U3)
Belichtungsmessung Mehrfeld, Integral, Spot, Spitzlichtbetont
Belichtungskorrektur/ Belichtungsreihen •/•, +-5 LW
Weißabgleich Auto/manuell/Presets/Reihen •/•/•/-
ISO-Empfindlichkeit ISO 100-102.400
Verschlusszeiten/Blitzsynchronisation 30-1/4.000s / 1/320s, alle Verschlusszeiten (Zentralverschluss)
Aufnahmebetriebsarten S, CL BKT, Mehrfachbelichtung
Maximale Bildsequenz 4,2 B/s
Selbstauslöser 2s/10s
Intervalltimer •
Fokussiersystem Hybrid-AF (Kontrast- und Phasenautofokus)
AF-Messfelder k.A.
Fokusmodi AF-S, AF-C, manuell, Schnappschuss
AF-Hilfslicht •
Gesichtserkennung •
eingebauter Blitz –
Blitzmodi Langzeitsynchronisation, Rote Augen Unterdrückung,
Externer Blitz steuerbar Master-Slave-Modus
Wasserwaage •
Schnittstellen USB C
WiFi/Bluetooth/NFC •/•/ –
Speicherkarten 1x SDXC UHS-I
Videoformat MP4 AVC/H.264
bestmögliche Videoqualität Full HD (1.920×1.080) 60B/s
Abmessungen (B x H x-T) 110 x 62 x 33 mm
Gewicht 260 g (inklusive Akku und Speicherkarte)
Besonderheiten
einfache Anpassung Monitorhelligkeit, Makrofunktion, Bildstabilisator
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